Sehenswürdigkeiten

Der Reichstag: Die wechselhafte Geschichte des Berliner Wahrzeichens

Der Berliner Reichstag ist Heimat politischer Entscheider:innen, Austragungsort manchmal nahezu endloser Diskussionen, Lieblingsausflugsziel für Berliner Schulklassen – oder vielleicht auch nur ihrer Lehrer:innen. Das imposante Gebäude am Platz der Republik wurde im Stil der Neorenaissance erbaut und ist als Sitz des deutschen Parlaments eines der Zentren der Bundespolitik.

Neben dem Brandenburger Tor und dem Fernsehturm am Alexanderplatz ist der Reichstag das wichtigste Wahrzeichen Berlins. Jedoch ist der Reichstag nicht nur ein Blickfang und Parlamentsgebäude: Auf der Dachterrasse gibt es die Möglichkeit mit einem atemberaubenden Blick über die Stadt zu essen. Hier findet ihr alle Infos zur Geschichte und zum Besuch des Berliner Reichstags.

Der Reichstag mit seiner charakteristischen Glaskuppel. Beliebt bei Berliner:innen und Tourist:innen ist auch der Bereich vor dem Gebäude: der Platz der Republik. Foto: Imago/Christian Offenberg

Bau des Reichstages: Ursprünglich war eine Steinkuppel geplant

Zur Gründung des Deutschen Reichs, im Jahr 1871, tagte das Parlament deutlich improvisierter als heute: Das sogenannte Preußische Herrenhaus traf sich damals in den ehemaligen Räumlichkeiten der Königlichen Porzellanmanufaktur (KPM) in der Leipziger Straße, Mitte. Mit der Zeit verstärken sich die Forderungen nach einem würdigen Sitz für das deutsche Parlament.

Es sollte bis zum Jahr 1884 dauern, ehe der Grundstein für den Reichstag auf dem Platz der Republik gelegt wurde. Dem Baubeginn ging ein Streit um den favorisierten Standort voraus, an dem damals noch das Palais des polnischen Diplomaten und Kunstsammlers Atanazy Raczynski stand. Dieser weigerte sich, den Standort dem Preußischem Staat zur Verfügung zu stellen. Erst sein Sohn verkaufte das Grundstück 1881 nach dem Tod Raczyńskis. Danach brauchte es zwei Architektur-Wettbewerbe, bevor der deutsche Architekt Paul Wallot 1882 mit seinem Entwurf für den Reichstag überzeugen konnte.

Und es ging kompliziert weiter: Nach typischer Berlin-Manier verlief das Bauvorhaben des Reichstags nicht planmäßig. Zahlreiche öffentliche Instanzen mischten sich in die Planungsphase ein. Und Architekt Wallot musste seine Idee so oft anpassen, dass von seinem eigentlichen Entwurf kaum noch etwas übrig blieb.

Der ursprüngliche Entwurf des Architekten Paul Wallot aus dem Jahre 1882 zeigt statt einer Glaskuppel eine steinerne Dachkonstruktion. Foto: Wikimedia Commons/Godehard Hoffmann

Schlussendlich konnte nicht einmal die geplante steinerne Kuppel realisiert werden. Für die tragenden Wände wäre das Gewicht der 85 Meter hohen, geplanten Kuppel zu viel gewesen. In Zusammenarbeit mit dem Bauingenieur Hermann Zimmermann fand man eine alternative Lösung. Die Bauplaner reduzierten die Bauhöhe und planten stattdessen eine Konstruktion aus Glas und Stahl.

In den 1920er-Jahren gestaltete der Architekt Otto March dann schließlich den Königsplatz, auch Platz der Republik genannt, vor dem Reichstag um. Der Platz wurde fast vollständig mit Rasen begrünt und mit Hecken aufgewertet.

Der Reichstag: Vom Parlament zum Kreißsaal und Lazarett

Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Reichstag eine Teilruine.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Reichstag eine Teilruine. Foto: Imago/ITAR-TASS

Gut zehn Jahre später, im Jahr 1933, wurde dem Erdboden gleich gemacht, was zuvor mühsam erbaut worden war: Der Reichstagsbrand zerstörte den Plenarsaal und weitere Räume weitestgehend. Während des Zweiten Weltkriegs diente der Rest des Gebäude dann in großen Teilen als Luftschutzbunker mit vermauerten Fenstern, als Produktionsstätte der AEG, als Lazarett und sogar als Zentrum für Gynäkologie der Charité. Zwischen 1943 und 1954 erblickten etwa 50 bis 100 Kinder im Reichstagsgebäude das Licht der Welt.

Während des Zweiten Weltkriegs machten die Kämpfe in Berlin und Bombardierungen auf die Stadt aus dem Reichstag eine vollkommene Ruine. Erst 1973 endete der Wiederaufbau, die Rolle des Reichstags im geteilten Deutschland jedoch ungewiss. Das Gebäude befand sich im britischen Sektor, die Mauer verlief unmittelbar an der Ostseite des Reichstags. Das Parlament der BRD tagte mittlerweile in Bonn. Die Volkskammer der DDR nutzte den Plenarsaal im Palast der Republik.

Während der Teilung Deutschlands verlief die Mauer unmittelbar an der Ostseite des Reichstags.
Während der Teilung Deutschlands verlief die Mauer unmittelbar an der Ostseite des Reichstags. Foto: Ken Mayer/Wikimedia Commons/CC BY 2.0

Nach der Wiedervereinigung fiel dem Reichstag wieder seine eigentliche Funktion zu. Anfang Oktober 1990 fand die erste Tagung des Deutschen Bundestages im wiedervereinten Deutschland statt. Aus dem alten Reichstag sollte nun ein modernes Parlamentsgebäude werden

Entstehung des modernen Parlamentsgebäudes

Nach dem Krieg wurde der Reichstag wieder aufgebaut – allerdings ohne Kuppel.
Nach dem Krieg wurde der Reichstag wieder aufgebaut – allerdings ohne Kuppel. Foto: Imago/serienlicht

Wie einst zum Bau des Reichstags im 19. Jahrhundert wurde zur Modernisierung 1993 ein weiterer Wettbewerb ausgeschrieben. Als Sieger des Wettbewerbs ging der Architekt Norman Foster hervor, der daraufhin mit dem Umbau beauftragt wurde. Er plante unter anderem die gläserne begehbare Kuppel. Die Glaskuppel ist heute das Markenzeichen des Reichstags. Im April 1999 waren die Renovierungsarbeiten des Reichstagsgebäudes abgeschlossen.

Bevor die Bauarbeiten jedoch starten konnten, machte das Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude den Reichstag zum Mittelpunkt einer Kunstaktion. Zwischen 24. Juni und 7. Juli 1995 hüllte das Künstlerpaar das Gebäude vollständig in einen silberglänzenden Stoff und umwickelte es mit dicken, blauen Seilen. Das Medienecho war enorm. Die Bilder gingen um die Welt, für viele war es das einzig wahre Berliner Sommermärchen.

Reichstag: Das einzige Parlamentsgebäude mit öffentlichem Restaurant

Fun Fact: Als einziges Parlamentsgebäude weltweit beherbergt der Bau am Platz der Republik ein öffentliches Restaurant. Es gehört wegen der Location zu den einzigartigsten Restaurants der Stadt. Das Käfer Dachgarten-Restaurant hat den wohl schönsten Ausblick über Berlins Zentrum und bietet gehobene deutsche Regionalküche.

Im Käfer DACHGARTEN-RESTAURANT wird gehobene, deutsche Küche aus regionalen Produkten serviert.
Im Käfer Dachgarten-Restaurant wird gehobene, deutsche Küche aus regionalen Produkten serviert. Foto: Torsten Fritsche

Im Sommer lässt es sich wunderschön auf der Dachterrasse neben der Kuppel frühstücken. Und zum Abendessen bekommt man hier nicht selten atemberaubende Sonnenuntergänge zu sehen. Geöffnet ist das Käfer montags bis sonntags 9-17 Uhr und 19-23 Uhr, eine Reservierungsanfrage ist erforderlich und online möglich.

Wichtige Infos für den Besuch des Reichstags

Der Reichstag kann täglich besucht werden, mit dem Fahrstuhl geht es in die gläserne Kuppel. Genau wie die Dachterrasse kann sie kostenlos täglich von 18:30 bis 21:45 Uhr (letzter Einlass) besucht werden. Ausnahmen sind Heiligabend (geschlossen) und Silvester (bis 16 Uhr). Eine Anmeldung per Online-Formular ist notwendig.

Auch der Besuch einer Plenarsitzung ist möglich, zudem gibt es Führungen.

  • Führungen während der sitzungsfreien Zeit: Hausführungen tgl. 10.30 Uhr, 13.30 Uhr, 15.30 Uhr, 18.30 Uhr
  • Führungen mit dem Schwerpunkt Parlamentsgeschichte tgl. 9 Uhr, 10.30 Uhr, 12 Uhr, 13.30 Uhr, 15 Uhr
  • Familienführungen Sa+So und ggf. an Feiertagen 10 Uhr, 12.30 Uhr, 14.30 Uhr
  • Führungen mit dem Schwerpunkt Kunst- und Architektur Sa+So um 11.30 Uhr, Anmeldung online
  • Besuch einer Plenarsitzung während der Sitzungswochen Mi ab 13 Uhr, Do+Fr ab 9 Uhr, Anmeldung online

Anfahrt Vom Hauptbahnhof, wo der Fernverkehr, Regionalbahnen, S-Bahnen und U-Bahnen halten, ist es ein etwa zehnminütiger Spaziergang. An der Station Brandenburger Tor halten S-Bahn, U-Bahn, an der Busstation Reichstag/Bundestag die Bus-Linien 100 und M41. Die Anreise mit dem Auto kann mangels Parkplätzen eher lästig werden.

Tipp Während der sitzungsfreien Zeit könnt ihr an Führungen durch das Reichstagsgebäude teilnehmen. Während einer Führung lernt man Spannendes zur Arbeitsweise des Parlaments, lauft vorbei am Büro des Kanzlers und erfährt Details zur Architektur des geschichtsträchtigen Reichstags.

Blick von der Besuchertribüne in den Plenarsaal. Foto: Imago/Political-Moments

Wer zum Beispiel einen genauen Blick auf den Bundesadler im Plenarsaal wirft, bemerkt, dass der grimmig aussehende Vogel auf der Rückseite lächelt. Ein Detail, das sich der Architekt Norman Foster bei der Umgestaltung nicht nehmen ließ. Die Führungen enden in der Regel mit einem Besuch in der Kuppel.

In der Nähe In Laufweite zum Tor befinden sich weitere wichtige Sehenswürdigkeiten wie das Brandenburger Tor, das Hotel Adlon, der Pariser Platz, die Akademie der Künste, die Botschaft der USA, der Tiergarten und das Denkmal für die ermordeten Juden Europas.


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