Rund zwei Jahre lang war der Gendarmenmarkt eine riesige Baustelle. Nach umfassenden Sanierungsarbeiten hat Berlin einen seiner schönsten Plätze zurück. Nun kann hier wieder flaniert werden – auf 14.000 Quadratmetern denkmalgerecht erneuertem Natursteinpflaster. Unter den prunkvollen Gebäuden liegt jetzt ein kilometerlanges Leitungsnetz für Strom, Wasser und Abwasser. Das Wichtigste über den Gendarmenmarkt und seine Geschichte lest ihr hier.

Gendarmenmarkt: Erbe aus der Zeit, als die Hugenotten nach Berlin kamen
Um den Gendarmenmarkt siedelten sich Ende des 17. Jahrhunderts viele Hugenotten an, französische Glaubensflüchtlinge, die von den Hohenzollern nach Berlin gelockt wurden. Sie fanden hier eine neue Heimat und prägten die Stadt bis heute. Friedrich I. erlaubte sowohl den Protestant:innen als auch den Hugenotten, auf dem Gendarmenmarkt ihre Gotteshäuser zu bauen. Auf dem Marktplatz entstanden so gleich zwei Kirchen.
Während der Herrschaft Friedrich II. erhielt der Gendarmenmarkt dann die Gestalt, die er bis heute hat. Auf den Dächern der beiden Kirchen ließ der preußische König zwischen 1780 und 1785 zwei Kuppeln errichten. So entstanden schließlich sowohl der Französische als auch der Deutsche Dom. Die Verschönerung des Gendarmenmarktes erfüllte repräsentative Zwecke, die beiden Kuppeln sollten religiöse Toleranz im Sinne der Aufklärung symbolisieren.
Die Bezeichnung Dom für die beiden Bauwerke kann allerdings missverstanden werden. Die in den Himmel ragenden Kuppeln besaßen nie eine kirchliche Funktion, ihre Bezeichnung leitet sich schlicht von dem französischen Wort „dôme“ ab, was so viel wie Kuppel bedeutet. Ein Dom im eigentlichen Sinne ist der Berliner Dom, der ebenfalls einen Besuch wert ist.
Im Auftrag des Königs Friedrich Wilhelm III. erbaute der Architekt Karl Friedrich Schinkel das Schauspielhaus auf dem Gendarmenmarkt. Das Ensemble des Theaterintendanten Carl von Brühl spielte 1821 zur Einweihung des Theaters Goethes Drama „Iphigenie auf Tauris“. Mit der Fertigstellung des Schauspielhauses, das seit 1984 als Konzerthaus genutzt wird, erhielt der Gendarmenmarkt endgültig seine bis heute erhaltene Gestalt.
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Wie viele andere Orte in Berlin wurde auch der Gendarmenmarkt und seine Gebäude im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Mehrere Bombenangriffe in den Jahren 1943, 1944 und 1945 zerstörten die Kuppeln des Deutschen und des Französischen Doms. Der Deutsche Dom konnte erst in den 1990er-Jahren wiedererrichtet werden, sein Gegenüber erhielt bereits 1981 eine rekonstruierte Kuppel.
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Der Gendarmenmarkt wurde zwei Jahre lang saniert, im März 2025 erfolgte die Wiedereröffnung. Bei den ansässigen Häusern ist die Freude groß, doch es gibt auch kritische Stimmen. Insbesondere die versiegelten Flächen und der Mangel an Stadtgrün sorgen für Kritik. So sprach Armin Laschet (CDU) von einer „Steinwüste“ und fragte auf der Plattform X: „Warum hat man zur Kaiserzeit im Jahr 1900 mehr Grün geplant als Grüne 2025? Es ist weder aus ästhetischen, denkmalpflegerischen noch aus klimaresilienten Gründen zu begreifen.“
Das Hugenottenmuseum im Französischen Dom beschäftigt sich mit der Geschichte der Hugenotten in Berlin und Brandenburg. Wie der Französische Dom beherbergt auch sein baugleiches Pendant ein Museum. Dort wird auf fünf Etagen die Entwicklung des liberalen parlamentarischen Systems in Deutschland beleuchtet – Betreiber ist der Deutsche Bundestag. Viele Berliner:innen können noch heute nicht sagen, welche der Kirchen welcher Konfession gewidmet ist.
Nicht, dass das dabei helfen würde, die Gebäude zu unterscheiden, aber der Französische Dom hat auch eine Aussichtsplattform. Der Ausblick über Mitte kostet Geld, hier bucht ihr Tickets.
Gendarmenmarkt: Luxuriöse Speisen und Naschen mit Tradition
Am Gendarmenmarkt sind viele Institutionen ansässig, wie zum Beispiel die Hochschule für Musik Hanns Eisler oder die Schokoladenmanufaktur Rausch, die zu den traditionsreichen Berliner Manufakturen zählt. Auffällig ist auch die Dichte an bayerischen Wirtshäusern – vom Augustiner bis zu Erdinger. Treffpunkte der Schönen und Reichen sind das Borchardt, das Lutter & Wegner, in dem der Schauerromantiker E.T.A. Hoffmann übrigens gerne literweise Wein trank, und die Brasserie am Gendarmenmarkt. Wer dort nächtigen will, hat die Wahl zwischen verschiedenen Luxushäusern: dem Sofitel, dem Hilton, dem Titanic oder dem Hotel de Rome am naheliegenden Bebelplatz.
Jährliches Highlights am Gendarmenmarkt: „Classic Open Air“ und Weihnachtsmarkt
Mit Unterbrechungen durch Umbauten findet seit 1992 jedes Jahr das „Classic Open Air“ auf dem Gendarmenmarkt statt. Dabei ist „classic“ eben nicht gleichbedeutend mit „klassisch“. Das Festival setzt sich zu großen Teilen aus Crossover-Veranstaltungen zusammen, was vor allem die Auftakt- und Abschlusskonzerte zeigen. Jedes Jahr im Sommer kann man sich unter anderem auf verschiedene Konzerte mit Songs aus Popkultur, Oper und Klassik freuen. In diesem Jahr findet das Sommer-Highlight vom 17. bis zum 21. Juli wieder auf dem Gendarmenmarkt statt. Mehr Infos hier.
Umschlossen vom Französischen und Deutschen Dom sowie dem Konzerthaus findet man, wenn nicht gerade gebaut wird, einen der beliebtesten Weihnachtsmärkte Berlins. Für ein kleines Eintrittsgeld kann man dem weihnachtlichen Bühnenprogramm lauschen und vielfältige Handwerkskunst begutachten und erwerben. Von Schnitzereien bis Keramik ist alles dabei. Wer möchte, kann sich in den beheizten Zelten von Sterneköchen kulinarisch verwöhnen lassen. 2024 fand der Weihnachtsmarkt zum vorerst letzten Mal am Ausweichstandort Bebelplatz statt.
Wer nicht warten kann: Plauener Spitze und Nussknacker, Räuchermännchen und Schwibbögen, Pyramiden, Leuchtsterne oder Kuckucksuhren bekommt man das ganze Jahr über bei Familie Bahmann. Die betreibt gleich zwei kleine Läden mit sächsischen Kultprodukten: den Erzgebirgischen Weihnachtsmarkt im Nikolaiviertel und das Sachsenhaus am Gendarmenmarkt. Mehr Infos gibt es hier.
- Gendarmenmarkt Mitte, weitere Infos hier
- Konzerthaus Berlin Gendarmenmarkt, Programm hier
- Parlamentshistorische Ausstellung des Deutschen Bundestages Gendarmenmarkt 1, Deutscher Dom, Di–So 10–18 Uhr (Mai-September bis 19 Uhr), für Gruppen (mehr als 10 Personen) ist eine Anmeldung notwendig, alle Infos hier
- Hugenottenmuseum Gendarmenmarkt 5, Französischer Dom, Di–So 11.30–16.30 Uhr, Tickets ab 6 €, weitere Infos hier
Von lauschig bis prunkvoll: Das sind die schönsten Plätze in Berlin. Vielleicht kein architektonisches Meisterwerk, trotzdem einen Besuch wert: das Berliner RAW-Gelände. Prächtiger ist hingegen das Schloss Charlottenburg. Kritiken helfen bei der Entscheidungsfindung. Wenn ihr nicht wisst, wo ihr hin wollt, weil die Auswahl zu groß ist, könnt ihr euch diese Google-Bewertungen zu Berlins Sehenswürdigkeiten anschauen. Mehr Ausflugsziele findet ihr in unserer Besucher-Rubrik.