Berliner Clubkultur

Nach Brand: So will das Team des Clubs „Ipse“ in Berlin weitermachen

Am 27. April wurde im Berliner Open-Air-Club Ipse ein Brand gelegt. Die drei Innenräume sind vollständig ausgebrannt, die Technik zerstört. Doch die Betreiber*innen wollen weitermachen, auch wenn sie sich das zuerst kaum vorstellen konnten. Doch die Ipse-Macher*innen erreichte eine Welle der Unterstützung. Aber auch das Verhältnis zu den Anwohner*innen, das inzwischen sehr gut ist, trägt zum Durchhaltewillen bei. Die Ipse war einer der Clubs, der Geld aus dem Schallschutzfonds von Club Commission und Senat bekommen hatte.

Brand in der Ipse Berlin: Das Feuer wurde mutwillig gelegt. Alle drei Innenräume sind ausgebrannt. Foto: Lisa Wassmann
Brand in der Ipse Berlin: Das Feuer wurde mutwillig gelegt. Alle drei Innenräume sind ausgebrannt. Foto: Lisa Wassmann

Es sind schwere Zeiten für Clubs, die Corona-Krise stiehlt ihnen die Lebensgrundlage. Sie verkaufen keine Produkte, sondern ein Erlebnis, bei dem Menschen zusammen-, sich nahekommen, sehr nahe: auf dem Dancefloor, in den Toilettenkabinen, in der Schlange. Kein Wunder, dass die Prognosen für viele Clubs düster aussehen: Sie gehören zu den letzten Freizeitorten, die den Betrieb wieder aufnehmen werden dürfen.

Den Open-Air-Club Ipse am Schleusenufer in Kreuzberg aber hat es doppelt hart getroffen: Am 27. April war Feuer in den Räumen des Clubs ausgebrochen, alle drei Innenräume sind vollständig ausgebrannt. Getränke im Wert von 10.000 Euro sind dabei verloren gegangen, die gemietete Anlage zerstört worden. Obendrauf will auch noch die Versicherung nicht zahlen.

Doch das Team will weitermachen. „Letzte Woche war die Stimmung sehr schlecht. Auf sowas kann man sich emotional nicht vorbereiten“, sagt Clubmanager Tom Szana. „Aber dann haben uns so viele Menschen kontaktiert, die uns unterstützen wollen, dass die Stimmung bei uns umgeschlagen ist.“

Der Brand in der Ipse ist das Ergebnis von Brandstiftung

Schon jetzt ist klar, dass der Brand in der Ipse mutwillig gelegt wurde. Es gab mehrere Brandherde, auch Brandbeschleuniger haben die Brandstifter*innen benutzt. Selbst wenn in einem Teil des Clubs Feuer ausgebrochen wäre, hätte das Feuer unter normalen Bedingungen nicht so wüten können. „Unsere Innenräume sind keine Bretterbude. Das sind gemauerte Wände, alle Brandschutzbestimmungen haben wir eingehalten. Da muss jemand rumgelaufen sein, der an mehreren Orten im Club Feuer gelegt hat“, sagt Szana.

Vier Tage nach dem Brand hatte das Team einen Spendenaufruf bei der Crowdfunding-Plattform Startnext gestartet und auch bei der Initiative „United We Stream“ der Cllub Commission, an der fast alle Berliner Clubs beteiligt sind, macht die Ipse mit.

Außerdem wollen sich die Betreiber*innen für die Soforthilfen des Landes Berlin für Clubs und Kulturstandorte bewerben. „Wenn es so kommt, dass dieses Jahr gelaufen ist und wir erst im nächsten Sommer wieder aufmachen können, dann ist das natürlich schlecht für uns. Aber dann machen wir trotzdem weiter und geben alles dafür, dass die Ipse, einer der letzten Open-Air-Clubs Berlins, bestehen bleibt.“

Die Corona-Krise könnte das Clubsterben beschleunigen

Corona ist für die Berliner Feierszene eine weitere Krise, die die eigentliche Krise, nämlich das Clubsterben, verstärkt. Maria am Ostbahnhof, Bar25, Chalet, Prince Charles, zuletzt die Griessmühle: Die Liste der Clubs, die wegen steigender Mieten oder auslaufenden Mietverträgen schließen mussten, ist lang. Die Einnahmen, die jetzt während der Corona-Krise fehlen, erhöhen den Druck.

„Corona kann eine Chance sein für kleinere Städte, in der es kaum kulturelle Nischen gibt“, sagt der Pressesprecher der Club Commission, Lutz Leichsenring. „Aber wenn die Clubszene in Berlin Räume verliert, stehen die Chancen sehr schlecht, dass sie sie an anderer Stelle innerhalb des Rings wiederbekommt. Dafür gibt es inzwischen zu wenig Freiräume – jedenfalls solche zu einem Mietpreis, mit dem man Kultur machen kann.“

Geld aus dem Schallschutzfonds von Club Commission und Senat

Umso fataler wäre es, wenn mit der Ipse aufgrund von Brandstiftung ein weiterer Club schließen müsste. Vor allem, weil die Ipse einer der ersten Clubs ist, der Geld aus dem Schallschutzfonds von Club Commission und der Senatsverwaltung für Finanzen bekommen hat. Und weil das Verhältnis zu den Anwohner*innen inzwischen sehr gut war. Davor hatten sich immer wieder Nachbarn wegen der Bässe aus dem Außenbereich der Ipse beschwert.

Das Geld aus dem Fonds haben die Betreiber*innen in ein Active-Noise-Cancelling-System investiert: Die Boxen im Außenbereich des Clubs standen so, dass kaum Lärm bei den Nachbar*innen ankam. Außerdem fanden nur noch an zwei statt an sechs Tagen Veranstaltungen im Club statt, zusätzlich sollte eine Schallschutzmauer installiert werden. „Zu den Nachbarn haben wir inzwischen ein gutes Verhältnis, das konstruktive und freundschaftliche Dialoge ermöglicht“, sagt Szana. Hoffentlich bleiben nicht nur die freundschaftlichen Verhältnisse, sondern auch der Club bestehen.


Für die Ipse spenden könnt ihr hier.

Auch interessant:

Clubs haben Berlin geprägt, auch wenn derzeit alle vor Supermärkten statt vorm Berghain anstehen. Wie die Clubs ohne Menschen aussehen, seht ihr hier. In den 1980er-Jahren in West-Berlin tobte das Leben in ganz anderen Clubs: Dschungel, Linientreu und SO36 waren die angesagten Adressen. Noch mehr Kultur? Kunst gibt es jetzt im Internet: Museen und Galerien trotzen Corona. Und nicht nur die: unser digitaler Veranstaltungskalender hat Streams aus Clubs, Theatern und Wohnzimmern im Angebot.

Berlin am besten erleben
Dein wöchentlicher Newsletter für Kultur, Genuss und Stadtleben
Newsletter preview on iPad