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Eisbaden im Strandbad Tegelsee: Ein frostiges Vergnügen

Ein paar Mutige treffen sich regelmäßig zum Eisbaden im Strandbad Tegelsee. Sie trotzen der Kälte und stürzen sich ins Wasser. Unsere Autorin war dabei und hat den Sprung ins eiskalte Wasser gewagt. Ob sie durchgehalten hat und wie ihre Erfahrung mit dem frostigen Vergnügen war, lest ihr hier.

Das Strandbad Tegelsee öffnet auch im Winter seine Tore. Immer Sonntags von 11 bis 16 Uhr. Foto: Lisa Levkic
Das Strandbad Tegelsee öffnet im Winter seine Tore zum Eisbaden: immer Sonntags von 11 bis 16 Uhr. Foto: Lisa Levkic

Eisbaden im Strandbad Tegelsee: Bloß kein Rückzieher

Ich muss zugeben, auf dem Weg nach Tegel kommen mir ernsthafte Zweifel an meinem Verstand auf. Wieso zur Hölle hatte ich mich freiwillig an einem Sonntag dazu bereit erklärt anderthalb Stunden Fahrtweg auf mich zu nehmen, um in eiskaltes Wasser zu springen? Schlecht gelaunt mit meinem Januar-Blues und einem Rucksack bepackt, in dem Handtuch und Bademantel verstaut sind, mache ich mich auf den mir endlos erscheinenden Weg. Dank Ersatzverkehr auf der U6 steige ich ganze viermal um, der letzte Bus fährt mir vor der Nase weg. 20 Minuten warten in Alt-Tegel an einem verregneten Sonntagmittag – sehr trist, auch wenn es viele schöne Ecken in Tegel gibt.

Ich steige irgendwo im Nirgendwo aus dem Bus aus und irre durch die Straßen. Hier fühle ich mich nicht wie in Berlin, sondern wie in Brandenburg. Dann geht’s auch schon direkt in den Wald hinein, ich haste Hügel hinauf und hinab, um in letzter Minute und doch noch pünktlich um 13 Uhr am Strandbad Tegelsee anzukommen, das seit 2021 wieder geöffnet ist. Meine Kollegin erwartet mich schon, es bleibt keine Zeit mehr, um mir Gedanken über einen Rückzieher zu machen.

40 mutige Menschen trotzen der Kälte im Strandbad Tegelsee

Oliver Andrees gibt eine Einführung in die Kunst des Eisbadens. Noch sind alle entspannt... Foto: Lisa Levkic
Oliver Andrees gibt eine Einführung in die Kunst des Eisbadens. Noch sind alle entspannt. Foto: Lisa Levkic

Schnell meine Kontaktdaten aufschreiben und dann darf ich mich, wie sollte es auch anders sein, auf den letzten freien Platz in der ersten Reihe setzen. Als ich mich umgucke, bemerke ich, dass hier ganz schön was los ist. Mindestens 40 andere mutige Eisbader:innen sind schon da. Vorne steht Oliver Andrees. Er wird uns eine Einführung in das Eisbaden geben, inklusive Atemtechniken. Auch er ist sichtlich überrascht von dem regen Zulauf.

Es braucht einen langen Atem beim Eisbaden

Um die eiskalten Sekunden und Minuten im Wasser auszuhalten, braucht es einen langen Atem. Wir starten mit einer Atemtechnik a là Wim Hof. Noch warm eingepackt und sitzend geht’s mit den anderen Mutigen an die Atemübung: 30 mal ein- und ausatmen, dann gestaffelt jeweils eine Minute , anderthalb Minuten und zwei Minuten die Luft anhalten um dann nochmal tief einzuatmen und wieder für 15 Sekunden die Luft anzuhalten, bis befreiend ausgeatmet werden darf. Es hört sich kompliziertes an, als es ist. Ich halte nur schlappe 45 Sekunden Luftanhalten aus, merke aber trotzdem, wie mein Körper und Atem sich immer mehr beruhigen. Und genau darauf kommt es später im Wasser an.

Der Horstdance zum Warm werden. Oliver Andrees weiß die Leute zu motivieren. Foto: Lisa Levkic
Der Horstdance zum Aufwärmen. Denn ein kalter Körper sollte nicht ins kalte Wasser. Foto: Lisa Levkic

Anschließend sollen alle aufstehen, es folgt der Aufwärm-Horstdance. Denn die goldene Regel laut Andrees besagt: „Niemals von kalt zu kalt ins Wasser gehen.“ Er weiß die Leute zu motivieren: Es wird sich in die Knie gehockt und nach rechts und links gedreht, begleitet von lauten „Uh“- und „Oh“-Schreien, damit auch wirklich alle warm werden.

Dann geht es „endlich“ zum Strand. Ich würde mich am liebsten verstecken oder wegrennen, doch ich gehe tapfer weiter. Ich schäle mich aus meinen zwei bis drei Schichten und bekomme glatt die Kälte zu spüren. Jetzt noch ins Wasser springen? Das kann ja was werden. Aber, was mich wirklich mitzieht und nicht umkehren lässt, sind die anderen Mitstreiter:innen um mich herum. Begleitet von heiterem Gegröle geht es los. Das Ziel: drei Minuten gemeinsam im Wasser bleiben.

„Wenn die das überleben, überlebe ich das auch“

Circa 40 mutige Freiwillige trauen sich am Sonntag Vormittag in den ein Grad kalten Tegeler See. Foto: Lisa Levkic
Circa 40 mutige Freiwillige trauen sich am Sonntag Vormittag in den ein Grad kalten Tegeler See. Foto: Lisa Levkic

Kurz denke ich:„ Ach so schlimm kann es ja nicht werden, wenn alle so motiviert ins Wasser gehen“. Aber nach zwei Schritten denke ich schon ans Umkehren. Das Wasser ist kalt, eiskalt. Ich spüre meine Füße nach den ersten Sekunden nicht mehr, aber ich zwinge mich, weiterzugehen. Ich kann ja nicht umdrehen wenn alle anderen noch rein marschieren. Also geht es weiter, ich versuche mich auf meinen Atem zu konzentrieren, immer schön ans Ausatmen denken – so wie ich es eben gelernt habe.

Ich frage mich ob ich jetzt ohnmächtig werde, beruhige mich damit, dass die anderen um mich herum ja auch noch stehen. Wenn die das überleben, überlebe ich das auch. Nach etwa sieben Metern Marsch ins Wasser bin ich am Limit. Ich blicke zufällig einer Mitstreiterin direkt in die Augen. Zum Glück kehrt sie um, denn nun habe ich das Gefühl, jetzt darf ich das auch. Ich tunke der Vollständigkeit halber einmal meinen Oberkörper unter Wasser und dann stampfe ich schreiend ans Ufer. Aus der Ferne höre ich jemanden die Zeit ansagen: 30 Sekunden habe ich geschafft.

Eisbaden im Strandbad Tegelsee garantiert gute Laune

Stolz wie Bolle. 30 Sekunden Eisbaden im Strandbad Tegelsee können viel bewirken, gute Laune zum Beispiel. Foto: Lisa Levkic
Stolz wie Bolle. 30 Sekunden Eisbaden im Strandbad Tegelsee können viel bewirken, gute Laune zum Beispiel. Foto: Lisa Levkic

Holla die Waldfee! Das war zwar krass, aber so kritisch und unmotiviert ich anfangs auch gewesen sein mag, es hat sich gelohnt, wirklich! Meine schlechte Laune war für den restlichen Tag verflogen und ich habe mich so wach und vital gefühlt wie lange nicht mehr im grauen Januar. Zurück am Badestrand taue ich langsam wieder auf, freue mich über meinen kuschligen Bademantel und bin in einer Art glückseligen Trance. Voller Bewunderung blicke ich auf die anderen, von denen viele drei Minuten lang, einige sogar noch länger, durchhalten.

Dann packe ich mich wieder in meine gemütlich wärmenden Schichten ein, trinke den heißen Tee, den mir meine liebe Kollegin mitgebracht hat und fühle mich auf einmal sehr, sehr wohl. Ich freue mich auf meine Waffel als Belohnung, die es am Kiosk zu kaufen gibt. Kaffee gibt es auch dazu, das ganze wird dann an der wärmenden Feuerschale genossen. Ich bin tiefenentspannt und gut gelaunt. Selbst Nieselregen und der lange Heimweg können mir nichts mehr anhaben.

Fazit: Das Eisbaden im Strandbad Tegelsee eignet sich für Profis, die Gleichgesinnte suchen, aber auch für Einsteiger:innen ohne Erfahrung. Vor allem die Einführung ist hilfreich, und die Gruppendynamik verhindert den Rückzieher. Wer Abwechslung und einen Gute-Laune-Schub an tristen Wintertagen sucht, der ist beim Eisbaden genau richtig. Neben Badeanzug, einem großen Handtuch, warmer Kleidung und einer Kanne Tee sollte man aber vor allem eins mitbringen: viel Mut.

  • Eisbaden im Strandbad Tegelsee Schwarzer Weg 95, Tegel, Eisbaden immer sonntags um 13 Uhr, Eintritt frei, Website

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