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Uckermark zwischen Tradition und Gentrifizierung: Bildband der Fotografin Isabel Kittler

Seen, Wiesen und Wälder: Die Uckermark ist ein Sehnsuchtstort. Kaum eine deutsche Region ist so dünn besiedelt und so ursprünglich wie der Nordosten Brandenburgs, der sich in den Jahren nach dem Mauerfall zu einer vermeintlichen „Toskana des Nordens“ verwandelte. Die Fotografin Isabel Kittler pendelt seit 20 Jahren zwischen Berlin und der Nordwestuckermark, in ihrem Fotoband „Uckermark“ versammelt sie eindrucksvolle Bilder, die die Schönheit des Landstrichs zeigen aber auch überraschende Perspektiven eröffnen.

Blick auf Holzendorf. Aus dem Bildband "Uckermark", Edition Braus, 2022. Foto: Isabel Kittler
Blick auf Holzendorf. Aus dem Bildband „Uckermark“, Edition Braus, 2022. Foto: Isabel Kittler

„An der Uckermark faszinieren mich die Landschaft und die Ruhe an den Wochenenden“

„An der Uckermark faszinieren mich die Landschaft und die Ruhe an den Wochenenden, aber vor allem die Ursprünglichkeit der Menschen, deren Hilfsbereitschaft und Einfachheit, gerade nach einer Arbeitswoche im schnoddrigen und lauten Berlin“, sagt Isabel Kittler. Die 1966 geborene Fotografin lernte das Handwerk an der renommierten Ostkreuzschule und entdeckte die Uckermark, als noch nicht jeder zweite Großstädter von einem eigenen Refugium im Umland träumte.

Irgendwann zogen immer mehr naturhungrige Berliner und Berlinerinnen in die ruhigen Dörfer der Uckermark, wo man wandern, baden und mit Eseln wandern kann. „Ich bin seit 20 Jahren so gut wie jedes Wochenende draußen, auch in den Ferien, genieße die Natur, bin aber auch im Dorf aktiv. Wir organisieren Feste und planen kleine Bauprojekte fürs Dorf. Schon länger fotografiere ich bei all diesen Aktionen, sei es die Treibjagd oder das Schlachten und bin nach wie vor davon fasziniert, wie hier Traditionen und Bräuche weitergetragen werden.“

Vater Schubbe, Schapow. Aus dem Bildband "Uckermark", Edition Braus, 2022. Foto: Isabel Kittler
Vater Schubbe, Schapow. Aus dem Bildband „Uckermark“, Edition Braus, 2022. Foto: Isabel Kittler

Wer öfter in Brandenburg unterwegs ist, weiß wie viele Entdeckungen man machen kann: alte Bunkeranlagen im Wald, Künstlerhäuser am See, Nazi-Villen und mittelalterliche Kirchen. Oft findet man diese Orte nur zufällig, auch Kittler lässt sich bei der Suche nach ihren Motiven treiben: „Ich setze mich ins Auto, fahre planlos herum und wenn ich ein interessantes Stilleben, eine verfallene Scheune oder ein altes Gutshaus sehe, mache ich Bilder. Daraus ist auch meine Ausstellung „Das Dorf“ im Seminar der Ostkreuzschule für Fotografie entstanden.“

Heute ist auch die Uckermark, so wie viele Kieze in Berlin, von der Gentrifizierung betroffen. Neben den obligatorischen Touristen, zieht es vor allem Akademiker aus den alten Bundesländern in die Idylle, daher auch der Toskana-Vergleich. Schließlich gilt die italienische Region als beliebter Standort für Häuser von Ärzten, Verlegern und Architekten, die sich zwischen den Weinbergen stilvoll einrichten.

Gentrifizierung in der Uckermark

Die Uckermark erlebt einen ähnlichen Prozess und unter den Altbewohnern ist etwas sarkastisch von den „Prenzlauerbergern“ die Rede. Die neuen Nachbarn mischen sich mal mehr und mal weniger erfolgreich unter die Einheimischen. Menschen mit schlesischen Wurzeln, Bauern, kinderreiche Familien, viele Alte, Geringverdiener, Arbeitslose. Auch an diesen Veränderungen und sozialen Reibungen ist Kittler interessiert.

Schapow. Aus dem Bildband "Uckermark", Edition Braus, 2022. Foto: Isabel Kittler
Schapow. Aus dem Bildband „Uckermark“, Edition Braus, 2022. Foto: Isabel Kittler

„Durch die zunehmende Anzahl Zugezogener und die zum Teil daraus entstehenden Probleme verstehe ich mein Buch als eine fotografische Liebeserklärung an die Uckermark und ihre Einheimischen. Mir ist aufgefallen, dass viele Hauskäufer und Wochenendausflügler von der Uckermark schwärmen, aber nie ist die Rede von den Menschen dort, es sei denn, man stempelt sie als AfD-Sympathisanten oder ‚alte Ossis‘ ab“, sagt Kittler.

Das Thema erörtert auch die in Berlin und Brandenburg lebende Journalistin und Autorin Judka Strittmatter im Vorwort zu Kittlers Bildband. Für die Fotografin sind vor allem die Begegnungen mit den Menschen die eindrücklichsten Uckermark-Erfahrungen: „Im Buch gibt es ein Foto von meinem inzwischen verstorbenen Nachbarn, durch ihn habe ich viel über die Geschichte unseres Dorfes und der aus Schlesien Vertriebenen erfahren.“

Hühner schlachten in Zernikow. Aus dem Bildband "Uckermark", Edition Braus, 2022. Foto: Isabel Kittler
Hühner schlachten in Zernikow. Aus dem Bildband „Uckermark“, Edition Braus, 2022. Foto: Isabel Kittler

Doch so wichtig die Menschen und ihre Geschichten sind, ist Kittlers Bildband natürlich auch eine Liebeserklärung an die Schönheit der Natur. Sie fotografiert schneeverwehte Heuballen auf kargen Feldern, saftig grüne Wiesen und Rehe in Weizenfeldern. Es ist eine visuelle Reise ins Herz der Ucklermark, ein Buch, dass dazu anregt, sich der Region mehr zu öffnen und ihr mit einem anderen Bewusstsein zu begegnen. Jenseits der Romantisierungen von Touristen und Begehrlichkeiten von Immobilienkäufern.

Lieblingsort in der Uckermark

Zum Schluss verrät uns die Fotografin noch ihren Lieblingsort in der Uckermark: „Das ist zweifellos ein Antiquariat in Fürstenwerder. Bei Nils im Buchladen bekommt man guten Kaffee, kann sich mit Lektüre versorgen oder einfach nur mit den anderen Gästen plaudern. Im Ort gibt es zwei schöne Seen, die Reste einer Stadtmauer, kleine Ateliers und einen guten Bäcker.“

UckermarkFotografien von Isabel Kittler mit einem Text von Judka Strittmatter, Braus, Deutsch/Englisch , Hardcover, Format: 24 x 21cm, 96 Seiten, 84 Fotografien, 20 Euro


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