Berlin-Fragen

Schwimmen in der Spree: Was erlaubt und was geplant ist

Im Sommer hat Berlin eine besondere Energie. Es ist warm, wir fühlen uns frei, vergessen kurz die Sorgen, lassen los, lassen uns treiben. Auf der Spree, dem Landwehrkanal oder einem der vielen Seen der Stadt. Und wenn es warm genug ist, geht es gleich kopfüber ins kühle Nass. Schade nur, dass Berlins größtes und wichtigstes Fließgewässer, die Spree, nicht zum Baden geeignet ist. Die Wasserader unserer Stadt ist zu schmutzig. Aber stimmt das eigentlich wirklich? Macht uns das Spreewasser krank? Oder haben wir realistische Aussichten auf spritzige Sommer am Spreeufer?

schwimmen in der Spree Das glitzernde Wasser ist bei Hitze einfach zu verlockend. Theoretisch ist das Schwimmen in der Spree mancherorts auch erlaubt, kann jedoch ein Gesundheitsrisiko darstellen.
Das glitzernde Wasser ist bei Hitze einfach zu verlockend. Theoretisch ist das Schwimmen in der Spree mancherorts auch erlaubt, kann jedoch ein Gesundheitsrisiko darstellen. Foto: Imago/Held

Schwimmen in der Spree: Nicht grundsätzlich verboten

Die Spree, Berlins wichtigster Fluss, entspringt in Sachsen, durchfließt Teile von Tschechien, schlängelt sich durch Brandenburg und den Spreewald und schließlich durch unsere schöne Stadt. Knapp 400 Kilometer ist das Gewässer lang und an seiner tiefsten Stelle, im Müggelsee, rund acht Meter tief. An einigen Stellen, wo sich der Fluss zu großen, ruhigen Wasserflächen verbreitert, ist das Schwimmen in der Spree normal. Und auch andernorts darf man gemäß der Polizei Berlin in der Spree baden – allerdings unter Auflagen. Gemäß der Pressestelle der Polizei Berlin ist die Spree „im Schleusenbereich“, „im Arbeitsbereich von schwimmenden Geräten“ und an Stellen, an denen ein Schild für Bade- oder Schwimmverbot hängt, für Wasserratten tabu. Darüber hinaus müssten sich Schwimmende so verhalten, „dass ein in Fahrt befindliches Fahrzeug oder ein Verband nicht behindert wird“.

Dem Schwimmvergnügen steht also vielerorts nichts im Weg, oder? Viele dürften angesichts des nicht gerade sauber anmutenden Spreewassers trotzdem noch zögern. Während der Corona-Pandemie sind viele Berliner Gewässer durch die fehlende Umweltbelastung zwar klarer geworden. Doch erstens war diese Verschnaufpause für die Natur nur von kurzer Dauer. Und zweitens ist klar nicht mit sauber gleichzusetzen. Die meisten gesundheitsgefährdenden Verunreinigungen sind unsichtbar. Macht und das Spreewasser also wirklich krank?

schwimmen in der Spree Ab der Elsenbrücke ist das Wasser der Spree laut dem KWB mit Vorsicht zu genießen.
Ab der Elsenbrücke ist das Wasser der Spree laut dem KWB mit Vorsicht zu genießen. Foto: Imago/Camera 4

Das Schwimmen in der Spree kann erhebliche Risiken bergen

Offizielle Berliner Badegewässer werden während der Schwimmsaison zweiwöchentlich getestet. Da die Spree jedoch kein Badegewässer ist, finden Testungen unregelmäßiger statt. In Teilen der Spree wurden jedoch auch in der jüngeren Vergangenheit Messungen durchgeführt, vom Berliner Senat etwa und vom Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB). Die letzten Daten zur Wasserqualität der Spree überraschen: „Die Wasserqualität in der Vorstadtspree ist im Allgemeinen aus hygienischer Sicht gut“, sagt Andreas Matzinger vom KWB auf Anfrage. Der „Stadteinfluss“ mache sich erst im weiteren Verlauf des Flusses, flussabwärts der Elsenbrücke bemerkbar.

Den größten Negativeinfluss auf das Spreewasser hätten Starkregenereignisse, zum Beispiel Sommergewitter, so Matzinger, während derer es zu Überläufen der Kanalisation komme. Nachdem das Berliner Abwasser in die Spree gelangt ist, dauert es im Sommer einige Tage, bis sich die Qualität des Wassers wieder erholt hat. „Die Wasserqualität der Spree ist also stark wetterabhängig.“

Standardmäßig werden die Konzentrationen von Kolibakterien und Enterokokken untersucht, um die Belastung eines Gewässers einzuschätzen. Beide Bakterienarten kommen auf natürliche Weise im menschlichen Darm vor, können bei einer zu hohen Konzentration allerdings Gesundheitsrisiken darstellen. Matzinger vom KWB warnt daher: „Es gibt immer wieder Situationen, in denen das Baden in der Spree ein erhebliches Risiko birgt, etwa nach Starkregen.“ Das Gute sei jedoch, dass diese Belastungen nicht zufällig auftreten und somit vorhersagbar sind. Auch chemische Stoffe belasten laut Matzinger die Spree. Diese stellten jedoch kein akutes Gesundheitsrisiko für Badende dar.

Initiative Flussbad Berlin: Planschen in der Spree ab 2024?

schwimmen in der Spree Modell eines künftigen Berliner Sommers: Flussbad Berlin ist optimistisch, dass ab 2024 in einem Teilanschnitt des Spreekanals bereits geplanscht werden kann.
Modell eines künftigen Berliner Sommers: Flussbad Berlin ist optimistisch, dass ab 2024 in einem Teilanschnitt des Spreekanals bereits geplanscht werden kann. Bild: (c) Adrian König / realities:united / flussbad berlin e.V.

Wie unbedenklich oder risikobehaftet eine Abkühlung in der Spree also wirklich ist, ist sehr unterschiedlich. Ein heißer Berliner Sommertag, dem wir spontan entkommen können, indem wir uns vom Spreeufer in die kühl aussehenden Fluten fallen lassen, muss trotzdem kein Wunschtraum bleiben.

Die Initiative Flussbad Berlin möchte einen Teil des Flusses wieder sicher für Badende machen. Ein 840 Meter langer Teilabschnitt des Spreekanals zwischen dem Schloßplatz und Bode-Museum soll wieder zu einem Ort der Erholung werden und „eine hygienisch unbedenkliche und ökologische Wasserqualität aufweisen“, heisst es seitens Flussbad Berlin. Es ist noch gar nicht so lange her, dass dies teilweise Realität war. Vor rund 120 Jahren bestand nahe des Humboldt Forums eine der prächtigsten Flussbadeanstalten Berlins. 1924 musste sie leider aus Gründen der Verunreinigung schließen.

Die Vorbereitungen des Projekts Flussbad Berlin laufen seit 2019. Geplant ist, den Teilabschnitt des Spreekanals mittels ökologische Pflanzenfilter zu reinigen. Bei Überläufen der Mischwasserkanalisation soll punktuell zudem eine Desinfektionsanlage mit UV-Strahlung Abhilfe schaffen. Erste Versuche belegen laut Flussbad Berlin, dass diese Kombination eine „durchgehend ausreichende Wasserqualität“ gewährleisten kann. Das Projekt wird vom Berliner Senat unterstützt und soll rund 70 Millionen Euro kosten.

Doch nicht nur die Kosten stellen für die Initiator:innen von Flussbad Berlin eine Hürde dar. Im Projektgebiet befinden sich eine Reihe von Denkmälern, die partiell unter Denkmalschutz stehen oder sogar zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen. Dazu gehören unter anderem die Museumsinsel, die Jungfernbrücke, das historische Staatsratsgebäude der DDR und die Schlossbrücke am Humboldt Forum. Einige Optionen für bauliche Umstrukturierungen mussten von Flussbad Berlin daher geprüft werden. Im Sinne des Denkmalschutzes sind nun Freitreppen ins Wasser am Humboldt Forum und an der Hochschule ESMT geplant, die sich am Schlossplatz befindet. Einen weiteren Wasserzugang soll es zudem am nördlichen Ende des Spreekanals geben.

Geplanter Schwimmbereich an der James-Simon-Galerie. Bild: (c) Adrian König / realities:united / flussbad berlin e.V.

Falls es keine Verzögerungen mehr gibt, ist Flussbad Berlin optimistisch, dass ab 2024 in einem Teilanschnitt des Spreekanals bereits geplanscht werden kann. Bis dahin müssen wir wohl dem Bedürfnis, an einem hitzigen Großstadttag einfach eins mit den Fluten der Spree zu werden, weiter widerstehen.

Andreas Matzinger vom Kompetenzzentrum Wasser Berlin verweist in diesem Zusammenhang noch auf eine weitere „Besonderheit“ der Spree, die der Wasserqualität nicht gerade zuträglich ist: „Im Vergleich zu anderen europäischen Großstadtflüssen führt die Spree im Sommer relativ wenig Wasser und fließt sehr langsam“, sagt er. Einfließendes Abwasser könne dadurch weniger stark verdünnt werden. Laut Matzinger bildet die Spree hier einen Sonderfall innerhalb Deutschlands. Die Pariser Seine und die Londoner Themse hätten jedoch ähnliche Probleme.

Die Umstände seien im Landwehrkanal übrigens ähnlich. Dieser fließe sogar noch langsamer als die Spree. „Vom Schwimmen im Landwehrkanal raten wir daher dringend ab.“


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