Berlin ist seiner Zeit oft voraus, ist fortschrittlich und modern. Die Uhren der Stadt laufen dabei weiterhin richtig – zumindest meistens. Ob modern oder historisch bedeutend, ob elektrisch, mechanisch oder mit Hilfe von Sonnenlicht und Wasser, ob künstlerisch wertvoll oder schlicht zur Anzeige der Zeit – diese 12 Uhren in Berlin prägen das Stadtbild.
Und sie sind mehr als nur Anzeigen. Die Zeit steht in Wechselwirkung zur kulturellen, technischen und gesellschaftlichen Entwicklung der Menschheit. Die einen nutzen sie, die anderen verschwenden sie, wieder anderen rennt sie davon.
Die Mengenlehreuhr am Europa-Center
Die Berlin-Uhr, auch als Mengenlehreuhr bekannt, wurde 1975 vom Erfinder Dieter Binniger aus Berlin entwickelt und im selben Jahr auf dem Mittelstreifen des Kurfürstendamms, Ecke Uhlandstraße, errichtet. Als „erste Uhr der Welt, die die Zeit mit leuchtenden farbigen Feldern anzeigt“ schaffte es die Berlin-Uhr sogar ins Guinness-Buch der Rekorde.
Für die Anzeige wurden viele Glühlampen benötigt, was die Uhr zu einer sehr kostenspieligen Attraktion machten. Jährlich entstanden umgerechnet etwa 5000 Euro Wartungskosten, die die Binninger GmbH bis zum Tod des Erfinders trug. Da weder die Stadt noch der Bezirk Charlottenburg für die Erhaltung des Uhrbetriebs aufkommen wollten – und auch kaum jemand überhaupt fähig war, die Uhr zu lesen – wurde sie 1995 abgeschalten. Seit 1996 steht sie vor dem Tourist-Information-Center im Europa-Center.
- Berlin-Uhr Europa-Center, Budapester Str. 5, Charlottenburg
Die Sonnenuhr an der Charité
An einigen Gebäuden in Berlin findet man Sonnenuhren. Mit Zifferblatt und Schattenweiser brauchen sie statt Strom und Batterien nur das Licht der Sonne. Dafür sind sie in der viel bebauten Stadt aber meist besonders weit oben angebracht, um so viele Stunden wie möglich einfangen zu können – und werden dadurch oft übersehen. Eine besonders schöne Vormittagssonnenuhr findet man am Giebel des Südflügels eines Gebäudes des Charité-Campus.
Das etwa 200 Jahre alte Relief aus Sandstein zeigt Chronos, die Personifikation der Zeit, als geflügelten Mann mit Sense und zwei Figuren, die sich seiner entwenden wollen. Die rechte Figur hält den Schlangenstab, der Symbol des ärztlichen und pharmazeutischen Standes ist. Das etwa zwei mal zwei Meter große Ziffernblatt mit dem goldenen Stab, dessen Schatten die Uhrzeit bestimmt, zeigt entsprechend seiner Ost-Orientierung vorwiegend die Morgenstunden.
- Charité Campus Mitte Luisenstraße 64, Mitte
Die Uhr der fließenden Zeit im Europa-Center
Die Uhr der fließenden Zeit wurde von Bernard Gitton, einem französischen Physiker und Künstler, entworfen und steht seit 1982 im Europa-Center in Charlottenburg. Die 13 Meter hohe Wasseruhr erstreckt sich über drei Etagen des Einkaufszentrums. Die Zeit wird durch einen Kreislauf von flüssigkeitsgefüllten Glaselementen angezeigt, in der unteren Hälfte schwingt zusätzlich ein Pendel.
Der Ablauf von Minuten und Stunden wird im Zwölf-Stunden-Takt angezeigt. Immer um ein Uhr und um 13 Uhr leert sich das grün-gelb gefärbe Wasser im gesamten System und der Zyklus beginnt von neuem.
- Uhr der fließenden Zeit Europa Center, Tauentzienstraße 9-12, Charlottenburg
Die Turmuhren der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche
Bei einem britischen Luftangriff auf Berlin wurde die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche stark beschädigt. Der Großteil des Gebäudes war einsturzgefährdet und musste abgerissen werden. Bautechnisch gesichert, blieb nur die 71 Meter hohe Ruine des alten Hauptturms erhalten, auch als „Hohler Zahn“ bekannt, die heute als Mahnmahl gegen den Krieg steht.
1959 wurden die Uhren an der Ruine mit einem Aufwand von 430.000 Mark (heute rund 1,02 Millionen Euro) auf den neuesten technischen Stand gebracht. 2008 mussten drei der Uhren jedoch wegen irreparabler Schäden stillgelegt werden, die Uhrzeiger wurden auf zwölf Uhr festgestellt. Einzig die Uhr an der Ostseite zeigt weiterhin die aktuelle Zeit an.
- Kaiser Wilhelm Gedächtniskirche Breitscheidplatz, Charlottenburg
Hand mit Uhr: Skulptur im Hansaviertel
„Hand mit Uhr“ ist der Name einer Skulptur im Berliner Hansaviertel. 1975 wurde die Bronzeplastik des Bildhauers Joachim Schmettau, der auch den Weltkugelbrunnen auf dem Breitscheidplatz entwarf, vor dem heutigen Gymnasium Tiergarten errichtet. Einschließlich dem Sockel ist das Kunstwerk 4,5 Meter hoch. Die Hand beinhaltet eine eingelassene elektronische Uhr mit digitaler Ziffernanzeige, die allerdings schon nach wenigen Jahren witterungsbedingt ihre Funktion aufgab.
1983 erlangte die „Hand mit Uhr“ internationale Bekanntheit als Kulisse für das Video der britischen Synthpop-Band Depeche Mode, zum Song „Everything Counts“. Bei einer umfangreichen Restauration bis 2012 wurde der ursprüngliche rote Mosaik-Würfel durch orangefarbenen Sichtbeton ersetzt.
- Hand mit Uhr Gymnasium Tiergarten, Altonaer Str. 26, Tiergarten
Der Kalenderplatz im Britzer Garten: Die Größte Sonnenuhr Europas
Im Rahmen der Bundesgartenschau 1985 entstand im Britzer Garten der „Kosmologische Park“, der sich künstlerisch mit Aspekten der Astronomie und Physik auseinandersetzt. Den Schwerpunkt bildet der Kalenderplatz, der als komplexe Sonnenuhr konfiguriert ist und die Uhrzeiten, Monate, Tages- und Nachtgleichen sowie die Winter- und Sommersonnenwende anzeigt.
Der Schatten des 14 Meter hohen „Gnomons“ fungiert dabei als Zeiger und macht den Platz zur größten Sonnenuhr Europas. Die aufwendigen Metallintarsien auf dem Boden des Platzes Symbolisieren Uhrzeiten, Zeiträume und Planeten.
- Kalenderplatz Kosmologische Park im Britzer Garten, Sangerhauser Weg 1, Britzer Garten, Neukölln
Die Turmuhren vom Roten Rathaus
Die Uhren am Turm des imposanten Roten Rathaus in Berlin-Mitte wurden Mitte des 19. Jahrhunderts vom Mannheimer Turmuhrenfabrikanten Johann Mannhardt gefertigt. Nach fast 60 Jahren und einigen Sperenzchen gab das alte mechanische Uhrwerk Anfang 2018 schließlich auf und wurde vom Turmuhrenherstellers C.F. Rochlitz durch ein elektrisches ersetzt.
Der Hersteller, kümmert sich seit 1990 um die Uhr des Roten Rathauses und auch um 70 weitere Objekte in Berlin, wie die Rathäuser in Steglitz, Tempelhof und Neukölln. Seit März 2018 bewegen sich die goldenen Zeiger wieder über die fast fünf Meter großen Zifferblätter. Alle 15 Minuten erklingt das Glockenspiel, seit 2006 muss die Uhr aufgrund von Anwohnerbeschwerden allerdings von 22 bis 6 Uhr stumm bleiben.
- Rotes Rathaus Rathausstraße 15, Mitte
Die Schuldenuhr Deutschlands
Eine Schuldenuhr ist keine Uhr im herkömmlichen Sinne, zwar ändern sich die Zahlen ebenfalls im Sekundentakt, statt der aktuellen Zeit wird aber die momentane Staatsverschuldung, bzw. deren Fortschreiten, visualisiert. Die erste deutsche Schuldenuhr ging am 12. Juni 1995 in Wiesbaden an den Start, 2004 zog sie nach Berlin. Mit dem Umzug der Zentrale des Bunds deutscher Steuerzahler (BdSt) ins Regierungsviertel, wurde 2016 eine neue Uhr am Eingang des Gebäudes in Gang gesetzt. Die alte Schuldenuhr kann weiterhin im Deutschen Historischen Museum besichtigt werden.
Die angezeigte Staatsverschuldung Deutschlands fasst die Schulden von Bund, Ländern, Gemeinden, Gemeindeverbänden, gesetzlicher Sozialversicherungen und Sondervermögen des Bundes bei in- und ausländischen Kreditgebern zuammen. In Folge der pandemiebedingten Rettungspakete für die Wirtschaft, stieg die Gesamtverschuldung 2020 wieder über die 2-Billionen-Euro-Marke, mit einem Rekordzuwachs von 7.177 Euro pro Sekunde.
- Schuldenuhr Deutschlands Reinhardtstraße 52, Mitte
- Deutsches Historisches Museum Unter den Linden 2, Mitte
Die Uhr der historischen Verkehrsampel am Potsdamer Platz
Der Verkehrsturm auf dem Potsdamer Platz wurde im Dezember 1924 in Betrieb genommen und war die erste Verkehrsampel in Deutschland. Der Potsdamer Platz war damals der verkehrsreichste Platz Europas, mit der Errichtung des fünfseitigen Turms wollte man dem schier endlosen Stau in Richtung Innenstadt entgegenwirken. Der Verkehrsturm war 8,5 Meter hoch und hatte auf jeder Seite eine große Uhr. In der überdachten Kanzel des Turms steuerte ein Polizist manuell den Verkehrsfluss.
Anfang Oktober 1937 wurde der Turm jedoch abgebaut und durch eine Hängeampel ersetzt. Erst 60 Jahre später stellte man eine funktionslose Rekonstruktion am Leipziger Platz auf. Im September 2000 wurde der Nachbau schließlich auf seinen endgültigen Standort vor der südlichen Eingangshalle des Regionalbahnhofs Potsdamer Platz versetzt. Der Verkehrsturm zeigt auf allen Seiten die aktuelle Uhrzeit und auch wieder wechselnde Lichtzeichen, steuert aber nicht mehr den Verkehrsablauf.
- Verkehrturm am Potsdamer Platz Potsdamer Platz, Mitte
Die Uhr der Versöhnung
Im Jahr 1985 wurde die Versöhnungskirche auf Veranlassung der DDR-Regierung gesprengt. Das Gebäude aus rotem Backstein im neugotischen Stil befand sich auf dem Mauerstreifen in der Bernauer Straße 4 in Berlin-Mitte. Nach fast 58 Jahren Stillstand wurde das Turmuhrwerk der Kirche im August 2019 wieder in Gang gebracht, das Zifferblatt stammt allerdings aus der benachbarten Zionskirche.
Finanziert wurde die Restaurierung mit dem Spendenaufruf „Gönn‘ Dir eine Minute“ der Berliner evangelischen Versöhnungsgemeinde, bei der die Spender symbolisch Minuten kaufen konnten. Die Uhr befindet sich im Eingangsbereich des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung, unweit ihres früheren Standortes, und ist ein Erinnerungsstück der deutschen Teilung.
- Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung Caroline-Michaelis-Straße 1, Mitte
Die Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz
Eine bekannte und ganz besondere Uhr ist die Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz in Berlin-Mitte. Mit dem Wiederaufbau Ost-Berlins nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Alexanderplatz zum Vorzeigeplatz der sozialistischen Moderne. Bei den Bauarbeiten wurde eine Urania-Säule (eine Straßenuhr mit Wetterstation) gefunden, die wohl als Inspirationsquelle für die bekannte Uhranlage diente.
Die Weltzeituhr wurde kurz vor dem 20. Jahrestag der DDR, zu dem auch der Fernsehturm eröffnet wurde, eingeweiht, und ist heute eine beliebte Sehenswürdigkeit. Gestaltet wurde sie nach Plänen des Designers und Hochschuldozenten Erich John, der im März 2021 von Sebastian Scheel, Senator für Stadtentwicklung und Wohnen des Landes Berlin, für sein Werk mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. Kernstück der Uhr ist ein Zylinder mit 24 Ecken, die jeweils einer Hauptzeitzone der Welt entsprechen. Hier findet ihr noch mehr Wissenswertes zur Weltzeituhr.
Ihr wollt die Weltzeituhr am liebsten mitnehmen? Mit Schlüsselanhängern und kleinen maßstabsgetreuen Tischaufstellern der beliebten Sehenswürdigkeit könnt ihr das tun. Im offiziellen Online-Shop der Weltzeituhr* erhaltet ihr mit dem Code „tipBerlin“ 10% Rabatt auf euren Einkauf.
*Hierbei handelt es sich um einen Affiliate-Link. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.
- Weltzeituhr Alexanderpl. 1, Mitte
Die Sonnenuhr vor dem Zeiss-Planetarium im Ernst-Thälmann-Park
Auf dem Vorplatz des Zeiss Großplanetariums in Prenzlauer Berg befindet sich eine Kugel aus Granit, die auf dem ersten Blick viel mehr wie eine abstrakte Skulptur, als wie eine Sonnenuhr aussieht. Beim genaueren Hinschauen entdeckt man jedoch die kreisförmigen und elliptischen Markierungen, die, auch ohne weitere Zahlen, das Ablesen von Uhr- und Jahreszeiten möglich machen.
Nur noch schwer zu erkennen, sind auf Oberseite der Kugel die Worte: „Sei dir deiner Zeit bewusst“ eingraviert. Die Sonnenuhr zeigt die wahre Ortszeit an, also die mittlere Sonnenzeit an diesem Ort und ist durch den Längengrad festgelegt. Planetarium und Sonnenuhr gehören irgendwie zusammen, so verfügt auch das Planetarium am Insulaner in Berlin-Schöneberg über einen sonnigen Zeitmesser.
- Zeiss Großplanetarium Prenzlauer Allee 80, Prenzlauer Berg
- Planetarium am Insulaner Munsterdamm 90, Schöneberg
- Bastelbogen für eine horizontale Sonnenuhr von der Stiftung Panetarium Berlin
Noch mehr Berlin entdecken
Zum ersten mal in Berlin? Dann solltet ihr euch unsere ultimative Touri-Checkliste mit den 12 wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Berlin nicht entgehen lassen. Ihr seid eher interessiert an der Berliner Baukunst? Hier ist unser Architektur-Guide von Bauhaus bis Baller.
Den Nachthimmel über Berlin seht ihr hier am besten: 12 Orte, an denen ihr Sterne gucken könnt. Wer den Sternen noch näher sein möchte, kommt hier hoch hinaus: 12 Türme in Berlin.