• Ausflüge
  • Nachtzug Berlin – Stockholm: Sonnenaufgang überm Meer

Ausflüge

Nachtzug Berlin – Stockholm: Sonnenaufgang überm Meer

Die schwedische Hauptstadt ist zu jeder Jahreszeit eine Reise wert – besonders empfehlenswert ist die Anreise nach Stockholm mit dem Nachtzug ab Berlin. Auf der malerischen Strecke gibt es neuerdings sogar gleich zwei Verbindungen. Wir verraten euch, wie diese sich unterscheiden, wie ihr am besten bucht und ob sich der Aufpreis für einen Platz im Liegewagen lohnt.

Nachtzug zwischen Stockholm und Berlin: Die alten Wagen des Snälltåget-Nachtzugs verströmen Retro-Charme. Foto: Imago/TT/Nilsson Nils Petter/Aftonbladet

Früher ging es im Nachtzug von Berlin mit der Fähre nach Stockholm

Die Berlin-Stockholm-Connection ist eigentlich gar nicht neu, Nachtzüge verbinden die beiden Städte schon seit 1955. Bis vor wenigen Jahren war die Fahrt von Berlin nach Stockholm allerdings noch um Einiges spektakulärer, als sie es jetzt ist. „Sassnitz-Express“ und „Nils Holgersson“ hießen die Züge, denn in Sassnitz auf Rügen, ganz im Norden von Ostdeutschland, rollten sie nachts auf eine Fähre. Die brachte den ganzen Zug samt Passagieren dann über die Ostsee nach Schweden, wo die Waggons wieder aufs Festland und weiter in die schwedische Hauptstadt zuckelten. 2019 wurde der Fährbetrieb jedoch eingestellt, und dann kam auch noch Corona: Für knapp zwei Jahre gab es also keine Möglichkeit mehr, die Strecke Berlin-Stockholm nachts auf Schienen zurückzulegen (zumindest ohne Umsteigen).  

Doch das private schwedische Unternehmen Snälltåget, das die Verbindung seit 2012 betreibt, ließ sich von der fehlenden Eisenbahnfähre nicht beirren, und lässt seine alten, bunten Wagen jetzt einfach über Hamburg, Kopenhagen und Malmö statt über die Ostsee fahren. Zwar müssen Fahrgäste jetzt auf den Seegang verzichten, der sie in den Schlaf wiegt, können dafür aber je nach Belieben auch erst in Hamburg zusteigen oder bereits in Dänemark wieder aussteigen.   

Die Fähren zwischen Rügen und Schweden transportieren inzwischen keine Züge mehr. Foto: Imago/Zoonar.com/Andreas Altenburger

Anderswo wünscht man sich sehnlich wieder eingestampfte Nachtzugverbindungen zurück – nach Stockholm kann man von Berlin aus gleich mit zwei verschiedenen Anbietern fahren. Seit 2023 macht die schwedische Staatsbahn SJ dem privaten Anbieter Snälltåget Konkurrenz. Klingt absurd und sorgt für einige Verwirrung beim Fahrkartenkauf, aber beschweren kann man sich nicht über ausreichend Nachtzug-Kapazitäten.  

Nachtzug nach Stockholm: Früh buchen lohnt sich

___STEADY_PAYWALL___

Ärgerlich ist es aber schon, wenn man so wie ich erst nach dem Fahrkartenkauf feststellt, dass es auch eine viel billigere Fahrtmöglichkeit gegeben hätte. Also unbedingt vor dem Buchen die Verbindungen sowohl von Snälltåget als auch von der Staatsbahn SJ vergleichen! Und wie immer beim (Nacht-)Zugbuchen gilt: So früh wie möglich buchen, dann hat man noch recht gute Chancen auf günstige Tickets. Ein Sitzplatz mit dem Snälltåget geht bei umgerechnet circa 45 Euro los, einen Platz im Liegewagen gibt es ab 90 Euro. Wer mit SJ fährt, kann ab 45 Euro im Sitz- und ab 65 Euro im Liegewagen fahren. Schlafwagen gibt es in beiden Zügen auch, dafür muss man dann aber, wie bei den meisten Nachtzügen, etwas tiefer in die Tasche greifen. 

Auf den letzten Metern mit dem Nachtzug kann man aus dem Fenster das wunderschöne Altstadt-Panorama von Stockholm genießen. Foto: Wikimedia Commons/Bengt Oberger

Beide Verbindungen unterscheiden sich auch ansonsten nicht großartig: Während Snälltåget seine Züge zwischen der deutschen und der schwedischen Hauptstadt nur von April bis Anfang November fahren lässt (mit Ausnahme von Samstag täglich), verkehrt SJ das ganze Jahr über auf der Strecke, und das auch an Samstagen. Die SJ-Züge fahren ungefähr drei Stunden früher ab als die des privaten Snälltåget-Konkurrenten, und kommen sogar circa vier Stunden früher in Stockholm an. Dafür wird der frühere Ausstieg in Kopenhagen oder Malmö dann zur Nacht-und-Nebel-Aktion. Im Snälltåget hat man dagegen den ganzen Vormittag Zeit, um die schwedische Landschaft an sich vorbeirauschen zu lassen. 

Weil 160 Euro für einen Platz im Liegewagen in meinem Reisebudget nicht drin sind, fahre ich die Strecke im Sitzwagen, und zahle dafür leider immer noch 90 Euro (und sehe dann kurz später, dass ich dieselbe Strecke mit SJ auch für 100 Euro im Liegewagen bekommen hätte – naja.) Je nach Reisezeit und Charakter der Fahrgäste kann eine Nachtzugfahrt ohne Bett gar nicht mal so schlecht sein. Wenn zum Beispiel der Platz neben einem noch frei ist und man sich zumindest etwas ausbreiten kann, und wenn einen zudem keine lauten und anstrengenden Mitreisenden wach halten. Auf beides hoffe ich, als der Zug kurz vor Mitternacht in den Bahnhof einrollt (ich steige nämlich erst in Hamburg zu). Mit beidem werde ich aber auch direkt enttäuscht: Der Großraumwagen ist schon gut voll mit Reisenden aus Berlin, die letzten freien Plätze füllen wir Hamburger Zugestiegene auf.  

Der Speisewagen namens Krogen ist stilvoll eingerichtet und deshalb auch sehr beliebt. Foto: Paula Schöber

Platz habe ich also schonmal nicht besonders viel, und leider hält Snälltåget es nicht für nötig, nachts die grelle Beleuchtung im Sitzwagen zu dimmen. Gut, dass ich ohnehin eine Schlafmaske dabei habe, schließlich fahre ich von Stockholm später noch weiter in den hohen Norden, wo die ganze Nacht durch die Mitternachtssonne scheint. So weit, so gut, immerhin dunkel habe ich es also dank Schlafmaske – die Hoffnung von den leisen Mitreisenden erfüllt sich aber leider nicht. Im Vierer hinter mir fährt eine Familie mit gestörtem Schlafrhythmus und einem extrem aufgeweckten und lauten Kind. Ab vier Uhr morgens ist an Schlaf nicht mehr zu denken. 

Ohne Reservierung im stilvollen Speisewagen geht man leer aus

Immerhin geht um diese Zeit schon langsam die Sonne auf. Um halb sechs überqueren wir dann die Öresund-Brücke und fahren übers glitzernde Meer der aufgehenden Sonne entgegen. In Malmö heißt es leider: umsteigen, denn aus irgendeinem Grund fährt der Snälltåget nicht immer direkt nach Stockholm durch. Um halb acht Uhr packe ich also Nackenkissen, Ohropax und Schlafmaske zusammen und gönne mir im Bahnhof erstmal eine echte schwedische Zimtschnecke. 

Auf der Fahrt nach Stockholm bietet sich einem vor dem Zugfenster eine Bilderbuch-Landschaft. Foto: Imago/ryhor Panthermedia

Eine Stunde später sitze ich im nächsten Zug, der mich von Malmö nach Stockholm bringt. Im stilvollen Speisewagen, dem Krogen, hole ich mir dann einen Filterkaffee. Mehr ist leider nicht drin, denn wer im Krogen tatsächlich sitzen und frühstücken will, der sollte dringend vorher reservieren – und das habe ich natürlich verpennt. Also mache ich es mir mit dem Kaffee im Pappbecher wieder auf meinem Platz bequem, und lasse die südschwedische Landschaft an mir vorbeiziehen, die aussieht wie im Bilderbuch: grüne Wiesen, blaue Seen, und dazwischen immer wieder ein einzelnes rot gestrichenes Schwedenhaus. 

Trotz Rückenschmerzen und Schlafmangel bin ich spätestens bei diesem Anblick schon wieder davon überzeugt, dass das Reisen mit dem (Nacht-)Zug mit Abstand die schönste, aufregendste und romantischste Art zu reisen ist. Statt nach drei Stunden unnötiger Wartezeit am Flughafen in einen engen Flieger zu steigen, und schon nach anderthalb Stunden Flugzeit etwas desorientiert in Stockholm auszusteigen, kann ich entspannt in Berlin oder Hamburg in den Zug steigen (nächstes Mal dann im Liegewagen), mich ganz allmählich und bewusst meinem Ziel nähern, während die Landschaft sich vor meinem Fenster langsam verändert, und meine Ohren sich schon an die neue Sprache gewöhnen können, die immer mehr Passagiere um mich herum sprechen. So bin ich geistig schon voll auf die schwedische Hauptstadt eingestellt, als der Zug gegen Mittag bei schönstem Wetter in den stattlichen Bahnhof Stockholm Centralstation einfährt. 

  • Snälltåget fährt täglich außer samstags zwischen Berlin und Stockholm, Abfahrt ab Berlin 21:10 (Achtung: Stand August 2024 fährt der Zug aufgrund von Bauarbeiten auf der Strecke Berlin-Hamburg schon etwas früher ab), ab Hamburg 23:59, Ankunft in Kopenhagen (København Ørestad) 07:00, in Malmö 07:25, in Stockholm 13:20, Sitzwagen ab ca. 45 Euro, Liegewagen ab ca. 90 Euro, Schlafwagen (nur als ganzes Abteil buchbar) ab ca. 400 Euro, Infos und Tickets gibt es hier
  • SJ fährt täglich zwischen Berlin und Stockholm, Abfahrt ab Berlin 18:37 (Achtung: Stand August 2024 fährt der Zug aufgrund von Bauarbeiten auf der Strecke Berlin-Hamburg schon deutlich früher ab), ab Hamburg 22:03, Ankunft in Kopenhagen (Koebenhavns Lufthavn st) 03:36, in Malmö 03:59, in Stockholm 09:57, Sitzwagen ab ca. 45 Euro, Liegewagen ab ca. 65 Euro, Schlafwagen ab ca. 175 Euro, Infos und Tickets gibt es hier

Mehr zum Thema

Euch zieht es nach Budapest, Wien oder Brüssel statt in den Norden? Hier haben wir für euch alle Nachtzugverbindungen ab Berlin zusammengestellt. Ein Nachtzug-Ausflug ist zu teuer und ihr habt nicht so viel Zeit? Eine Fahrt mit der frisch restaurierten historischen S-Bahn lohnt sich genauso. Außerdem hat das Berliner Umland zahlreiche schöne Ausflugsziele zu bieten: Hier sind unsere Empfehlungen. Ihr wollt nicht weit fahren, aber trotzdem was entdecken? Dann können wir euch unsere Rubrik für Berliner Besucher:innen empfehlen, schließlich wird man schnell blind für Geheimtipps in der Umgebung. Ihr habt euch sattgesehen? Hier findet ihr weitere Tipps für Ausflüge. Ihr wollt euch in der Stadt zurechtfinden? Dann besucht auch die Rubrik zum Nahverkehr in Berlin.

Tip Berlin - Support your local Stadtmagazin