Kunst

Aktuelle Ausstellungen in Berlin: Neue Kunst-Tipps und letzte Chancen

Die wichtigsten Ausstellungen in Berlin: Die Kunstwelt ist immer in Bewegung. Was es Neues gibt, was sich weiter lohnt und wo ihr noch unbedingt hin müsst, bevor es zu spät ist, lest ihr hier. Claudia Wahjudi und Ina Hildebrandt geben Tipps für neue Kunst, die besten aktuellen Ausstellungen – und für letzte Chancen, bevor es zu spät ist.


Neue Ausstellungen

Welche Ausstellungen sind gerade neu? Hier lest ihr, was in der Kunstwelt neu eröffnet wurde und was wir kürzlich besucht haben.


Santiago Sierra: "Exercises in popular Gymnastics" in der KOW Galerie


Santiago Sierra, THE MAELSTRÖM. Serrekunda, The Gambia. May 2023, 2023. Foto: courtesy the artist and KOW, Berlin

Der Schwarze Körper ist ein Politikum, jahrhundertelang und bis in die Gegenwart hinein als ein Arbeits-, Unterhaltungs- und vor allem Fremdkörper betrachtet. Eine Ungerechtigkeit, die nach wie vor in den Himmel schreit und zuletzt in der Black-Lives-Matter-Bewegung im lauten Chor auf vielen Teilen der Welt erklang. Santiago Sierra, spanischer Konzeptkünstler und bekannt für sozialkritische Arbeiten, die gerne als "provokant" gelabelt werden, zeigt in der Galerie KOW neue Arbeiten aus dem Projekt „Maelström“. Im Erdgeschoss begegnen uns Fotografien von dunkelhäutigen Männern, die in verschiedenen Posen der Unterwerfung gezeigt werden und die an Szenen von Verhaftung und Gefangenschaft denken lassen, wie wir sie aus Geschichtsbüchern und Nachrichtensendungen kennen. Im Obergeschoss läuft ein Film, in dem die Körper übereinandergelagert, in geometrische Formen angeordnet in einer schwindelerregenden Choreografie einer nie enden wollenden Kolonial-Gewaltspirale über die riesige Leinwand wirbeln. Und in einem Nebenraum liegt eine spanische Flagge, getränkt mit dem Blut von freiwilligen Spendern aus Spanien und den ehemaligen Kolonien. Ästhetisch, provokant, vielleicht teilweise auch etwas zu sehr danach bestrebt.

  • KOW Lindenstr. 35, Kreuzberg, Di–Sa 12–18 Uhr, bis 13.4.

„In nobodys service“ in der Galerie Wedding

Krisanta Caguioa-Mönnich »Things That Smell Like Home« (2019), Ausstellungsansicht »IN NOBODY'S SERVICE« in der Galerie Wedding, 2024. Foto: Benjamaporn Rattanaraungdetch. Courtesy of Galerie Wedding.

Masseurin, Köchin, Ehefrau und Sexarbeiterin - gängige Stereotype von thailändischen Frauen in Deutschland und wohl in allen westlichen Ländern. Das Bedienen, auf das Bedienen-Reduziert-Werden und mögliche Selbstermächtigung sind die Themen der Gruppenausstellung "In nobodys service" in der Galerie Wedding. So spielen etwa eine Reihe von Frauenporträts von Kristina Caguioa-Mönnich, die allerdings Frauen von hinten gemalt hat, auf die sogenannten Katalogfrauen und Heiratsmigration an, eine Videoinstallation von Rasalia Namasai Engchuan geht dem Mythos der Thai-Massage und ihren kolonialen Auswüchsen nach. Weitere Hörstationen, Videoarbeiten, Installationen und Textarbeiten agieren an der Schnittstelle von Dokumentation, Aktivismus und Kunst. Es sind mehr die Geschichten und Themen, die fesseln, als die ästhetischen Ausdrucksformen. Alles zusammen ergibt ein organisches Ganzes, das man nicht schnell durchschreiten, sondern durcharbeiten, durchhören, ansehen und verstehen möchte. Empfehlenswert ist auch das Veranstaltungsprogramm.


Shirin Neshat: „The Fury" im Fotografiska

Seema, from The Fury series, 2023. Foto: Copyright Shirin Neshat/ Courtesy of the artist and Gladstone Gallery, New York and Brussels 

Nackte weibliche Körper, gezeichnet von Gewalt und Erschöpfung. Eine schöne junge Frau, die durch die Straßen New Yorks streift, in einem Gefängnis vor Generälen und Wärtern tanzt und anschließend als wandelnder Schmerzkörper in denselben Straßen einen Aufstand auslöst. Die Fotografien und Filmszenen in Shirin Neshats aktueller Einzelausstellung im Fotografiska haben es in sich. „The Fury“ heißt die neueste Videoarbeit der iranischen Künstlerin und verhandelt die sexuelle Ausbeutung weiblicher politischer Gefangener, gerade im Kontext der Islamischen Republik Iran. Dazu eine Serie
von Schwarz-Weiß-Fotografien mit von Hand aufgetragenen Kalligrafien von Gedichten der
iranischen Dichterin Forough Farrokhzad. Es kann einen zur Verzweiflung treiben, warum der weibliche Körper ein ewiges Schlachtfeld zu sein scheint. Kunst wird das nicht verhindern können, aber den betroffenen Frauen kann sie Würde, Worte und Bilder wiedergeben.

  • Fotografiska Oranienburger Str. 54, Mitte, Mo-Mi 14, Do/ Fr 15, Sa/So 16 €, bis 25 J. und über 65 J.: 8 €, bis 12 J. frei, Tickets hier, Mo-So 10-23 Uhr, bis 21.4., ab April: 1000 kostenlose Tickets im Monat, um Zugang zu Kultur für alle zu erleichtern, Infos zur Initiative hier

„autoportret Part III“ in der Galeria Plan B

autoportret, Part Ill, Galeria Plan B, Berlin, 2024 Photo: Trevor Good Courtesy Galeria Plan B Cluj, Berlin

„autoportret“ ist eine Ausstellungsreihe, die sich mit Künstlerinnen aus der Karpatenregion im vergangenen Jahrhundert bis heute beschäftigt. Im dritten und letzten Teil ist das Thema „falsche Räume für falsche Menschen“, im Fokus stehen die Werke Valentina Rusu Ciobanus und Ioana Batranus. Besonders die von der Rumänin Batranu gemalten, großformatigen Innenräume wirken in der Galerie Plan B an der ehemaligen „Stalinallee“ beeindruckend: Die Türen sind verschlossen, die Flure leer, und die Stimmung ist durch die neoexpressionistische Malweise mal dystopisch, mal melancholisch – oder beides? Die Werke der moldawischen Künstlerin Ciobanus beschäftigen sich weniger mit menschenleeren Räumen, dafür umso mehr mit seelenlosen Menschen. Ihre Werkserie der Robotii aus den späten 1960er Jahren ist ein Kommentar zur sowjetischen Ausrufung des „technisch-wissenschaftlichen Fortschritts“. (Autor: Ferdinand Wulff)

  • Galeria Plan B Strausberger Platz 1, Friedrichshain, Di-Sa 12-18 Uhr, bis 6.4.

Karla Black & Alexandra Metcalf bei Capitain Petzel

Installation view, Karla Black and Alexandra Metcalf,Capitain Petzel, Berlin, 2024. Courtesy the artists and Capitain Petzel. Foto: Marjorie Brunet Plaza

Wie ein mystischer Nebelschleier verhängen die pinken Kunststofftücher der schottischen Bildhauerin Karla Black den luftigen Ausstellungsraum der Galerie Capitain Petzel. Damit bilden sie die perfekte Szenerie, um in die (alb-)traumhaften Gemälde der englischen Künstlerin Alexandra Metcalf einzutauchen. Auch wenn beide Künstlerinnen nicht in klare Genres zu fassen sind, zeigt sich in dieser Doppelausstellung die Funktionsweise ihrer Kunst: Durch die konsequente Abstraktion in Blacks Werk, reduzieren wir alles - auch uns selbst - auf die bloße (eigene) Existenz, und Metcalf legt uns mit ihren rostigen Farben, schemenhaften Formen und durchschimmernden Himmelskörpern eine außerordentlich ästhetische Tarotkarte. Mit der können wir versuchen, ebendiese eigene Existenz zu entschlüsseln. (Autor: Ferdinand Wulff)

  • Capitain Petzel Karl-Marx-Allee 45, Mitte, Di-Sa 11:00 – 18:00 Uhr, bis 13.4.

Forecast Festival 2024

Aidan Jayson Peters, „DEADSTOCK“, 2024. Foto: Jack Markovitz

Das Besondere am Forecast ist, dass erfahrene und aufstrebende Künstler:innen mehrere Monate lang intensiv zusammenarbeiten. Was dabei herauskommt, könnt ihr am am 15. und 16. März im Radialsystem erfahren. Bei den multidisziplinären Projekten handelt es sich um Uraufführungen. Das Festival umfasst Performances, Vorführungen, Installationen und Lesungen der aktuellen Forecast-Teams sowie eine Spring School mit Workshops zum Thema "Pflanzen im Stadtraum“", geleitet von Alumni und Kolleg:innen der LINA Architektur Plattform „Neo-Futuristic Walks”. Mit dabei sind unter anderen der Komponist Carlos Gutiérrez, Performer, Theaterregisseur und Choreograf Yuya Tsukahara und Filmemacher und Schrift­steller Roee Rosen.

  • Radialsystem Holzmarktstr. 33, Friedrichshain, Fr 15.3. ab 19:30 Uhr, Sa 16.3. ab 17 Uhr, 10/ 8 €, Tickets

„The Breath of A House Is The Sound of  Voices within“ in der Akademie der Künste

© Alina Gorlova
Alina Gorlova: "The Tryptich", 2023, Film Still © Alina Gorlova

Wenn die „Junge Akademie“ ausstellt, darf man auf Überraschungen gespannt sein. In der Akademie der Künste geben dieses Jahr 35 Stipendiat:innen aus Europa, Asien und Nordamerika Einblick in ihre Themen und künstlerische Methoden. Während der Eröffnung am letzten Februartag interessierte sich das Publikum vor allem für Fumiko Kikuchis „Me I See In You“ (2023) über Pflegearbeitende. Der Stop-Motion-Film überzeugt nicht nur mit Insiderwissen (Kikuchi arbeitete in der Pflege), sondern auch mit so bewegten wie bewegenden Kohlzeichnungen. Ebenfalls starke Stücke sind der Film-Triptychon von Alina Gorlova aus dem Film-Team TABOR mit stillen Bildern vom ländlichen Alltag während des  Kriegs in der Ukraine (Abb.) und Mahsa Alephs poetisch-spirituelle Behausung aus Teheraner Bauschutt. Schade nur, dass der Klang vieler Arbeiten nicht gut aufeinander abgestimmt gewesen ist.

  • Akademie der Künste Hanseatenweg 10, Tiergarten, Di–Fr 14–19, Sa/ So 11–19 Uhr, www.adk.de, bis 1.4.; Veranstaltungen 16. + 17.3.

“A Home for Something Unknown“ in Haus am Lützowplatz und Neuem Berliner Kunstverein

. Foto: © n.b.k. / Jens Ziehe
Rosanna Graf, "Ordinary Women – Carrier Bags of Friction", 2023; Paola Yacoub, "Les Fleurs de Damas", 2002, Ausstellungsansicht A Home for Something Unknown, Haus am Lützowplatz (HaL), 2024. Foto: © n.b.k. / Jens Ziehe

Selbe Prozedur wie jedes Jahr? Keinesfalls. Neu bei der Ausstellung der letztjährigen Senatsstipendiat:innen ist die Aufteilung der Arbeiten von 27 Stipendiat:innen auf zwei Orte, den Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.) und das Haus am Lützowplatz. Die Kuratorinnen-Teams beider Häuser haben die höchst unterschiedlichen Arbeitsansätze der Stipendiat:innen ästhetisch sehr verträglich zusammengebracht. So zeigt Paola Yacoubs über 20 Jahre alte Fotografien aus einem inzwischen untergegangenen Damaskus: von Rosenverkäufern, die als schlechte getarnte Mitarbeiter des syrischen Geheimdienstes gelten (Abb.), Mazen Kerbaj hat gezeichnete und getuschte Leporellos aufgefaltet, wie das Berliner Publikum sie bereits von seiner Ausstellung in der ifa-Galerie kennt, und Christophe Ndabananiye hat Türen ausgebreitet, auf denen handgeschriebene Koordinaten Orte in Ruanda benennen. Die Namen der Beteiligten stehen für eine zweite Besonderheit dieser Doppelschau: So international war eine Senatsstipendiat:innen-Schau selten, und das heißt in einer Zeit, in der Künstler:innen wegen kontroverser Meinungen zum Gaza-Krieg Ausstellungsbeteiligungen absagen, sehr viel.

  • n.b.k. Chausseestr. 128/129, Mitte, Di–So 12–18, Do bis 20 Uhr, nbk.org
  • Haus am Lützowplatz  Lützowplatz 9, Tiergarten, Di–So 11–18 Uhr, hal-berlin.de, beide bis 28.4.

Letzte Chance: Diese Ausstellungen enden bald

Diese aktuellen Ausstellungen in Berlin sind nicht mehr lange zu sehen. Nutzt die Chance, sie an den letzten Tagen zu besuchen.

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„TF Editions“ in der Galerie Thomas Fischer

oto: Torben Hoeke, Courtesy Galerie Thomas Fischer
TF Editions, Installationsansicht, Dirk Braeckman, "F.T.-T.F.-13-2013", 2013, Friedemann Heckel, "Konversationen", 2020-21, Marcel Frey, "Untitled", 2024, Seiichi Furuya, "East Berlin", 1986, 2011, Foto: Torben Hoeke, Courtesy Galerie Thomas Fischer

Dieses Mal sind die Galeriewände in einem Grün gestrichen, das an klassische Bibliotheken erinnert. Das lässt die ausgestellten Editionen noch jünger wirken als ohnehin. Seiichi Furuyas schnappschussähnliche kleine Farbaufnahme von 1986 aus seinem Ost-Berliner Wohnzimmer sieht in ihrer Beiläufigkeit ungemein heutig aus (ganz rechts). Dagegen wirkt Noi Fuhrers diesjährige Kohlezeichnung von einer Hand, die ein Fernglas hält, geradezu zeitlos. Mit 16 Arbeiten aus dem Programm lässt Thomas Fischer die Geschichte seiner jungen Galerie Revue passieren, vom Beginn an der Potsdamer Straße bis heute. Aus der Reihe der vielen grafischen Arbeiten tanzt Sebastian Stumpf mit einer raumbezogenen Performance aus der Reihe seiner „Fences“: Hier hat er sich fotografiert, als er vor einem US-amerikanischen Schnellrestaurant auf einem Zaun steht - wie auch immer er es angestellt hat, dabei die Balance zu halten.


Agnes Scherer, Rosemary Mayer, Theresa Weber und Ruth Wolf-Rehfeldt in der Galerie Chert Lüdde

Foto: Marjorie Brunet Plaza, Courtesy of ChertLüdde, Berlin and Agnes Scherer, Salzburg
Agnes Scherer, "Savoir Vivre", 2023; Installation views of "Savoir Vivre", ChertLüdde, Berlin, 2024; Foto: Marjorie Brunet Plaza, Courtesy of ChertLüdde, Berlin and Agnes Scherer, Salzburg

Vier Künstlerinnen präsentieren bei Chert Lüdde echte Hingucker. Große Puppen und Pferden aus Papiermaché, die aussehen, als sollten sie bei einem Mittelalterspektakel Verwendung finden, hat Agnes Scherer aufgestellt. Sie problematisiert die Kultur des „Hofmachens”, die bei Rittern und Minne ihren Ursprung hat. Von der Freude der New Yorkerin Rosemary Mayer (1943-2014) an farbenfrohen Blumen zeugen Aquarelle und Zeichnungen, in denen Rot und Orange dominieren. Thseresa Weber aus Düsseldorf verwebt und verknüpft afrikanische und europäische Mythen zu Wandbildern und hängenden Skulpturen. Doch über der schönen Ausstellung liegt Trauer. Ruth Wolf-Rehfeldt hat den Bereich über der Eingangstür mit ihrer konkreten Buchstabenkunst gestaltet hat. Die 1932 in Wurzen geborene Künstlerin, die mit dem Hannah-Höch-Preis 2022 des Landes Berlin geehrt wurde, ist Ende Februar im Alter von 92 Jahren gestorben.

  • Galerie ChertLüdde Hauptstr. 18, Schöneberg, Di–Sa 12–18 Uhr, chertluedde.com, bis 28.3.

Aktuelle Ausstellungen: Diese Schauen laufen gerade

Hier kommt der große Überblick über alles, was wir derzeit in der Berliner Kunstwelt empfehlen: die Ausstellungen, die noch eine Weile laufen und sich lohnen.


Pawel Althamer: "Das Himmel" in der Galerie Neugerriemschneider

Photo: Jens Ziehe, Berlin
Pawel Althamer, "Das Himmel", March 2 - April 6, 2024, neugerriemschneider, Berlin © neugerriemschneider, Berlin. Courtesy the artist and neugerriemschneider. Photo: Jens Ziehe, Berlin

Richtig umweltfreundlich geht sicher anders. Aber erstens wird Pawel Althamers blau bemalter Pool im Hof der Galerie immerhin nur mit Holz beheizt. Und zweitens ist das hübsche Badebecken, in dem am Eröffnungsabend Freunde und Familie des polnischen Künstlers planschten, das i-Tüpfelchen auf der Ausstellung „Das Himmel“. Mit Ironie, Verve und kunsthistorischen Spielereien feiert Althamer in der Galerie Neugerriemschneider den Rückzug ins Private. Drinnen im Saal konkurrieren falscher Kamin, Lampen, ein Vorhang mit Blaudruck, Sessel, Plastiken, Zeichnungen und Rosenblütenblätter um die Aufmerksamkeit der Betrachtenden. Und Althamer, der einst Schutthaufen inszenierte, in seinem Werk Katholizismus, Zweiten Weltkrieg und Holocaust thematisiert hat. beherrscht die Kunst, Zweifel zu wecken: daran, ob es mit dem dionysischen Rückzug ins Behagliche seine Richtigkeit hat. Vielleicht spielt uns hier Altersmilde des Künstlers einen Streich. Oder das Leben kann, anders als die allgemeine Stimmung suggeriert, tatsächlich schön sein.

  • Galerie Neugerriemschneider Linienstr. 155, Mitte, Di–Sa 11–18 Uhr, bis 6.4.

„12 Variationen zur Auferstehung: Kunstwerke aus dem Museum Nikolaikirche“ in der Parochialkirche

Foto: Albrecht Henkys
„Kunstraum Parochial“ in der Berliner Parochialkirche © Stadtmuseum Berlin | Foto: Albrecht Henkys

Am Eingang von der wiederaufgebauten Nikolaikirche des Stadtmuseums versteckt sich eine teilrestaurierte Grabkapelle aus dem Barock. Sie dient heute als „Kunstraum Kraut“, benannt nach dem Bankier und Minister Johann Andreas von Kraut, für den sie erbaut wurde. Das kriegszerstörte Wandbild von Christi Auferstehung fehlt jedoch. Zuletzt haben es Künstler:innen mit zeitgenössischen Interpretationen der Auferstehungsgeschichte ersetzt. Alle zwölf Bilder dieser Reihe hängen jetzt in der Parochialkirche wenige Straßen weiter. In dem großen Bau, in dem nach wie vor Gottesdienste stattfinden, zeigen sie einerseits, dass Kunst, die für einen bestimmten Ort geschaffen wurde, nicht ohne ästhetischen Verlust an einen anderen verfrachtet werden kann. Andererseits lassen sie sich jetzt vergleichen. Und siehe: Die nichtfigürlichen Darstellungen von Rebecca Raue, Christa Jeitner sowie Klaus Killisch & Marcus Rheinfurth (3. von links) wirken am stringentesten. Die figürlichen dagegen lassen zwangsläufig an all die lange Kunstgeschichte von Auferstehungsbildern denken. Und da können sie nur verlieren.

  • Kunstraum Parochial | Parochialkirche Klosterstr. 67, Mitte, Mo–Fr 10–16 Uhr, Sa–So 13–16 Uhr, stadtmuseum.de, bis 20.5.

„Sophie Utikal: In Transitions“ in der Galerie Ebensperger

Foto: Ludger Paffrath
Ausstellungsansicht Sophie Utikal, Ebensperger Berlin 2024, Foto: Ludger Paffrath

Der Weltkriegsbunker in der Kreuzberger Fichtestraße, in den die Galerie Ebensperger 2023 gezogen ist, wirkt noch heute beklemmend. Ausgerechnet hier, in den kleinen Aufenthaltsräumen rechts und links eines langen Ganges, stellt die Berliner Künstlerin Sophie Utikal zum Thema Mutterschaft aus. Im Scheinwerferlicht strahlen bunt ihre Textilbilder mit Motiven von Schwangeren, Sternen und Planeten. Sie suggerieren eine Nähe von Mutter und Ungeboren zum Universum und doch wirken sie alles andere als mystisch oder idyllisch. Dafür sind die Stiche, mit denen Utikal die Stoffstücke übereinander genäht hat, viel zu grob. Eher als um verklärte Madonnenbilder dürfte also um einen Emanzipationsakt handeln: um eine Befreiung Stich für Stich, Faden für Faden von dem Klischee der genügsamen, entrückten Mutter, das im christlichen Kulturkreis auf Frauen lastet.

  • Galerie Ebensperger Berlin Fichtebunker Fichtestr. 6, Kreuzberg, Di–Sa 12–18 Uhr, ebensperger.net, bis 6.4.

„Rückschau 2024“ bei world in a room

© Pascal Reif
Pascal Reif: aus „Schwarzfall” (2018-2022) © Pascal Reif

Alle zwei Jahre fasst Horst Schönig die Ausstellungen seines Schöneberger Projektraume zusammen: in einer Rückschau mit je zwei Aufnahmen von jeder Fotografin, jedem Fotografen, die zuletzt bei world in a room zu Gast waren. Eine gute Gelegenheit für einen Überblick über Schönigs Arbeit. Viele Künstler:innen, die bei ihm ausstellen,  folgen der Überzeugung, dass eine Aufnahme ihren Bezug zur Realität offenlegen sollte. Daher handelt es sich bei den farbigen Bildern, die aussehen wie Game-Landschaften,  nicht um computergenerierte Fantasien, sondern um Klaus W. Eisenlohrs Aufnahmen aus dem Berliner ICC-Gebäude. Pascal Reif, Absolvent der Ostkreuzschule, thematisiert Energie. Seine Beispiele aus der Serie „Schwarzfall“ (Abb.) handeln von der Arbeit in einem Kraftwerk bei Stromausfall. In Schwarz-Weiß verdichten sie den konkreten Zustand zu einer dystopischen Metapher.

  • world in a room Brunhildstr. 7, Schöneberg, Fr/ Sa 14–18 Uhr, www.worldinaroom.de, bis 24.5.

Hanna Bekker vom Rath im Brücke-Museum

Foto: Museum Wiesbaden/ Bernd Fickert ©VG Bild-Kunst, Bonn
Benno Walldorf: „Hanna Bekker vom Rath“, 1968, Öl auf Leinwand, Museum Wiesbaden, Foto: Museum Wiesbaden/ Bernd Fickert ©VG Bild-Kunst, Bonn

Der deutsche Kunstkritikerverbandes AICA hat das Berliner Brücke-Museum Mitte Februar zum „Museum des Jahres 2023“ gewählt. Das Haus, so heißt es in der Begründung,  habe wegweisende Modelle einer kritischen Befragung der eigenen Geschichte und seiner Expressionismus-Sammlung entwickelt. Die neue Schau handelt von der Ausstellungsmacherin und Sammlerin Hanna Bekker vom Rath (1893–1983), eine Kunstsammlerin, die der Sozialdemokratie nahestand und sich beispielsweise für das Werk von Karl Schmidt-Rotluff und Käthe Kollwitz begeisterte. Während der NS-Diktatur organisierte sie in ihrer Berliner Wohnung heimliche Ausstellung verfemter Kunst. Die Ausstellung in der Dahlemer Museumsvilla zeichnet ihren Lebensweg nach: mit Gemälden, Zeichnungen, Skulpturen und Textilarbeiten aus der eigenen Sammlung und mit Hilfe von Leihgaben. Und mit wunderbar gestalten Raumecken, in denen Arrangements aus Fotos und Texten privates Leben genauso wie historische Zusammenhänge erläutern.

  • Brücke-Museum Bussardsteig 9, Dahlem, Mi–Mo 11–17 Uhr, 3. Do/ Monat bis 20 Uhr, 6/ 4 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, online, bis 16.6.

Die Kyiv-Perenniale im Exil bei NGBK, Station Urbaner Kulturen und bei Between Bridges

Foto: Benjamin Renter
Kyiv Perenniale, Ausstellungsansicht, NGBK am Alex. Foto: Benjamin Renter

Die fünfte Ausgabe der Kyiv-Biennale findet kriegsbedingt in Berlin statt und heißt nun „Kyiv-Perrenniale“. Partner des Visual Culture Research Center aus Kyiv, das diese Biennale seit 2017 organisiert, sind die Neue Gesellschaft für Bildende Kunst und der Projektraum Between Bridges um das Team des Fotografen Wolfgang Tillmans. Die drei Ausstellungsteilse haben zum zweiten Jahrestag der russischen Invasion eröffnet. In ihnen mischen sich Agitprop (wie in einer Plakatserie, an der auch Pavel Brăila mitgewirkt hat), Dokumentationen (auch anonymer Urheberschaft), die unter anderem dazu beitragen sollen, Kriegsverbrechen zu ahnden, und ästhetische Reflexionen etwa über die Sozialistische Moderne. Höhepunkt ist bei „Between Bridges“ ein brillant gefilmtes Video: von einer im Stil einer Hiphop-Battle inszenierten Auseinandersetzung über die Perspektiven von Lord Byron und Puschkin auf den ukrainischen Nationalhelden Ivan Mazepa - von dem Künstler Mykola Ridnyi, der als Gastprofessor an der UdK Berlin im Exil lehrt.

  • NGBK Karl-Liebknecht-Str 11–13, 1. Stock (Rolltreppe), Mitte, Di–So 12–18, Fr 12–20 Uhr, online, bis 1.4.
  • Between Bridges Adalbertstr. 43, Mitte, Mi–Fr 11–16 Uhr, online, bis 4.5.
  • Station Urbaner Kulturen/ NGBK Auerbacher Ring 41, Hellersdorf, Do + Sa 15–19 Uhr, online, bis 9.6.

„Vom Faden zur Form“ im Kunsthaus Dahlem

© Kunsthaus Dahlem
Blick in die Ausstellung „Vom Faden zur Form – Sofie Dawos Textilkunst zwischen Zero und Konkretion“, Kunsthaus Dahlem, Berlin 2023, © Kunsthaus Dahlem

Hier dürfen Restaurator:innen nicht an Mottenmittel sparen. Das Kunsthaus Dahlem, ansässig im ehemaligen Atelier des NS-Staatskünstlers Arno Breker, kontrastiert die monumentale Architektur mit weichen Fäden. Im Mittelpunkt der neuen Ausstellung über Textilkunst steht der Umgang von Sofie Dawo (1926–2010) mit Wolle: Abstrahierungen von Landschaften in Weiß, Schwarz und Rot, auch wenn Dawo einmal gesagt haben soll, dass Rot nicht ihre Farbe sei. Zur Seite gestellt und gehängt sind Arbeiten aus der Zeit von ZERO und Konkretion etwa von Heinz Mack und Günther Uecker sowie neue Arbeiten beispielsweise von Haleh Redjaian. Sie lässt Einflüsse aus dem alten Iran mit der Industrieästhetik des Westens verschmelzen. Für Kinder und alle anderen, die gern selbst Hand anlegen, steht ein Tisch mit Wolle und Webrahmen bereit.

  • Kunsthaus Dahlem Am Käuzchensteig 8, Dahlem, Mi–Mo 11–17 Uhr, 6/ 4 €, bis 18 J. + Geflüchtete frei, kunsthaus-dahlem.de, bis 20.5. 

„Traum(a)land“ und „Einen Ausdruck finden für dieses Leben“ in Schloss Biesdorf

©: GODsDOG
GODsDOG: „Raphael 2“. Foto: GODsDOG

Höchst unterschiedlich sind die beiden neuen Ausstellung im Schloss Biesdorf. Die Gruppenschau „Traum(a)land“ soll ins Unterbewusste führen und tut das in Teilen auch: etwa bei den großen collagierten Wandarbeiten von Cornelia Renz oder den altmeisterlichen Radierungen von Gerenot Richter (1926–1991), die zwischen Romantik, Renaissance und Surrealismus changieren. Die der Street Art entlehnten Beiträge des Kollektivs GODsDOG begeistern vor allem als fantastische Papphäuser. Jenseits dessen kippt die Ausstellung jedoch oft ins Schrille. Ganz anders die sparsame Schau von Sonya Schönberger. Die Berliner Künstlerin hat Kolleg:innen, deren Laufbahn bereits in der DDR begann, zu ihren Lebenswegen befragt. Neben diesen Videointerviews hängen Arbeiten der Aussagenden und Schönberger Fotografien aus Sammlungen, in denen die Arbeiten lagern. Eine Recherche, deren Präsentation in ihrem Minimalismus absolut überzeugt.

  • Schloss Biesdorf Alt-Biesdorf 55, Hellersdorf, Mo–So 10–18 Uhr, Fr 12–21 Uhr, online, bis 12.5.

 „Forms of Love“ von Peles Duo in der St. Matthäuskirche

© Peles Duo, VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Matthias Kolb
Peles Duo: „The One and the Many“, Detail, © Peles Duo, VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Matthias Kolb

Vielleicht denkt man zuerst an Asche. Weil die Ausstellung von Peles Duo, ehemals Peles Empire, an einem Aschermittwoch in der St. Matthäuskirche neben der Gemäldegalerie begann. Oder weil jüngst viele Bilder von Vulkanausbrüchen in Island um die Welt gingen. Und aschgrau sind ja die Plastiken des bekannten Berliner Duos (Barbara Wolff und Katharina Stöver). Tatsächlich handelt es sich bei dem Material jedoch um Terra Negra, besonders fruchtbare Bioerde, die in Säcken neben den Kirchenbänken bereitliegt. Und die Formen, die Peles Duo daraus gefertigt haben, sollen nicht erkaltete Lava darstellen, sondern an Granatäpfel denken lassen, wie sie bereits im Hohelied Salomons besungen werden. Nun denn. Mehr Aufschluss geben womöglich die Performance von Peles Duo, wenn Wolff und Stöver vor Ort weiter mit der Terra Negra arbeiten.

  • St. Matthäuskirche Matthäikirchplatz, Tiergarten, Di–So 11–18 Uhr (Di–Sa 12.30 Mittagsandachten, So 18 Uhr Hora-Gottesdienst), Performances 5., 12., 13., 14., 20., 21., 26. und 27. März, jeweils 9 bis 14 Uhr, online, bis 12.5.

„Echos der Bruderländer“ im Haus der Kulturen der Welt

Courtesy Andreas Mroß
Umschlag eines Briefes von Vũ Kim Khoa aus Vietnam an Andreas Mroß mit dem sie 1988 ihren Kontakt zueinander wieder aufnahmen. Courtesy Andreas Mroß

Am ersten Märzwochenende eröffnet die neue Ausstellung am Haus der Kulturen der Welt. „Echos der Bruderländer“ führt die Auseinandersetzung des Teams mit postsozialistischer Kulturgeschichte fort. Gleichberechtigt mischt sie Kunst, Fotos, Objekte, Archivmaterial und Zeitzeug:innenberichte, um die Migration zwischen der DDR und ihren „Bruderländern“, verbündeten sozialistischen respektive kommunistischen Ländern des Südens zu erhellen. In vier Sälen erinnert sie an zu- und teils wieder abgewanderte Studierende, Arbeitende, Kulturschaffende oder Geflüchtete in der DDR. Zu den beitragenden Künstler:innen zählen etwa Abed Abdi, Santos Chávez, Hiwa K sowie Elske Rosenfeld, Farkhondeh Shahroudi und Sung Tieu aus Berlin. Das Team recherchierte in Zusammenarbeit mit Häusern in Algerien, Angola, Kuba, Ghana und Vietnam. So spiegelt „Echos der Bruderländer“ auch Folgen für die Herkunftsländer und setzt noch einmal einen anderen Schwerpunkt als das Museum für Bildende Kunst Leipzig mit „Re-Connect“, die soeben von der deutschen Sektion der AICA zur Ausstellung des Jahres 2023 gewählt worden ist, und „Revolutionary Romances“ am Albertinum Dresden (bis 2. Juni). Ab Freitag, 18 Uhr, bis zum Sonntag findet zur Ausstellung ein großes Programm mit Gesprächen, Filmen und Musik zum Thema statt.

  • HKW John-Foster-Dulles-Allee 10, Tiergarten, Mi–Mo 12–19 Uhr, bis 18 J., Mo + 1. So/ Monat frei, online, 2.3.–20.5.

Neuköllner Kunstpreis in der Galerie im Saalbau

Macht es euch gemütlich und hört zu, was Menschen der Künstlerin Johanna Bummack über Carearbeit erzählt haben (2.Platz). Foto: Benjamin Renter

Neukölln mag nicht der schönste Bezirk Berlins sein, aber sicherlich der kreativste. Davon zeugen nicht nur die drei kommunalen Galerien, mehr als in jedem anderen Bezirk, es ploppen auch ständig neue Bars, Restaurants und Läden aus dem Boden - und hier wimmelt es vor lauter Künstler:innen aus der ganzen Welt. Wieviele es sind, weiß niemand so genau, aber was sie so machen, davon vermittelt die aktuelle Ausstellung zum Neuköllner Kunstpreis einen Eindruck. Jährlich wird der mit insgesamt 6000 Euro dotierte Preis and Kunstschaffende aus dem Bezirk verliehen. Den ersten Preis hat diesmal die Fotografin Ceren Saner abgeräumt, mit ihrer an Nan Goldin erinnernden Fotoserie über queere Communities aus ihrem persönlichen Umkreis. Die Werke sind weder inhaltlich noch formal überraschend, die Vielfalt und Zugänglichkeit der Arbeiten macht die Schau dennoch sehenswert.

  • Galerie im Saalbau Karl-Marx-Str.141, Neukölln, tägl. 10–20 Uhr, bis 12.05.

„Poetics of Encryption“ im KW Center for Contemporary Art

Trevor Paglen: „Because Physcial Wounds Heal…“, 2023. Courtesy des Künstlers, Altman Siegel, San Francisco und Pace Gallery © der Künstler

Nicht einmal auf einem Feld irgendwo in der Pampa sind wir technikfrei – irgendwo kreist immer ein Satellit über unseren Köpfen, sagt Kurator Nadim Samman – und Recht hat er. Was der da so macht, der Satellit, was es so alles sammelt, das hilfreiche KI-Gadget zuhause, wer weiß das schon so genau? Sicher ist, dass wir Normalverbraucher:innen wohl am allerwenigsten Kontrolle darüber haben, aber was bedeutet das für unser Leben, bedeutet es überhaupt etwas? Über solche Fragen und noch viele mehr zum Verhältnis von Mensch und der omnipräsenten, manchmal gerade zu omnipotent scheinenden Technik können Besucher:innen in der Ausstellung „Poetics of Encryptions“ nachdenken.

Bitte viel Zeit mitbringen, denn die Schau erstreckt sich über das gesamt Haus und verlangt Lust auf Auseinandersetzung. Auch wenn große Bildschirme bei Ausstellungen zu diesem Thema mittlerweile oftmals eher zum Vorbeigehen als Stehenbleiben einladen, halten hier immer wieder gute Video-Installationen die Aufmerksamkeit. Etwa Jon Rafman, der an der Schnittstelle von realen Erzählungen und KI-Bildwelt arbeitet, und der sich schnell alternden technologischen Ästhetik mit inhaltlicher Tiefe etwas Dauerhaftes verleiht. Eine inhaltlich und medial vielfältige Schau, die überwältigend sein kann, was wiederum dazu einlädt einen rebellischen Akt im Technozän zu vollziehen: Zeit nehmen, langsam machen. Mit dem scheidenden KW-Direktor Krist Gruijthuijsen haben wir außerdem ein Interview geführt – hier entlang.

  • KW Center for Contemporary Art Auguststr. 69, Mitte, Mi–Mo 11–19, Do bis 21 Uhr, 10/ 6 €, bis 26.5.

Agnes Scherer, Theresa Weber, Rosemary Mayer bei ChertLüdde

Drei Künstlerinnen aus drei Generationen, die drei künstlerische Welten in der Galerie ChertLüdde aufziehen: Agnes Scherer (*1985) aus Salzburg, Rosemary Mayer (1943-2014) aus New York, Therese Weber (*1996) aus Düsseldorf. Scherer inszeniert historisch-eklektizistische Szenerien mit Ritter-Duell, staunenden Zuschauenden, Möbeln, Tapisserien – alles aus Papier. Mit historischen und kulturellen Symbolen arbeitet auch Therese Weber in ihrer verspielten, materiallastigen Installation, bedient sich jedoch aus dem afrikanischen Kulturraum und bildet somit einen interessanten Gegenpol zu Scherers westeuropäischen Bildwelten. Fein und zart dagegen die kolorierten Blumenzeichnungen und Fotografien von Rosemary Mayer, die sich zwar ebenfalls kunsthistorisch und kulturell katalogisieren lassen – aber sich zugleich über Einordnungen hinweg in Schönheit zu erheben scheinen.

  • ChertLüdde Hauptstr. 8, Schöneberg, Di–Sa 12–18 Uhr, bis 28.3.

School of Casablanca“ in der Ifa Galerie

Gruppenfoto vor der Dienstwohnung des Anti-Psychotherapeuten Dr. Ziou Ziou Abdellah in Berrechid, Juni 1981. Foto: : Archives Dr Ziou Ziou

Die Ausstellung „School of Casablanca“ macht anschaulich, welchen Schub die Moderne in Marokko mit der Unabhängigkeit des Landes erfahren hat. Dabei ging es durchaus auch darum, Einflüsse des Bauhaus und seiner aus Deutschland emigrierten Mitglieder mit regionalen Fertigkeiten mitunter buchstäblich zu verknüpfen, wie die ausgestellten Textilarbeiten belegen. Architektur, Malerei, Zeichnung, Druckkunst – interdisziplinär war die School of Casablanca sowieso, und ebenso wie das Bauhaus wenig frauenförderlich. Wer sich von der Fülle der Eindrücke, die das transnationale Rechercheteam zusammengetragen hat, überwältig wähnt, greife zu dem Beitrag von Nassim Azarzar, einem gefalteten Plakat mit der Chronologie der Ereignisse in Casablanca. 

  • ifa-Galerie Berlin Linienstr. 139/140, Mitte, Di–So 14–18, Do 14–20 Uhr, bis 12.5.

„Hans Uhlmann“, „Closer to Nature“ und „Kotti-Shop/ SuperFuture“ in der Berlinischen Galerie

Foto: Wolfgang Günzel
Aus Pilzen gebaut und duftet nach Wald: "MY-CO-X, MY-CO Space", 2021 © tinyBE, 2021,
Foto: Wolfgang Günzel

Dieser Zusammenklang ist gelungen: Im Museum Berlinische Galerie eröffnen am 15. Februar drei Ausstellungen, die auf den ersten Blick von sehr verschiedenen Themen handeln. Die Retrospektive „Hans Uhlmann“ ruft einen West-Berliner Nachkriegskünstler ins Gedächtnis, der in Fachkreisen in Vergessenheit geriet, obwohl er in Berlin mit seinen filigranen, von Freiheit kündenden Plastiken sehr präsent ist, etwa vor der Deutschen Oper und auf dem Hansaplatz. Die Schau stellt das ehemalige KPD-Mitglied, das unter den Nationalsozialisten inhaftiert wurde, als Bildhauer, Zeichner und Ausstellungsmacher vor. „Closer to Nature“ führt in Bauprojekte aus ökologischen Materialen wie Pilzen ein (Abb.) ein, die zum Teil bereits Wirklichkeit sind – wie die Versöhnungskapelle an der Bernauer Straße, die aus gestapftem Lehm gefertigt wurde. Und der Kreuzberger Projektraum Kotti-Shop präsentiert in einem beeindruckend gestalteten Raum, wie sein Team mit Anwohner:innen des Kottbusser Tors Ideen für eine bessere Nachbarschaft entwickelt. Zusammen ergeben die drei Ausstellungen einen großen Parcours mit Antworten auf die Frage: Wie wollen wir eigentlich leben?

  • Berlinische Galerie Alte Jakobstr. 124–128, Kreuzberg, Mi–Mo 10–18 Uhr, 10/ 6 €, bis 18 J. + Geflüchtete frei, berlinischegalerie.de, 16.2.–14.10.

„Von Odessa nach Berlin“ in der Gemäldegalerie

© Odessa Museum für westliche und östliche Kunst / Foto: Christoph Schmidt
Cornelis de Heem: „Prunkstillleben“, 2. Hälfte 17. Jh., © Odessa Museum für westliche und östliche Kunst / Foto: Christoph Schmidt

Mit Prominenz hat diese kleine Ausstellung am 11. Februar eröffnet: in Anwesenheit von Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Igor Poronyk, dem Direktor des Odessa Museums für westliche und östliche Kunst in der Ukraine. Kriegsbedingt musste sein Team die Kulturschätze des Museums evakuieren. 74 Gemälde hat es nach Berlin geschickt, wo sie restauriert, neu gerahmt und gezeigt werden. Eine Vorauswahl von zwölf Gemälden gibt jetzt eine Idee davon, was das Berliner Publikum Anfang 2025 in einer großen Sonderschau erwarten wird: Landschaften, Madonnen, biblischen Szenen, Porträts und Stillleben, kurz, europäische Malerei des 16. bis 19. Jahrhunderts. Die Stücke korrespondieren mit den Beständen von Gemäldegalerie und Alter Nationalgalerie und bieten sich somit für Forschung und Vergleich an.

  • Gemäldegalerie Matthäikirchplatz, Tiergarten, Di–So 10–18 Uhr, 12/ 6 €, bis 18 J. + TL frei, smb.museum, bis 28.4.

„Pest und Protest“ von Zorawar Sidhu und Rob Swainston in der Gemäldegalerie

© Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Dietmar Katz, © Courtesy of the Artists and Petzel Gallery, New York
Zorawar Sidhu, Rob Swainston, „May 28“, aus der Serie „Doomscrolling“, 2021, Farbholzschnitt,
© Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Dietmar Katz, Courtesy of the Artists and Petzel Gallery, New York

Bleiben wir noch kurz in der Gemäldegalerie, in einer Gastpräsentation des benachbarten Kupferstichkabinetts. Im Grafikkabinett hängen zwei neue, große Farbholzschnitte aus New York. Zorawar Sidhu und Rob Swainston thematisieren darin das Gedenken an die Toten der Covid-Pandemie und die Proteste der Black-Lives-Matter-Bewegung. Diesen plakativen und dennoch hintergründigen Drucken stehen historische Grafikarbeiten zu Seuchen und Rebellionen zur Seite. Eine aufschlussreiche Nachbarschaft, denn Druckkunst muss heute weder informieren wie zur Zeit der Pest noch für Sympathie werben wie zur Zeit von Käthe Kollwitz. Das erledigen heute andere Medien, wie Sidhus und Swainstons Drucke deutlich spiegeln.

  • Gemäldegalerie Matthäikirchplatz, Tiergarten, Di–So 10–18 Uhr, 12/6 €, bis 18 J. + TL frei, smb.museum, bis 7.4.

Heide Pawelzik & Mara Loytved-Hardegg beim Verein der Berliner Künstlerinnen 1867

Foto: Boris Sieverts, VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Heide Pawelzik: "Stadtwabe", gerollte Fotografien 2007, Bodeninstallation, 4m x 3m x 30 cm,
Foto: Boris Sieverts, VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Berlin bleibt eine verwundete Stadt, allen Aufbau- und Restaurierungswellen zum Trotz. Heide Pawelzik (1942–2021) und Mara Loytved-Hardegg (geboren 1942) verbrachten viele Jahre hier. Das hat den Blick der Künstlerinnen, die eine lange Freundschaft verband, geschärft für Risse und Fissuren in Stein, Asphalt und Leben. Der Verein der Berliner Künstlerinnen 1867, dessen Mitglied Loytved-Hardegg ist und Pawelzik war, bringt mit wenigen Exponaten der beiden Künstlerinnen eines auf den Punkt: Wie die Bereitschaft, sich mit Brüchen auseinanderzusetzen, statt auf heile Welt zu hoffen, Sensibilität und Empathie stärkt. Zwei großen Fotoarbeiten Pawelziks (Abb.) hängen Beiträge von Loytved-Hardegg gegenüber: Gemälde, Frottagen, Abdrücke und ein zusammengenähtes Stück groben Stoffs, das an die Fläche Berlin denken lässt.

  • Verein der Berliner Künstlerinnen 1867 Eisenacher Str. 118, Schöneberg, Do–Sa 16–19 Uhr, vdbk1867.de, bis 31.3.

„Ready Mix“ von Lucy Raven in der Neuen Nationalgalerie

© Courtesy die Künstlerin und Lisson Gallery / Dia Art Foundation / Nationalgalerie – Staatliche Museen zu Berlin / Andrea Rossetti
Lucy Raven, "Ready Mix", Ausstellungsansicht Neue Nationalgalerie, © Courtesy die Künstlerin und Lisson Gallery / Dia Art Foundation / Nationalgalerie – Staatliche Museen zu Berlin / Andrea Rossetti

Perfekt passt Lucy Ravens Filminstallation in das Obergeschoss der Neuen Nationalgalerie: Die schwarzgrauweißen Filmbilder nehmen es wie spielend mit Mies van der Rohes Stahl- und Glasarchitektur auf – und mit der benachbarten Baustelle des Museums der Moderne vor den Fenstern gleich mit. Raven filmte in einem Kies- und Betonwerk irgendwo im Westen der USA: zermahlenen Boden, gemischte Erde, gegossenen Beton, Getöse und Gebrumm. Lang hält die 45-minütige Arbeit die Spannung zwischen Faszination und Grauen, bis sie sich an sich selbst zu berauschen scheint. Das sind die Momente, in denen im Publikum Kinder zu quengeln beginnen, Erwachsene auf ihre Telefone blicken. Und dann leeren sich die Bänke.

  • Neue Nationalgalerie Potsdamer Str. 50, Tiergarten, Di–Mi 10–18, Do 10–20 Uhr, Fr–So 10–18 Uhr, diese Ausstellung: Eintritt 16/ 8 €, bis 18 J. frei, smb.museum, bis 21.4.

„manchmal halte ich mich an der luft fest“ in der Galerie im Körnerpark

© Nihad Nino Pušija
Blick in die Ausstellung „manchmal halte ich mich an der luft fest“, Galerie im Körnerpark, Berlin 2024
© Nihad Nino Pušija

„Exil ist harte Arbeit“, schrieb einmal die aus Istanbul nach Paris emigrierte Künstlerin Nil Yalter. Eine Ausstellung neun belarusischer Künstler:innen im Berliner Exil bestätigt in der Galerie im Körnerpark Yalters Verdikt. Erzwungener Abschied und der Zwang, sich an einem neuen Ort zurechtzufinden, erfordern nicht nur Zeit, Geschick und Können., sondern fordern die Gefühle. Das belegen die Installationen, Zeichnungen, Masken, Gedichte, Stickereien und Filme eindrücklich - bei allem Spott und Humor, den sie auch enthalten.  An “часам я трымаюся за паветра“ nehmen teil: Alexander Adamov, Rozalina Busel, Anastazja Palczukiewicz, Vasilisa Palianina, Lesia Pcholka, Nadya Sayapina, Antanina Slabodchykava, Varvara Sudnik und Aliaxey Talstou.

  • Galerie im Körnerpark Schierker Str. 8, Neukölln, Mo–So 10–20 Uhr, online, bis 29.5.

UNRUHE“ von Stephanie Herbrich in der Galerie Art Cru

Foto: Galerie Art Cru
Stephanie Herbrich, "Verunsicherung", 2022, Fasermaler Foto: Galerie Art Cru

Die Galerie Art Cru, die vom gemeinnützigen Verein PS-Art getragen wird, konzentriert sich auf Kunst sogenannter Outsider:innen, von Autodidakt:innen und Menschen mit Beeinträchtigungen. Aktuell zeigt sie Collagen, Zeichnungen und Gemälde von Stephanie Herbrich. Das Thema der Autodidaktin sind soziale Erwartungen an Frauen. Herbrich karikiert sie überzeugend in detailreichen, aber klaren Bildern –mal schwarz-weiß mit Fasermaler, mal farbig. Ihre Frauenbilder wirken so komisch wie beklemmend: Sie zeigen Idealgesichter, denen sich nicht trauen lässt, Körper, in die sich die Umwelt gräbt, und Masken, die fallen.

  • Galerie ART CRU Berlin im Kunsthof Oranienburger Str. 27, Mitte, Di + Do 12–18 Uhr, Mi + Fr 14–18 Uhr, art-cru.de, bis 28.3.

Slavs and Tatars bei Kraupa-Tuskany-Zeidler

Slavs and Tatars „PrayWay“, 2012. Courtesy the artist, Kraupa-Tuskany Zeidler, Berlin Ph: Marjorie Brunet Plaza

Die Beats und der Bass dröhnen in den Ausstellungsraum, hinter dem Vorhang eine riesige Leinwand, und Besucher:innen sind angehalten, Platz zu nehmen, um einem Rap-Battle zwischen Pfirsichen, Melonen und weiteren Früchten beizuwohnen. „The contest of the fruits" ist der erste animierte Film von Slavs and Tatars, einem renommierten Künstler:innen-Kollektiv, das sich mit dem kulturellen und geografischen Raum von der ehemaligen Berliner bis zu chinesischen Mauer beschäftigt. Die Videoarbeit greift ein satirisches Uiguren-Gedicht aus dem 19. Jahrhundert auf und untersucht in S&Ts typischer humorvoll-intellektueller Manier Themen wie Sprache, Politik, Religion, Humor, Widerstandsfähigkeit und Widerstand. Wer des Uigurischen nicht mächtig ist, kommt dank deutschen und englischen Untertiteln mit. Zudem sind in der Ausstellung präsentiert außerdem Schlüsselwerke des in Berlin ansässigen Kollektivs wie etwa die an ein aufgeschlagenes Buch verweisende Teppich-Installation „PrayWay“ (2012) (s.Abb.).

  • Kraupa-Tuskany Zeidler Kohlfurter Str. 41/43, Kreuzberg, Di–Sa 11–18 Uhr, bis 6.4.

Ausstellungen der Transmediale in Kunstraum Kreuzberg und Silent Green

Foto: Marc Domage CC BY-NC-SA
Ndayé Kouagou: “The Guru”, 2023, Installation View, Courtesy of the artist und Fondation Louis Vuitton, Foto: Marc Domage CC BY-NC-SA

Wie Menschen sich in digitalen Kanälen präsentieren und was das mit Nutzenden und Gesellschaften macht, ist das Thema des diesjährigen Medienkunstfestivals Transmediale. Zwei der drei begleitenden Ausstellungen nehmen dieses Motto auf komische Weise ernst, allen voran “Uncensored Lilac“ im Silent Green. Die aufwändige Installation von Bassam Issa Al-Sabah und Jennifer Mehigan bringt selbstverliebte Göttinnen an ihre Grenzen: Hot and sexy fühlen sich die Wesen, die an Durchschnitts-Influencerinnen denken lassen. Aber welchen Wert soll „hot and sexy“ haben in der Klimakrise?

Die Hauptschau im Kunstraum Kreuzberg dagegen ist etwas zu viel des Guten geworden: Hier herrscht digital overflow. Angenehme Ausnahmen bilden Alice Brygos filmischer Essay über kollektives Verhalten angesichts einer Katastrophe sowie die Analysen von Geschlechter-Stereotypen in den Beiträgen von Maria Guta und Lauren Huret: Sie geben dem digitalen Wahnsinn eine Form.

  • Silent Green “Uncensored Lilac”: 26.1.–14.4.: Fr–Sa 14–20, So 12–18 Uhr, Gerichtstr. 35, Wedding
  • Kunstraum Kreuzberg/ Bethanien Hauptausstellung, Mariannenplatz 2, Kreuzberg, So–Mi 10–20, Do–Sa 10–22 Uhr, Eintritt frei, Website, bis 14.4.

Valie Export und Laia Abril bei C/O Berlin

© VALIE EXPORT, VG Bild-Kunst, Bonn 2023; Foto: Hermann Hendrich
VALIE EXPORT: „Verletzungen I“, 1972, Albertina, Wien – The ESSL Collection © VALIE EXPORT, VG Bild-Kunst, Bonn 2023; Foto: Hermann Hendrich

Am Abend der Eröffnung, kurz vor 22 Uhr am 26. Januar, wartete vor dem Charlottenburger Fotohaus C/O Berlin noch immer eine Schlange auf Einlass. Fotografien und Filme einer Klassikerin waren angekündigt: von Valie Export, der feministischen Performance-Pionierin aus Wien, eine Übernahme aus der großen Albertina dort. Aus fotografischer, historischer und kunsthistorischer Perspektive ist die Untersuchung ihres Werkes tatsächlich höchst aufschlussreich, doch wirkt die Berliner Auswahl sehr gedrängt. Luftiger präsentiert sind die Fotografien von Laia Abril im Obergeschoss. Die spanische Fotografin kombiniert unter dem Titel „On Rape“ Aufnahmen von Frauenkleidung mit Aussagen von Vergewaltigungsopfern und betreuendem Personal. Bei dem Anblick dieser Arbeiten wurde das aufgeregte Eröffnungspublikum ganz leise.

  • C/O Berlin Hardenbergstr. 22–24, Charlottenburg, Mo–So 11–20 Uhr, 12/6 €, bis 18 J. frei, online, bis 23.5.

Gundula Schulze Eldowy und Robert Frank in der Akademie der Künste

Gundula Schulze Eldowy: „ohne Titel“, New York, 1990, aus der Serie In einem Wind aus Sternenstaub, © Gundula Schulze Eldowy
Gundula Schulze Eldowy: ohne Titel, New York, 1990, aus der Serie "In einem Wind aus Sternenstaub" © Gundula Schulze Eldowy

Vielleicht ist in der Akademie der Künste ein bisschen viel Aufwand getrieben worden, um von einer Künstler:innen-Freundschaft zu berichten, die vor Mauerfall begann: zwischen der jungen Ost-Berliner Fotografin Gundula Schulze, wie sie damals noch hieß, und dem bekannten US-amerikanischen Robert Frank. Mit Briefen, Filmen und vor allem vielen Fotografien zeichnet die am 24. Januar eröffnete Ausstellung Schulze Eldowys künstlerischen Werdegang nach und spiegelt ihn im Werk Robert Franks. Was dabei auffällt: Im großen New York und auf ihren weiteren Lebensstationen erreichte die Fotografie Schulze Eldowys kaum je wieder die Intensität wie die ihrer Schwarz-Weiß-Fotos vor 1989. Deren berühmteste Serie, „Berlin in einer Hundenacht“, wiederum hängt im Charlottenburger Bröhan-Museum.

  • Akademie der Künste Pariser Platz 4, Mitte, Di–Fr 14–19, Sa + So 11–19 Uhr, 9/6 €, bis 18 J., Di + 1. So/ Monat frei, online, bis 1.4.
  • Bröhan-Museum Schloßstr. 1a, Charlottenburg, Di–So 10–18 Uhr, 8/ 5 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, online, bis 14.4.

"Zwischen Licht und Materie – vom Erscheinen und Verschwinden“ in der Galerie Nord

© VG Bild-Kunst Bonn, 2024, Foto: Lukas Heibges
Ute Lindner: "Belichtungszeiten #11/2", 1996/2024, © VG Bild-Kunst Bonn, 2024, Foto: Lukas Heibges

Der Kunstverein Tiergarten betreut die große kommunale Galerie Nord im Haus der Moabiter Volkshochschule. In diesem Jahr wird er 20 Jahre alt und feiert das mit einer Reihe von Ausstellungen. Die erste handelt von Zeit und Vergänglichkeit und heißt etwas umständlich „Zwischen Licht und Materie – vom Erscheinen und Verschwinden“. Sechs gestandene Berliner Künstler:innen stellen seit 26. Januar dazu aus, unter ihnen Petra Karadimas und Ute Lindner (Abb.). Eine Überraschung ist eine alte Arbeit des Bildhauers Albert Weis: Sie besteht aus Paraffin und hat durch jahrelanges Lagern nur gewonnen.


„Berlin in einer Hundenacht. Gundula Schulze Eldowy“ im Bröhan-Museum

Gundula Schulze Eldowy: Berlin, 1987, aus der Serie Berlin in einer Hundenacht, Silbergelatineabzug auf Barytpapier © Gundula Schulze Eldowy

Kinder und Schwangere, Verwirrte und Liebende, Alte, Arme und Kranke: Das waren ihre Helden im sozialistischen Ost-Berlin, die Gundula Schulze Eldowy Anfang der 1980er-Jahre aufnahm, in verfallenden, noch von den Bomben des Zweiten Weltkriegs gezeichneten Hinterhofhäusern. „Berlin in einer Hundenacht“ heißt die Schwarzweiß-Serie. Schulze Eldowy schuf sie mit Anfang 20, noch während ihres Studiums. Parallel zu ihrer Ausstellung gemeinsam mit Fotos von Robert Frank in der Akademie der Künste (ab 25. Januar) zeigt nun das Bröhan-Museum diesen eindrücklichen Zyklus. Und zwar erstmals komplett, im dritten Stock, mit sogenannter Triggerwarnung und in einigen Sälen in der oberen Reihe für kleine Menschen zu hoch gehängt. Mehr über Gundula Schulze Eldowy und ihre Freundschaft zum US-Fotografen Robert Frank lest ihr hier.

  • Bröhan-Museum Schloßstr. 1a, Charlottenburg, Di–So 10–18 Uhr, 8/ 5 €, bis 18 J. + 1.So/ Monat frei, www.broehan-museum.de, bis 14.4.
  • Akademie der Künste Pariser Platz 4, Mitte, Di–Fr 14–19, Sa & So 11–19 Uhr, 9/ 6 €, bis 18 J., Di + 1. So/ Montag frei, 25.1.–1.4.

Omar Victor Diop im Fotografiska

Omar Victor Diop, The Sonacotra Tenant Strike 1974 - 80. From Liberty (2016). Courtesy © Omar Victor Diop / MAGNIN - A, Paris

Für das Auge und Gehirn: Omar Victor Diop schlüpft für die eigene Kamera in Rollen von historischen Persönlichkeiten und stellt Ereignisse der Schwarzen Geschichte nach, die einflussreich waren aber in Vergessenheit gerieten. Zum Beispiel der Aufstand von Arbeitern aus Nord- und Sub-Sahara Ende der 1970er-Jahre gegen die steigenden Mietforderungen eines französischen Immobilienunternehmens (s.Abb.) - der erste Streik Schwarzer Migranten im postkolonialen Frankreich. Texttafeln erzählen die Geschichten und Diops teils opulente Inszenierungen lassen vergessene Helden neu erstrahlen. Auch wenn er sehr in der Ästhetik der makellosen Modefotografie verhaftet und man sich tatsächlich an seinem omnipräsenten Gesicht sattsehen kann.

  • Fotografiska Oranienburger Str. 54, Mitte, Mo-Mi 14, Do/ Fr 15, Sa/So 16 €, bis 25 J. und über 65 J.: 8 €, bis 12 J. frei, Tickets hier, Mo-So 10-23 Uhr, bis 21.4.

„Melancholia“ in The Map Gallery

Charlie Stein. Berlincholia (Teen Spirit), 2023. Oil on Canvas. 150 x 150 cm. © Charlie Stein

Feste Kategorien sind so 20. Jahrhundert! Gegen die strikte Trennung von Kunst und Design und für die Schönheit der Dinge setzen sich Mon Muellerschoen, Andrea von Goetz und Schwanenfließ und Peter Buchberger – alle drei aktiv und bestens vernetzt in der Kunst- und Designszene – mit ihrer neugegründeten Map Gallery ein. Eine Art Salon, an dem Kunstwerke und Desginobjekte auf Augenhöhe ausgestellt werden und auch Veranstaltungen stattfinden sollen. Passend zum Januar heißt die Eröffnungsausstellung „Melancholia“, doch bei den großformatigen Gemälden und schönen Möbeln kommt heitere Stimmung auf.

  • The Map Gallery Linienstr. 107, Mitte, Mi–Sa 14–18 Uhr, bis 20.4.2024

Nana Petzet mit „Blendung“ im Projektraum des Deutschen Künstlerbunds

Foto: Manfred Neubauer
Nana Petzet gestaltet Lichtfallen für Insekten, GFLK Galerie für Landschaftskunst, Hamburg & GFLK Halle Süd, Tölz, 26.07.2022, © Nana Petzet / VG Bild-Kunst 2024, Foto: Manfred Neubauer

Was Nana Petzet (Foto) seit rund 25 Jahren macht, hat sich durchgesetzt: Kunst zu den Themen Recycling und Ökologie. Themen, die Geduld erfordern: Bevor sich Petzet, 1962 geboren und viel im Norden Europas unterwegs gewesen, an die Arbeit begibt, hört sie Wissenschaftler:innen zu, um dann auch mit ihnen zusammenzuarbeiten, beispielsweise bei der Zählung von Insekten, von denen immer weniger umherschwirren und -laufen. Im vergangenen Jahr hat die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst Petzets Werk mit dem 25.000 Euro schweren HAP-Grieshaber-Preis ausgezeichnet. Die Ausstellung zum Preis findet erneut im Kreuzberger Projektraum des Deutschen Künstlerbunds statt. „Blendung“ hat Nana Petzet sie genannt. In Klang, Bild und einem Versuchsraum thematisiert die Konzeptkünstlerin, wie künstliches Licht die nächtliche Dunkelheit, Lebensraum vieler Arten, bedroht.

  • Projektraum Deutscher Künstlerbund Markgrafenstr. 67, Kreuzberg, Di–Fr 14–18 Uhr, kuenstlerbund.de, 12.1.–5.4.

„Double Feature“: Tarek Lakrissi in der Julia Stoschek Foundation

Courtesy of the artist and gallery Allen, Paris
Tarek Lakhrissi, Bright Heart, 2023, Video, 14′08″, Farbe, Ton. Videostill. Courtesy of the artist and gallery Allen, Paris

Auf der Flucht vor einem Angreifer stolpert ein junger, Schwarzer Mann in ein Museum, begegnet dort zwei Vampiren, die ihm allerdings nicht das Blut aus den Adern, sondern die Migranten-Queerness-Scham aus der Seele saugen. In seinem Film „Bright Heart“(2023) verbindet Tarek Lakhrissi Elemente aus populären Vampirfilmen der Vergangenheit mit zeitgenössischen Fragen der eigenen Identität. Im Rahmen des Ausstellungsprogramms Double Feature zeigt die Julia Stoschek Foundation drei sehr unterschiedliche Filme Filme des französischen Künstlers und Dichters. Seine Arbeiten sind mal traumhaft und bildreich wie „Bright Heart“, mal minimalistisch und sprachfokussiert wie „Hard to love“(2017). Dabei verarbeitet er seine diasporischen und queeren Erfahrungen in Europa, angereichert. mit Inspirationen von Künstlern und Schriftstellern wie Kaoutar Harchi und Félix González-Torres.

  • Julia Stoschek Collection Leipziger Str. 60, Mitte, Sa/So 12–18 Uhr, 5 €, bis 18 Jahre und Transferleistungsbeziehende frei, jsfoundation.art, bis 31.3.

Jan Schefflers „Licht“ in der Alfred-Ehrhardt-Stiftung

© Jan Scheffler
Jan Scheffler, B 70.034° L 20.537° Arnøya / Norwegen 60 x 60 cm © Jan Scheffler

Noch im Dezember steckte Jan Scheffler in Hammerfest und erlebte dort auch Tage, die so dämmerig waren, dass er keine Langzeitbelichtungen machen konnte, wie er dem NDR sagte. Der Fotograf hat sich auf das Licht des Nordens spezialisiert, das im Winter, ohne langwellige Strahlen, märchenhaft blau und weich wird. Im vergangenen Frühjahr hatte Gregor Sailer in der Alfred-Ehrhardt-Stiftung drastisch-kühle Bilder von arktischen Forschungs- und Militärstationen gezeigt. Jan Scheffler, ein gebürtiger Berliner, der vor 1989 als Fotograf am Modeinstitut der DDR arbeitete, stellt hier nun versöhnliche Bilder aus dem europäischen Norden aus.

  • Alfred-Ehrhardt-Stiftung Auguststr. 75, Mitte, Di–So 11­–18 Uhr, 13.1.–7.4., aestiftung.de

Ort der Wärme: „mensch-sein“

© Johanniter / Katharina Delmenhorst
Ort der Wärme im Humboldt Forum © Johanniter / Katharina Delmenhorst

Der Hilfsdienst der Johanniter bietet im zweiten Winter ein offenes Café im Humboldt-Forum an: eine geräumige, höchst gepflegte Wärmesstube für Menschen in und ohne Not. An den Wänden hängt eine Text-Foto-Serie von Andreas Duerst und Anja Gronwald, die Hilfesuchende und Mitarbeitende eines Kreuzberger Wärmeorts  vorstellt. Bewegend.

  • Johanniter im Humboldt Forum Portal 3, Schloßplatz, Mitte, Mi–Mo 14–18 Uhr, bis auf Weiteres

Fokus Schinkel. Ein Blick auf Leben und Werk

© Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker
Friedrichswerdersche Kirche Dauerausstellung "Ideal und From. Skulpturen des 19. Jahrhunderts aus der Sammlung der Nationalgalerie"© Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker

Friederike und Luise sind ja zurück in der Friedrichswerderschen Kirche am Auswärtigen Amt: Hold, lieblich, stolz und frisch restauriert lächeln die preußischen Prinzessinnen in Johann Gottfrieds Schadows Gipsmodell Besuchenden entgegen (Foto, Mitte). Seit 24. November informieren die Staatlichen Museen nun genauer über den Erbauer der Kirche: Auf der Empore führen 14 Tafeln in Leben und Werk von Karl Friedrich Schinkel ein – seine wichtigsten Bauten in Berlin zeigen wir euch hier.

  • Friedrichswerdersche Kirche Werderscher Markt, Mitte, Di–So 10–18 Uhr, Eintritt frei, bis auf Weiteres

Neue Nationalgalerie: „Zerreißprobe. Kunst zwischen Politik und Gesellschaft“

Wolfgang Mattheuer: Brasker Landschaft, 1967, Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie. Foto: Roman März

In der Neuen Nationalgalerie zeigt sich der nächste Teil der Sammlung neu sortiert: Die Ausstellung
„Zerreißprobe“ präsentiert Kunst nach 1945. Ost und West finden hier zusammen – genauso wie Kunst
und Politik. Unter den 170 Arbeiten der Ausstellung gibt es jede Menge bekannte Werke. Neben Werken der üblichen Verdächtigen von Marina Abramović bis Andy Warhol aus der ehemaligen Nationalgalerie-West an der Potsdamer Straße hängen jetzt Arbeiten bekannter Ostgrößen wie Wolfgang Mattheuer Harald Metzkes oder Werner Tübke, die die  auf der Museumsinsel gelegene Nationalgalerie-Ost sammelte.

Verantwortlich für die Schau sind der für die Sammlung zuständige stellvertretende Direktor Joachim Jäger, die wissenschaftliche Mitarbeiterin Maike Steinkamp sowie die Kunsthistorikerin Marta Smolińska von der Universität der Künste in Poznań. „Zerreißprobe“ ist laut Joachim Jäger der Versuch einer Darstellung, die den Entwicklungen von Meinungen und Werten in der Gesellschaft folge. Die Gesellschaft entscheidet über die Kriterien der Kunst. Das war schon immer so, nur obsiegen nun offenbar Gesinnung, Moral und Geschlecht über Ästhetik.

Die Geschichte schreiben immer die Sieger. „Die Einfühlung in den Sieger kommt demnach den jeweils Herrschenden allemal zugut“, formulierte 1940 Walter Benjamin. Denn die im Dunkeln, die Ausgeschlossenen und Vergessenen, sieht man ja nicht – und sie sind auch in der Neuen Nationalgalerie nicht zu sehen, beispielsweise Werke der Art brut, Werke der oft autodidaktischen Kunst gesellschaftlicher Außenseiter, die, wie Jäger sagt, nicht in der Sammlung vertreten  sind.

  • Neue Nationalgalerie Potsdamer Str. 50, Tiergarten, Di/ Mi, Fr–So 10–18, Do 10–20 Uhr, 14/ 7 €, bis 18 J. + 1.  So/ Monat frei, bis 28.9.2025

Munch. Lebenslandschaft

Edvard Munch „Die Sonne“, Munchmuseet, Oslo. Foto: CC BY-NC-SA 4.0 Munchmuseet

Edward Munch Superstar. Der norwegische Maler löste mit seinen emotional aufgeladenen Darstellungen von Männern und Frauen sowie seiner expressiven Malerei 1892 in einer Ausstellung beim Verein Berliner Künstler einen Skandal aus und läutete hierzulande die Moderne ein. Nachdem die Berlinische Galerie mit „ Der Zauber des Nordens“ zu Munchs Berliner Jahren eine von Publikum und Presse gefeierte Ausstellung vorgelegt hat, zieht nun das Museum Barberini in Potsdam nach.

In „Munch. Lebenslandschaft“ geht es mit über 110 Exponaten von internationalen und deutschen Leihgebenden um die Rolle von Natur und Landschaft in Munchs Werk. Ist in seinen vordergründig psychologischen Menschendarstellungen die Natur selbst von Bedeutung, offenbart der Pantheist Munch in den Landschaftsdarstellungen sein komplexes Verständnis von Natur: Sie ist  Spiegel der eigenen Seele sowie Ausdruck eines kosmischen Kreislaufs. Spirituell und mystisch wie die Darstellungen von Sonne und Mond, bodenständig und erdverbunden. So wie in der Berlinischen Galerie die gesellschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten beleuchtet werden, steht im Barberini der Einfluss wissenschaftlicher und philosophischer Entwicklungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf Munchs Werk im Fokus. Mehr Munch geht nicht.

  • Museum Barberini Humboldtstr. 5–6, Potsdam, Mi–Mo  10–19 Uhr, 16–18/ 8–10 €, Kombiticket mit Kunsthaus Minsk 20/ 12 €, bis 1.4.24

Bode-Museum: Spanische Dialoge ­– Picasso

Die Picasso-Rezeption ist ja gern für Überraschungen gut. Zuletzt wurde der Ausnahmekünstler rund um seinen 50. Todestag eher unter MeToo-Verdacht betrachtet -  was dem von ihm einst „gecancelten“ Werk der Künstlerin Francoise Gilot endlich zu neuer Beachtung verhalf. Nun schlägt das (derzeit geschlossene) Berggruen-Museum als Gast des Bode-Museums ein ganz anderes Kapitel auf: Auf der Museumsinsel kommen Arbeiten Picassos zum Vergleich mit spanischer Kunst der frühen Neuzeit, um zu zeigen, wovon sich Pablo Picasso anregen ließ. Mal sehen, was da noch zu Tage kommt.

  • Bode-Museum  Am Kupfergraben, Mitte, Di–So 10–18 Uhr, 10/ 5 €, bis 18 J. + 1. So/ Monat frei, bis 28.4.2024

Lee Ufan

Lee Ufan
Ausstellungsansicht „Lee Ufan“, Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart, 27.10.2023 – 28.4.2024 © Lee Ufan. Courtesy of Studio Lee Ufan / VG Bild-Kunst, Bonn 2023 / Jacopo La Forgia

Es herrscht eine große Ruhe in den Sälen und im Garten: Mit 50 Arbeiten lädt Lee Ufan im Hamburger Bahnhof gleichsam zur Mediation ein. Der 1936 in Korea geborene Künstler, der lang in Japan lebte, gilt als bedeutender Vertreter ostasiatischen Minimalismus. Das Material, das er verwendet, spricht für sich: Stein und Baumwolle, Stahl, Metall, Glühbirnen und Farbe. Da überrascht, dass Lee Ufan ausgerechnet Rembrandt bewundert: zu sehen in einem Saal (Foto), den Lee Ufan wie einen Zen-Garten mit Kies ausgelegt hat.

  • Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart  Invalidenstr. 50/51, Tiergarten, Di/ Mi + Fr 10–18 Uhr, Do bis 20 Uhr, Sa/So 11–18 Uhr, 12/  6 €, bis 18 J. +1. So/ Monat für alle frei (Ticket hier), So Familienermäßigung, bis 28.4.2024

Ari-Arirang

Staatliche Museen zu Berlin, Foto: Ethnologisches Museum/Claudius Kamps CC BY-NC-SA 4.0

Im späten 19. Jahrhundert interessierten sich Deutsche sehr für Korea, das zwischenzeitlich Kaiserreich war, bevor Japan es sich einverleibte. An dieses Interesse erinnert eine neue Ausstellung von Ethnologischem Museum und Museum für Asiatische Kunst im Humboldt Forum, die eine Auswahl aus ihren Beständen zu Korea zeigen – darunter viele Hüte aus dem 19. Jahrhundert, für die sich Deutsche offenbar begeisterten. Ergänzt werden die Objekte von zeitgenössischer Kunst und Aufzeichnungen von Gesängen russisch-koreanischer Männer in deutschen Kriegsgefangenenlagern, Lieder, die der Ausstellungstitel zitiert. 

  • Humboldt Forum Schloßplatz, Mitte, Mi–Mo 10.30–18.30 Uhr, 12/ 6 €, bis 18 J. + 1. So im Monat frei, bis 21.4.2024

Unbound: Performance as Rupture

Akeem Smith, Social Cohesiveness, 2020, Drei-Kanal-Videoinstallation, 32′53″, Farbe, Ton. Installationsansicht, UNBOUND, JSF Berlin. Foto: Alwin Lay.

Performance ist die Kunstform der Stunde, das hat nicht zuletzt das Performance-lastige Programm der Berlin Art Week gezeigt. Die neue Sammlungspräsentation „Unbound: Performance as Rupture“ der Julia Stoschek Foundation untersucht, wie Künstler:innen historische Narrative und Ideologien der Unterdrückung mithilfe von Performance und Videokunst seit den 1960er-Jahren bis heute in Frage stellen. Darunter Ikonen wie Valie Export und Shootingstars wie Akeem Smith. 

  • Julia Stoschek Foundation Leipziger Str. 60, Mitte, Sa+So 12–18 Uhr, 5 €, bis 18 J. frei, bis 28.7.2024

Gerhard Richter – 100 Werke für Berlin

Blick in die Ausstellung „Gerhard Richter. 100 Werke für Berlin“, Staatliche Museen zu Berlin, Foto: David von Becker

100 Arbeiten leiht der berühmte Maler Gerhard Richter der Neuen Nationalgalerie auf lange Zeit, und sie alle passen in das Grafikkabinett im Untergeschoss des Museums. Denn unter den Abstraktionen befinden sich viele kleine übermalte Fotos – Spitzenstücke, eine Wucht. Im Zentrum jedoch hängt der „Birkenau“-Zyklus, mit dem Richter die Grenzen der Kunst im Angesicht von Verbrechen der Nationalsozialist:innen thematisiert. Als Vorlage dienten Fotografien, die Häftlinge unter Lebensgefahr in Auschwitz-Birkenau aufgenommen und aus dem Konzentrationslager geschmuggelt hatten.

  • Neue Nationalgalerie Potsdamer Str. 50, Tiergarten, Di–Mi, Fr–So 10–18, Do bis 20 Uhr, 14/ 7 €, bis 18 J., Do ab 16 Uhr + 1. So/ Monat frei, Tickets hier, bis auf Weiteres

Ts’ uu – Zeder. Von Bäumen und Menschen

Ansicht der temporären Ausstellung "Ts'uu – Zeder. Von Bäumen und Menschen" im Humboldt Forum. Foto: © 2020 by Alexander Schippel

Was länger währt, wird womöglich besser: Die Ausstellung „Ts̓  uu – Zeder“ des Ethnologischen Museums konnte pandemiebedingt nicht  mit den Sälen eröffnen, die im Herbst das Humboldt Forum komplettiert haben. Doch nun ist die Schau über Regenwälder an der Westküste Kanadas fertig, eine Koproduktion mit dem hochmodernen Haida Gwaii Museum auf gleichnamigem Archipel vor der Küste British Columbias. Sie zeigt, wie erhellend und publikumsfreundlich transkontinentale und transdisziplinäre Zusammenarbeit sein kann. Nur einen Saal mit 130 Exponaten umfasst die Schau, die genauso Ruhe wie Abwechslung bietet, dank einer Sitzecke und des Einsatzes verschiedener Medien. Selbstverständlich gibt es klassische Objekte wie Wappenpfähle. Daneben aber hängen Reportagefotos und bedruckte T-Shirts. Sie bezeugen Proteste Indigener gegen die Abholzung der Regenwälder durch euro-kanadische Firmen.

  • Humboldt Forum Schlossplatz 1, Mitte, Mi–Mo 10.30–18.30, Eintritt frei, bis 12.1.2025

All Hands On: Flechten

Endlich schlägt das Museum für Europäische Kulturen (MEK) wieder mit einer großen Ausstellung auf. „All Hands On: Flechten“ präsentiert Meisterwerke aus Kunst, Handwerk und Design, anonyme Stücke aus Stroh und Rinde genauso wie die neue Arbeit „Der geflochtene Garten“ von Olaf Holzapfel, Teilnehmer der Documenta vor fünf Jahren. Ein willkommener Anlass für eine U-Bahnfahrt nach Dahlem: das auch Biergärten, Buchhandlungen an der Uni, Parks und dem Landwirtschaftsmuseum Domäne Dahlem wenig entfernt vom MEK einen Ausflug wert ist. Perfekt für ein langes Wochenende.

  • Museum Europäischer Kulturen Arnimallee 25, Dahlem, Di–Fr 10–17, Sa/ So 11–18 Uhr, 8/ 4 €, bis 18 Jahre + Berlin Pass frei, Tickets hier, bis 26.5.2024

Mehr Kunst und Ausstellungen in Berlin

Blick nach vorn: Die wichtigsten Ausstellungen im Kunstjahr 2024. Überblick verloren? Sobald die Infos da sind, steht hier das Wichtigste zur Berlin Art Week. Geht immer: Wir zeigen euch wichtige Ausstellungshäuser, Galerien und Museen für Kunst in Berlin. Einblicke ins Werk einer Ikone: „Viva Frida Kahlo“ im Napoleon Komplex. Gut zu wissen: Am Museumssonntag ist der Eintritt kostenlos, jeden ersten Sonntag im Monat.

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