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Im Deutschen Theater hebt sich der Vorhang: Streams in Echtzeit

Das Deutsche Theater setzt im Dezember auf Streams. Gezeigt werden Highlights aus dem Programm und Schätze aus dem Archiv – nicht on demand, sondern nur in Realzeit der jeweiligen Aufführungsdauer. Wir stellen den DT-Streamplan vor.

Jetzt eben digital: Das Deutsche Theater zeigt "Maria Stuart" im Stream. Regie: Anne Lenk, mit Julia Windischbauer und Franziska Machens. Foto: Arno Declair
Jetzt eben digital: Das Deutsche Theater zeigt „Maria Stuart“ im Stream. Regie: Anne Lenk, mit Julia Windischbauer und Franziska Machens. Foto: Arno Declair

Die Theater sind trotz ausgeklügelter Hygienekonzepte wieder zu. Und so natürlich auch das Deutsche Theater. Kurz vorm Lockdown schaffte es dort immerhin noch „Maria Stuart“ in der Regie von Anne Lenk zur Premiere; doch nach nur drei Aufführungen fiel auch für Schillers Trauerspiel um die schottische Königin und ihre Rivalin Elisabeth der eiserne Corona-Vorhang.

Doch es gibt Hoffnung – und nicht nur für Maria. Denn das Deutsche Theater macht in der Zwangspause aus dem Spiel- einen Streamplan. Highlights aus dem aktuellen Programm und Schätze aus dem Archiv werden online gezeigt.

Okay, so was machen viele Bühnen. Aber etwas ist beim DT anders: Es setzt mit seinen Streams wie auch bei einem normalen Theaterbesuch auf Gemeinsamkeit, auf Verbindlichkeit – und unterstreicht die Kostbarkeit eines gemeinsam erlebten Abends.

Deutsches Theater zeigt jeden Stream in Echtzeit

Deshalb sind die Aufzeichnungen nicht rund um die Uhr verfügbar. Sie beginnen jeweils in der Regel pünktlich um 20 Uhr und enden mit dem Ablauf der Vorstellungsdauer, sind also nur zu den angegebenen Zeiten in Realzeit als Stream zu erleben.

Die im Netz potenziell unendliche Zuschauerzahl ist hier pro Aufführung auf 1000 begrenzt. Und auch die Wertigkeit wird selbst im Internet, der Hochburg der Umsonstkultur, betont: Ein Ticket kostet 10 Euro, ermäßigt 5 Euro. Der Stream im Deutschen Theater wird über die Onlineplattform dringeblieben.de freigeschaltet.

Der Streamplan startet am Samstag, den 5.12. mit der eingangs erwähnten, noch kaum gespielten neuen Produktion von „Maria Stuart“. Die Inszenierung wurde für ein digitales Gastspiel in Prag professionell aufgezeichnet und wird nun an drei Terminen im Dezember online gezeigt: nach dem 5.12. auch am Dienstag, den 15. und Samstag, den 26.12., immer ab 20 Uhr und in Echtzeit.

Stream mit Bildungsauftrag: Deutsches Theater zeigt Schiller für Schulen

„Maria Stuart“, Anne Lenks gelungen mit Distanz und Beschränkung spielende Inszenierung im Setzkasten-Bühnenbild von Judith Oswald, zeigt ein gut aufgelegtes Ensemble um Franziska Machens in der Titelrolle und Julia Windischbauer als Elisabeth – und schlägt unerwartet komische Funken aus dem Trauerspiel.

Und weil Schiller auch Schulstoff ist und das Deutsche Theater seinen Bildungsauftrag ernst nimmt, ist am Dienstag, den 15. Dezember. der Stream ausnahmsweise für 24 Stunden abrufbar, damit Schulklassen die Möglichkeit haben, das Stück in der Schule zu sehen. Ein Ticket für das ganze Klassenzimmer ist für nur 20 Euro buchbar.

Regisseurin Anne Lenk über ihre Inszenierung „Maria Stuart“.

Auf dem Streamplan steht auch zweimal Henrik Ibsen. Gezeigt wird „Hedda Gabler“ in der Regie von Hausregisseur Stefan Pucher mit Nina Hoss (8.12.) und zum anderen Thomas Langhoffs legendäre „Gespenster“-Inszenierung von 1983 mit Inge Keller und Ulrich Mühe (22.12.). Jette Steckels eindrucksvolle Sartre-Version „Die schmutzigen Hände“ mit Ulrich Matthes folgt am 29. Dezember.

Digitale Avantgarde: Das Junge DT zeigt „Das Gewächshaus“ von Jordan Tannahill als Livestream – Foto: Arno Declair

Tatsächlich beginnt der Streamplan aber am 5. Dezember bereits um 12 Uhr mittags. Denn das schon traditionelle vorweihnachtliche Familienstück des DT, „Der kleine König Dezember“ von Axel Hacke, ist ab dann on demand den ganzen Dezember über abrufbar. Der Zugang zum Stream ist für 5 Euro als „Familiencouchticket“ zu erhalten.

Live is live: Das Junge DT setzt aufs Livevideo

Ein besonderes Angebot im Streamplan kommt vom Jungen DT. Die für digitale Unternehmungen schon lange höchst aufgeschlossene Jugendsparte des Deutschen Theaters reizt die digitalen Möglichkeiten weiter aus. Im ersten Lockdown im Frühjahr erstellten die Jugendlichen bereits eine Webserie in 13 Folgen, die online geprobt und gedreht wurde. Jetzt zeigt es seine Produktion „Das Gewächshaus“ von Jordan Tannahill, inszeniert von Salome Dastmalchi, – nicht als Aufzeichnung, sondern als Livestream.

Am Samstag, den 12.12., um 19 Uhr stehen sieben Jugendliche auf der Bühne der Kammerspiele vor Kameras und spielen live für das Publikum zu Hause. Dieser Stream ist kostenlos verfügbar und wird im Anschluss an die Vorstellung noch für 22 Stunden online stehen.

Die Theater sind zu – der Vorhang geht im DT aber dank Streamplan trotzdem hoch. Bis der Server glüht.

  • Deutsches Theater im Stream: Den Online-Spielplan mit allen digitalen Angeboten findet ihr hier.

Mehr zum Deutschen Theater

Die Premiere zeigte das Deutsche Theater als Stream: Sebastian Hartmann inszenierte „Der Zauberberg“ von Thomas Mann. „Was ist die Zeit?“ ist seine Leitfrage. Mit Regisseur Rosa von Praunheim sprachen wir über die AfD und Hitlers Sexleben. Am DT inszenierte zuletzt Jossi Wieler das Stück „Zdeněk Adamec“ von Peter Handke. Auch im DT: René Polleschs „Melissa kriegt alles“ – Revolutionspathos, Trance und viel Stoff zum Dechiffrieren.

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