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Grüner Visionär

Gartendirektor Erwin Barth: Berlin ist seinetwegen so grün

Erwin Barth ist ein Name, der in Berlin nicht vielen geläufig ist – zu Unrecht: Er gehört zu den wichtigsten Vertretern der modernen Volksparkbewegung. Als Gartendirektor von Charlottenburg und später von Groß-Berlin prägte der 1880 geborene Lübecker die Berliner Grünflächenlandschaft wie kein Zweiter. Von 1912 bis 1929 wirkte er in der Stadt. Lietzenseepark, Savignyplatz, Volkspark Rehberge, Boxhagener Platz: Diese Orte sind sein Verdienst, viele der berühmtesten und schönsten Grünflächen wurden von Erwin Barth entworfen.

Hierbei ging es ihm immer um freizugängliche und gemeinnützige Alternativen zum harten Stadtalltag. Bis heute machen Barths grüne Vision und seine erhaltenen Werke Berlin zu einer lebenswerteren Stadt. Eine Bilderreise durch ein bewegtes Leben zwischen Natur, Arbeiterschaft und Diktatur.

Porträt von Erwin Barth um 1910 in Lübeck

Erwin Barth mit Anfang 30 in den Lübeckischen Blättern. Foto: Johannes Maass/Wikimedia Commons

Bevor Erwin Barth das grüne Berlin prägte, arbeitete er als Stadtgärtner von Lübeck. In der Hansestadt entwarf der junge Landschaftsvisionär unter anderem den bis heute erhaltenen Marlipark, den Buniamshof und den Schulgarten. Um 1910 würdigten die Lübeckischen Blätter, das Mitteilungsblatt der Lübecker Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit, Erwin Barth für seine soziale Gartenplanung.

Der Stadtgärtner sah seine zentrale Aufgabe in der Schaffung von grünen, frei zugängliche Erholungsflächen für die Arbeiterschaft. In den kommenden Jahren sollte sich Barth als einer der wichtigsten und prägendsten Vertretern der modernen Volksparkbewegung etablieren.

Erwin Barth in Berlin: Gedenktafel am Mierendorffplatz

Eine Gedenktafel am Mierendorffplatz erinnert an den Gartendirektor Erwin Barth. Foto: OTFW/Wikimedia Commons/Attribution-ShareAlike 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0)

Von 1912 bis 1926 wurde Erwin Barth, der seine gärtnerische Ausbildung 1900 an der Königlichen Gärtner-Lehranstalt in Potsdam-Wildpark abgeschlossen hatte, zum Gartendirektor der damals noch eigenständigen Stadt Charlottenburg ernannt. In kürzester Zeit gestaltete er zahlreiche gemeinnützige Grünanlagen wie den Mierendorffplatz, den Goslarer Platz und den Karolinger Platz.

Erwin Barth in Berlin: Der Mierendorffplatz in Charlottenburg wurde zwischen 1912 und 1913 nach Erwin Barths Plänen gestaltet und 1970 originalgetreu rekonstruiert. Foto: Imago/Schöning

Wegweisend war das Schaffen von grünen Oasen, die prachtvolle Gartenkunst mit Funktionalität verbinden. So waren Barths Grünflächen keine Weglabyrinthe durch abgegrenzte Blumenbeete, sondern Erholungsorte in Mitten der Stadt. Kinder durften auf den Wiesen sicher vor dem Verkehr herumtoben, Parkbänke boten Sitzgelegenheiten zur Entspannung und die funktionale Ästhetik stellte keine Einschränkung, sondern eine Erweiterung der Parknutzungsmöglichkeiten dar. Barths Wunsch nach gemeinnützigen Grünflächen hat sich erfüllt. Auch 100 Jahre später sieht man Kinder auf seinen Wiesen spielen, Leute gemütlich entlang seiner Beete spazieren und im Gras liegen.

Erwin Barths Meisterwerk: Der Lietzenseepark

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Blick auf den von Erwin Barth gestalteten Lietzenseepark. Foto: Imago/Emmanuele Contini

Der Lietzensee und der umliegende Lietzenseepark ist eine grüne Oase im urbanen Charlottenburg. Die denkmalgeschütze Gartenanlage, die unter Erwin Barths Leitung rund um den See angelegt wurde, ist eine wunderschöne Jugendstilkomposition. Kaskaden, weitläufige Liegewiesen, alte Trauerweiden, liebevoll gepflegte Blumenbeete, Denkmäler und Skulpturen machen den Park zu einem beliebten Ausflugsziel und zu einem der wichtigsten Repräsentanten der Zeitlosigkeit Barths.

Erwin Barth prägte Berlins Erholungsflächen. Hier sein Gestaltungsplan für den Lietzenseepark. Foto: Imago/piemags archberppie

Erwin Barth in Berlin: Umgestaltung des Savignyplatzes 1926

Der Savignyplatz gehört zu den schönsten Plätzen Berlins und ist bis heute von Erwin Barths gärtnerischen Handschrift geprägt. Die großen Liegewiesen sind Treffpunkt der Nachbarschaft. Junge Leute spielen Bierball auf dem Rasen, Charlottenburger Witwen freuen sich über die Narzissen in den Staudenbeten und Baumliebhaber schätzen das Alter der mächtigen Platanen. Erwin Barth gestaltete den historischen Platz von 1926 bis 1927 in den Kiezerholungsort um, der der Savignyplatz bis heute ist.

Erwin Barth gestaltete den Savignyplatz 1926 in den Garten- und Erholungsplatz um, der bis heute nach der Vision des Gartendirektors genutzt wird. Plan: Erwin Barth/Wikimedia Commons/CC0 1.0 Universal (CC0 1.0)Public Domain Dedication

Erwin Barths Grundriss für den Volkspark Rehberge

Erwin Barth gehört zu den wichtigsten Vertretern der modernen Volksparkbewegung im Deutschen Reich. Groß-Berlin schenkte der Gartendirektor, der von 1926 bis 1929 für die ganze Stadt zuständig war, den wunderschönen Volkspark Jungfernheide, den Volkspark Köpenick, den Volkspark Rehberge und den Volkspark Mariendorf.

Erwin Barths Grundriss für den Volkspark Rehberge zeigen die soziale Vision, nach der der Park errichtet wurde. So sind auf dem Plan reichlich Spielwiesen, Sport- und Spielanlagen wie eine Rodelbahn und eine Kleingartenkolonie zu erkennen. Die Hügellandschaft wurde zum Paradies für Kinder, Spazierende, Radfahrende, Sporttreibende und Entspannende.

Zwischen 1926 bis 1929 wurde nach Erwin Barths Grundriss der Volkspark Rehberge gestaltet. Plan: Erwin Albert Barth/Wikimedia Commons

Die Gestaltung des Parks erfolgte zu Zeiten enormer Berliner Arbeitslosigkeit als Arbeitsbeschaffung. So nahmen bis zu 1200 Arbeitslose an den Gartenarbeiten teil. 296.000 Tagewerke wurden zur Errichtung des Volksparks Rehberge geleistet. Heute ist der Volkspark Rehberge mit seinen Hügeln, Seen, Wiesen, Fahrradwegen, Freilichtbühne, Tanzring, Sporthaus, Stadion und anderen Sport-und Freizeitanlagen nicht mehr aus Berlin wegzudenken. Der multifunktionale Volkspark beeinflusst Stadt- und Gartenplanung noch immer.

Erwin Barth in Berlin: Der Volkspark Rehberge ist bis heute ein beliebtes Ausflugsziel. Die hügelige Landschaft ist der perfekte Ort für Sport, Spaß und Entspannung. Foto: Imago/Arkivi

Erwin Barth als Akademiker

1929 realisierte Barth mit dem Boxhagener Platz in Friedrichshain sein letztes Grünflächenprojekt in Berlin. Im selben Jahr verließ er das Stadtgartenamt und wurde zum ersten deutschen Professor für Gartengestaltung an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin. Bereits vorher hatte der Gartendirektor als Honorarprofessor an der Technischen Hochschule der Stadt unterrichtet.

Ab 1929 unterrichtete Barth an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin und leitete das Institut für Gartengestaltung. Foto: Jörg Zägel/Wikimedia Commons/Attribution-ShareAlike 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0)

Die Tätigkeit als Ordinarius und Direktor des neuen Instituts für Gartengestaltung markierte seinen akademischen Höhepunkt. Neben Barth arbeiteten auch andere bekannte Gartenarchitekten wie Heinrich Wiepking-Jürgensmann (Grün- und Sportflächen Olympischer Platz) und Georg Pniower (Sommerblumengarten im Treptower Park) an der Landwirtschaftlichen Hochschule und prägten eine ganze Generation von aufstrebenden Gartenarchitekten.

Erwin Barths Grab auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf

Doch Erwin Barths akademische Karriere endete abrupt. Am 10. Juli 1933 nahm sich der ehemalige Gartendirektor und Professor im Alter von 52 Jahren das Leben. In seiner Charlottenburger Wohnung wurde kein Abschiedsbrief gefunden. Trotzdem bringen Wissenschaftler:innen und Biografen Barths Suizid mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Verbindung. Auch sein schlechter Gesundheitszustand – Barth erblindete langsam an Katarakt und Glaukom – könnten Gründe für die Wahl des Freitods gewesenen sein.

Letzte Ruhe fand der Gartenvisionär auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf, der nach seiner eigenen Planung in den 1920er-Jahren entstanden war. Barths zeichnerischer Nachlass wird im Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin bewahrt. 1980, zu Barths 100. Geburtstag, wurde sein Grab in Stahnsdorf als Ehrengrab der Stadt Berlin anerkannt. Zu seinem 125. Geburtstag am 28. November 2005 wurde die vorgelagerte Fläche des von ihm gestalteten Lietzenseepark am Kaiserdamm nach ihm benannt. Auf der Wiese picknicken die Menschen gern, Kinder spielen Fangen und Spaziergänger:innen genießen die Natur. Erwin Barths Wunsch nach gemeinschaftlicher Erholung und Freude im Grünen bleibt auch 100 Jahre später noch erfüllt.

Erwin Barth wurde 1933 auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf beigesetzt, den er selbst geplant hatte. Foto: Axel Mauruszat/Wikimedia Commons/Attribution 3.0 Germany (CC BY 3.0 DE)

Erwin Barth: Alle Werke des Gartendirektors in Berlin

Die Werkübersicht zeigt, wie sehr Erwin Barth Berlin geprägt hat. Berlin ist bekannt für seine vielen Grünflächen. Dazu hat Barth mit seiner visionären Planung einen großen Teil beigetragen. Viele der Plätze und Parks des Gartendirektors gehören bis heute zu den schönsten Orten in Berlin.

Der Savignyplatz ist ein beliebter Erholungsort und Kieztreffpunkt mitten in der Stadt. So hat sich das Erwin Barth vorgestellt. Foto: Imago/Sabine Gudath
  • 1912–1913: Goslarer Platz 
  • 1912–1913: Karolingerplatz 
  • 1912–1913: Gustav-Adolf-Platz, heute Mierendorffplatz
  • 1912/1932: Alboinplatz 
  • 1913: Krankenhausgarten des Krankenhauses Westend
  • 1919: Umbau des Schustehrusparks 
  • 1918–1921: Sachsenplatz, heute Brixplatz
  • 1919–1920: Umbau des Lietzenseeparks (mit Heinrich Seeling)
  • 1919–1920: Brixplatz 
  • 1920–1927: Volkspark Jungfernheide 
  • 1920–1926: Wilmersdorfer Waldfriedhof der Stadt Berlin in Stahnsdorf
  • 1921–1922: Friedrich-Karl-Platz, heute Klausenerplatz
  • 1921–1924: Friedhof Heerstraße 
  • 1922: Garten des Hauses Silberstein, Auf dem Grat 24 in Berlin-Dahlem 
  • 1925: Raußendorffplatz am Bahnhof Heerstraße 
  • 1925: Ullrichplatz in Berlin-Mahlsdorf 
  • 1925: Garten des Hauses zur Sonne in Berlin-Kladow 
  • 1925–1930: Landhausgarten für Dr. Max Fraenkel in Berlin-Kladow 
  • 1926–1928: Volkspark Köpenick
  • 1926–1930: Grünanlagen am Luisenstädtischen Kanal, darunter u. a. der Oranienplatz
  • 1926–1929: Volkspark Rehberge 
  • 1926–1927: Umbau des Savignyplatzes 
  • 1926–1927: Umbau des Parkfriedhofs Lichterfelde
  • 1927: Umbau des Koppenplatzes 
  • 1928: Breitkopfbecken in Berlin-Reinickendorf
  • 1928–1929: Volkspark Mariendorf 
  • 1928–1929: Umbau des Kuno-Fischer-Platzes in Berlin-Charlottenburg 
  • 1928–1929: Klemkepark zwischen Klemkestraße im Süden und S-Bahn im Norden in Berlin-Reinickendorf 
  • 1929: Boxhagener Platz 

Mehr Natur

Es ist immer schön, am Lietzensee zu sein. Es gibt aber auch viele andere tolle Orte am Wasser. Entdeckt die Stadt neu: Das sind besondere Spaziergänge in Berlin. Ihr wollt frische Luft schnuppern und die Natur genießen? Wir haben schöne Spaziergänge im Osten Berlins für euch rausgesucht. Lieber im Park rumhängen: Dann aber am besten an einem von diesen tollen Orten. Bei uns findet ihr immer wieder Neues zu den Parks in Berlin. Egal ob kurz in den Park oder zum Wandern weiter raus, auf Türme oder Schlösser oder aufs Wasser – hier findet ihr viele weitere tolle Ausflugstipps für Berlin. Entspannt euch mal: Wir zeigen euch Berlins schönste Liegewiesen.

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