Clubkultur

About Blank hat Geburtstag: Zehn Jahre Sex und Sekt auf Eis – Party im Stream

Das About Blank hat Geburtstag – den zehnten bereits. Die Feierei ist wegen Corona zwar beeinträchtigt, abgesagt hat sie Berlins politischster Techno-Club deshalb aber nicht. Auch wenn der Darkroom nun eben virtuell ist.

About Blank hat Geburtstag Tulpenbeet im Garten
About Blank hat Geburtstag: Die Blumen schenkt sich der Club selbst – im hauseigenen Tulpengarten. Foto: ://about blank

„Den Tulpen ist Corona egal“, sagt Eli vom Kollektiv des Clubs About Blank. Rot und pink und violett und gelb knallen sie aus dem Boden raus, neben ein paar Narzissen, im wohl bekanntesten Club-Garten der Stadt, unweit vom Bahnhof Ostkreuz. Einst war das Haus ein Kindergarten. Seit zehn Jahren ist es einer der angesagtesten Techno-Läden der Stadt. „Schön zu sehen, aber es bricht einem auch das Herz“, sagt Eli, „wenn man sieht: Jetzt ist eigentlich die Blütezeit, die unsere Garten-AG pünktlich für den Geburtstag kalkuliert hatte.“

Eigentlich sollten an diesem letzten April-Wochenende der Garten wiedereröffnet und zehn Jahre About Blank zelebriert werden. Mit sündhaften Mengen Sekt auf Eis – zum Abkühlen vom Sex im Darkroom. Und Lagerfeuer nachts und Tanzen unter Nachmittagssonne auf einem Tanzboden aus Holzbrettern im Garten. Hier spürt man den Punk unterm Technobass.

About Blank Geburtstag: Party vorm Wohnwagen im Garten auf Distanz.
Geburtstagsfeier mit Sicherheitsabstand – den zehnten Geburtstag hat sich das Kollektiv vom About Blank anders vorgestellt. Foto: ://about blank

About Blank hat Geburtstag: Nicht nur irgendein Techno-Club Berlins

Das About Blank ist nicht einfach irgendein Techno-Club in Berlin, sondern es steht mehr noch als die meisten Läden der Stadt dafür, dass Party und Politik zusammengedacht werden können und sollten. Bei der Demonstration „AfD wegbassen“ wurde das auch massiv auf die Straße getragen. Das ist einerseits typisch Berlin, aber andererseits im Blank noch viel stärker ausgeprägt, also Vorbild für Berlin.

Das Blank hat viele weibliche DJs und Türsteher*innen. Im Blank fühlen sich Queers, auch trans Menschen meist sicher. Das Blank ist als demokratisches Kollektiv (von 14 Leuten) organisiert – und absolut antifaschistisch. Das alles ist nicht bloß gut gemeint, sondern wirklich verdammt gut. Und eine Größe: Hundert Menschen arbeiten im Club, im Sommer sogar mehr. Von der Schlange, die fast zum Bahnhof reicht bei der Party „Buttons“ müssen wir gar nicht erst reden.

About Blank Clubtür heute leider nicht: Zum Geburtstag ist gschlossen.
About Blank in Zeiten der Coronaviren – der Geburtstag findet online statt. Foto: ://about blank

Geburtstags-Party online: „united we blank“ – Mehr als nur ein Stream

Nun dieses Wochenende wegen Corona so gar nicht zu feiern, das kam nicht in die Tüte. Deshalb passiert das virtuell, unter dem Titel „10 jahre ://about blank: united we blank | never be alone again“. „Menschen aus dem Blank, aber auch Freund*innen und Assoziierte haben sich schöne Sachen überlegt, damit das nicht einfach nur ein Stream wird“, verspricht Eli. „Das Blank ist ja mehr als die Musik. Sowohl politisch aber auch bisschen Quatsch.“ Sie haben eine virtuelle Blank-Realität gebastelt, die coolere Version eines Forums – damit man sich nicht einfach bloß passiv berieseln lassen kann, sondern auch selbst was anstellen darf. Und einen Teil der Leute, die man nur vom Feiern kennt, wieder trifft.

„Ein Club ist ja auch ein sozialer Ort“, sagt Eli, „der zufällige Begegnungen ermöglicht. Wir werden sicherlich auch Tränchen im Auge haben, wenn wir am Samstag online loslegen. Aber sowohl bei unserer Crew als auch bei unseren Gäst*innen und Unterstützer*innen merken wir: Es ist wichtig, in Kontakt zu bleiben. Man kann sich zurzeit nicht in die Arme fallen – aber ein bisschen Austausch wollen wir schon möglich machen.“

Der Wohnwagen im Garten des About Blank ist legendär, auch Nina Hagen drehte hier schon Filme (und möglicherweise auch auf).
Der Wohnwagen im Garten des About Blank: Hier hat schon Nina Hagen Orakel gespielt. Foto: ://about blank

Dass der Ort so vielen Menschen ganz besonders am Herzen liegt, das hat sich gerade auch beim Corona-Crowdfunding des About Blank in Zahlen wiedergespiegelt: Über 130.000 Euro kamen innerhalb von vier Wochen zusammen. „Krass!“, sagt Eli. „Für uns toll zu sehen, dass so viele Leute diesen Ort retten wollen. Das hat uns erstmals bisschen Luft verschafft, um durch die nächsten Wochen zu kommen.“ Von den staatlichen Soforthilfen hat das About Blank andererseits bisher noch nichts bekommen. Es gibt schlicht noch kein passendes Programm.

„Da muss schnell was passieren, sonst gehen ganz viele Clubs hier hops“, sagt Eli. Immerhin hat der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg als Besitzer der Club-Immobilie dem Blank die Miete gestundet. „Wir brauchen rückzahlungsfreie Zuschüsse“, sagt Eli. „Wir können nicht endlos Kredite aufnehmen, wir verschulden uns gerade ohnehin schon. Nach der Krise wird sich außerdem die Frage stellen: Wer kann sich das noch leisten, feiern zu gehen in dieser Stadt? Und wie anonym und frei wird das überhaupt noch möglich sein? “

Ostern ist vorbei, aber der Narzissmus nicht. Foto: ://about blank

In der Krise vereint: Buttons und Cocktail Turntable an Turntable

Aber die Krise schweißt auch zusammen: Die queere Party namens Cocktail d’amore (eigentlich in der Griessmühle beheimatet) und die Buttons-Party vom Blank haben kürzlich gemeinsam gestreamt. Eine schöne Geste des Miteinanders, gerade jetzt, wo jene Orte geschlossen sind, an denen Queers traditionell ihre Ersatzfamilien treffen. „Wenn alle vier Wochen lang in einer Welt leben müssten, in der es überhaupt keine Kunst und Kultur gäbe“, sagt Eli, „würde man nicht mehr sagen, die Künstler*innen hätten einfach was ‚Richtiges‘ studieren sollen, um nicht prekär zu leben.“

Der Diskurs ums Clubsterben hat lange vor Corona begonnen, auch mit der Frage, was in dieser Stadt eigentlich verkehrt läuft, sowohl für die Clubs, aber auch für viele andere Menschen. „Es gibt eine stark durchökonomisierte Eventbranche“, sagt Eli, „die viel Geld in die Stadt spült, von dem aber bei den einzelnen Produzent*innen letztlich wenig hängen bleibt. Dass es jetzt die Kulturberufe so hart trifft, ist auch ein Ausdruck dessen, dass es vorher schon super prekär war.“

Geburtstagsdinner à la Blank. Foto: ://about blank

Für das Blank wird es auch nach der Krise nicht gemütlich: Der Mietvertrag läuft nur bis Ende 2022. Befristete Nutzung heißt das. Danach soll das Gebäude dem Erdboden gleichgemacht werden, für den Weiterbau der Autobahn A 100. Aber mal ehrlich: Das Blank wäre nicht das Blank, wenn es sich von so schnöden Gründen plattmachen ließe. Im Episoden-Roman „Candide“ von Voltaire lautet die letzte Zeile: „Wir müssen unseren Garten kultivieren.“ So schaut’s nämlich aus, auch im Blank. Das Buch übrigens handelt davon, dass man sich nicht einlullen lassen sollte von jenen Stimmen, die behaupten, wir würden schon in der besten aller möglichen Welten leben. Tun wir nicht. Nicht bloß, weil der Sekt auf Eis diesmal nur virtuell serviert wird bei zehn Jahren About Blank.

Den Tulpen im Blank-Garten ist Corona egal Foto: ://about blank

Spenden zum Geburtstag übrigens behält das Blank nicht für sich, sondern leitet sie weiter – an Hilfsprojekte für Künstler*innen und für Geflüchtete. Wir tanzen in einer politischen Welt. In der queeren Berlin-Tragikomödie „Desire Will Set You Free“ legt Nina Hagen im Wohnwagen des About Blank Tarotkarten und deutet die Zukunft. Wir wünschen dem Blank eine ganz phantastische Zukunft und gratulieren von Herzen zu zehn Jahren systemirrelevantem Zauber.

  • Geburtstagsfeier united we blank | never be alone again, Samstag, 25. April, ab 19:59 Uhr bei Facebook.

Die Berliner Clubs haben sich unter #unitedwestream vereint – was bei den Streams eigentlich an Geld übrig bleibt. Nicht nur Clubs, auch Opern und Theater streamen inzwischen online. Die jüngste Corona-Verordnung sieht zwar Lockerungen vor, dem Kulturbetrieb hilft das aber recht wenig.

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