Tolle Orte in Spandau? Klar doch! Wer nicht in Spandau wohnt, kommt selten hin. Zugezogene kennen den Bezirk am Ende der U7 meist gar nicht. Dabei war es schon immer etwas Besonderes, Spandauer zu sein. So richtig Hauptstädter wollte man dort nie werden, dafür hat man die Ruhe weg, Berliner Schnauze und Traditionsbewusstsein.
Wir erklären unseren heimlichen Lieblingsbezirk und haben 12 Orte in Spandau ausgesucht, die (fast alle) jenseits der berühmten Altstadt liegen und die man als Nicht-Spandauer kennen sollte.
Altstadt Spandau
Einen mittelalterlich geprägten Stadtkern hat Berlin nicht, es sei denn, man nimmt das Nikolaiviertel. Das ist zwar das historische Zentrum, wurde aber aus Betonfertigteilen hochgezogen und wirkt dadurch etwas fremdartig. Wie schön ist es hingegen in der Spandauer Altstadt. Die engen Gassen, die Kirche, der Marktplatz. Bis zum 13. Jahrhundert reicht die Geschichte hier zurück und man fühlt sich hier wie im Urlaub. Besonders schön ist die Altstadt natürlich im Winter, wenn der Spandauer Weihnachtsmarkt alles in rotes und goldenes Licht taucht.
- Altstadt Spandau
CCC Film
1946 gründete Artur Brauner die Central Cinema Comp.-Film GmbH in Spandau. Gut 260 Filme sind dort entstanden, darunter anspruchsvolle Werke wie „Die Spur führt nach Berlin“ (1952) oder „Die Ratten“ (1955), vor allem aber Krimis, Horrorfilme, Edgar-Wallace-Verfilmungen und Karl-May-Adaptionen.
In den 1970ern schloss Brauner die Studios in Haselhorst, produzierte aber weiterhin Filme. Die Studios selbst sind aber weiter in Betrieb, nach Brauners Tod übernahm seine Tochter die Leitung und ließ das Areal sanieren. Zuletzt wurde dort unter anderem die Netflix-Serie „Dark“ gedreht.
- Daumstraße 49/51, Spandau
Enklaven
Mit den Fichtewiesen, dem Erlengrund und dem Eiskeller hatte Spandau zu Mauerzeiten gleich drei Enklaven, die auf dem Gebiet der DDR lagen, so viel wie kein anderer Bezirk. Enklaven waren Grundstücke, die juristisch zu West-Berlin gehörten, aber außerhalb der Stadtgrenzen lagen.
Die ersten beiden sind einfach nur Laubenkolonien, aber der Eiskeller ist auch heute noch bemerkenswert: Der Name geht auf die Eiskeller einer Brauerei zurück, aber die baumlose Heidelandschaft sorgt dafür, dass der Ort wirklich bis zu zehn Grad Celsius Unterschied zum Stadtgebiet hat. Am besten lassen sich die Enklaven bei einem schönen Spaziergang durch Spandau erkunden.
- Eiskeller siehe Google-Maps; Zu den Fichtewiesen, Spandau; Zum Erlengrund, Spandau
Florida Eis
Spandau hat eine lange Eistradition. Das Ehepaar Blotko verkaufte ab 1927 im Spandauer Kino Concordia Eis. Nach dem Krieg ging das Geschäft weiter, und ein neuer Betreiber eröffnete 1957 das „Café Annelie“, 1984 übernahm es Olaf Höhn. Seit dem heißt Berlins traditionsreichste Eisdiele: Florida Eis, zu finden am Altstädter Ring 1. Mittlerweile ist das Familienunternehmen expandiert, und Florida Eis gibt es in ganz Berlin. Allein in Spandau gibt es zwei Filialen. Und auch in ausgewählten Supermärkten kann man Florida Eis kaufen. Wir haben Florida-Chef Olaf Höhn zum Interview getroffen.
- Klosterstraße 15 und Altstädter Ring 1, beide Spandau
Gatow
Der Ortsteil im südlichen Teil Spandaus ist ein Naturparadies. Schöne Ausflugsziele sind die Dorfkirche, Villa Lemm, Rieselfelder und die Jaczo-Schlucht. Baden kann man in der Havel oder am Großglienicker See. Der Flugplatz Gatow, auf dem das Militärhistorische Museum der Bundeswehr beheimatet ist, liegt tatsächlich im benachbarten Kladow.
- Am Flugplatz Gatow 33, Spandau
In den Kisseln
Der Friedhof In den Kisseln ist in den letzten Jahren zum Wallfahrtsort für Zoo-Omas geworden, ist hier doch der Tierpfleger Thomas Dörflein begraben, der es als Ziehvater des Eisbären Knut zu internationaler Berühmtheit brachte. Dörflein, ein sympathisch wirkender Hippie, der 2008 mit nur 44 Jahren an einem Herzinfarkt starb, hat einen ungewöhnlichen Grabstein: in Form eines Eisbergs. Der Friedhof ist auch so ein spannender Ort, immer wieder sorgt er für Aufsehen, weil sich dort Wildschweine herumtrieben.
- Pionierstraße 82, Spandau
Siedlung Neu-Jerusalem
Die Wohnsiedlung an der Heerstraße in Staaken hat der Berliner Architekt Erwin Anton Gutkind in den Jahren 1923/24 errichtet. Die aus 21 Doppelhäusern bestehende Anlage für Angehörige der Fliegerakademie des Luftschiffhafens Staaken wurde in experimenteller Fertigteilbauweise gebaut und ist heute ein Architekturdenkmal. Die Siedlung lässt sich stilistisch dem Bauhaus zuordnen und ist für Architekturfans ein Muss.
- Heerstraße 645F, Spandau
Post-Ruine
Zwischen Bahnhof, Einkaufszentrum und Altstadt liegt das Gelände des alten Spandauer Hauptpostamtes. Gut 25 Jahre verfiel der Bau und das riesige Areal gleich dazu. Pläne dafür gab es schon viele, so wollte dort ein Investor den „Spandauer City-Hafen“ realisieren, und ein 72 Meter hoher Hotelturm sollte auch entstehen. Zwischenzeitlich haben Friedrichshainer Partymacher dort Raves veranstaltet.
Anfang 2020 wurden die alten Postgebäude schließlich abgerissen und das Projekt „Spandauer Ufer“ soll realisiert werden. Ein gewaltiges Stadtquartier mit Bürotürmen, Wohnriegeln und Ladengeschäften. Die Bebauungspläne wurden bereits genehmigt. Bis das Monumentalprojekt fertig ist, wird aber wohl noch einige Zeit vergehen.
- Klosterstraße, Spandau
Schloss Brüningslinden
Den Märchenwald im Schloss Brüningslinden gibt es nicht mehr, nur noch Fragmente erinnern an das alte, etwas gruselige Ausflugsziel. Heute steht an dem Ort, der einst dem Weltenbummler Brüning und danach dem bekannten Berliner Weinhändler Gruban gehörte, eine Wohnanlage mit unverbaubarem Blick über die Havel. Immerhin: Der berühmte venezianische Löwenbrunnen, der nach dem Abriss im Rathaus Wilmersdorf gelandet war, kam zur 750-Jahrfeier von Kladow zurück.
- Sakrower Landstraße 129–131, Spandau
U-Bahnhöfe der U7
Am besten kommt man nach Spandau mit der U-Bahn, und die U7 ist sozusagen die Hauslinie des Bezirks. Da sich die lange Fahrt ziehen kann, kann man an den Stationen aussteigen und das tolle Design der Bahnhöfe bewundern: Siemensdamm, Rohrdamm, Paulsternstraße, Haselhorst, Zitadelle, Altstadt Spandau und Rathaus Spandau. Jede einzelne zählt zu den schönsten U-Bahnhöfen der Stadt.
- Bahnhöfe der U7 von Siemensdamm bis Rathaus Spandau, die ganze Linie U7 stellen wir euch hier Station für Station vor
Wasserstadt Spandau
Das Viertel in der ehemaligen Einflugschneise des Flughafens Tegels, dessen Flugbetrieb 2020 eingestellt wurde, ist umstritten, der Senat hat viel investiert und dabei massiv Steuergeld verschwendet. 7.500 Wohnungen sollten entstehen, ganz so viele sind es noch nicht. Neubau gibt es dennoch, Ein- und Mehrfamilienhäuser und sogar moderne Townhouses. Die Anwohner:innen sind zufrieden, auch wenn es wenige Einkaufsmöglichkeiten gibt, dafür ist die Havel in der Nähe.
Auf der anderen Seite der Havel soll bis 2025 mit der Waterkant ein neues Viertel mit 2.500 Wohnungen und Versorgungsinfrastruktur entstehen. Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Gewobag und WBM stecken hinter dem Bauvorhaben und haben in Rekordzeit etliche Häuser hochgezogen. Die kühle Architektur und die Enge zwischen den Betonhäusern steht teilweise in der Kritik. Auf jeden Fall wird sich die Gegend grundlegend verändern.
- Spandauer Havelpromenade, Spandau
Zitadelle Spandau
Die massive Festung gehört zu den Spandauer Wahrzeichen und ist neben der Altstadt wohl das berühmteste Bauwerk des Bezirks. Angegriffen wurde die Zitadelle nie. Der mächtige Bau ist heute Museum und Veranstaltungsort. Beliebt sind die Ritter- und Osterfeste und im Sommer das Citadel Music Festival, wo schon Bob Dylan, Neil Young, Iggy Pop und ZZ Top aufgetreten sind.
Der Spandauer Weihnachtsmarkt zog 2021 Corona-bedingt aus der Altstadt in die Zitadelle und war ein voller Erfolg. Das weihnachtlich beleuchtete Ambiente des historischen Bauwerks erzeugte eine besonders festliche Atmosphäre. 2022 will Spandau gleich mit zwei tollen Weihnachtsmärkten auftrumpfen: In der Zitadelle und in der Altstadt. Mehr Spandau geht nicht!
- Am Juliusturm 64, Spandau, mehr über die Zitadelle erfahrt ihr hier
Von einem unserer Lieblingshumoristen Horst Evers kommt übrigens die ultimative Liebeserklärung an Spandau. Eine Hymne, die die Schönheit des Bezirks würdigt. Unbedingt anhören!
Mehr Berliner Bezirke erkunden
Die Stadtteile sind sich ziemlich ähnlich: Was Köpenick und Spandau gemeinsam haben, lest ihr hier. Hier ist immer was los: Sehenswürdigkeiten in Wedding. Anstoßen könnt ihr in diesen tollen Spandauer Kneipen. Noch mehr Insider-Tipps für Berlins Bezirke: 12 Tipps für Zehlendorf – Kunst, Kultur und gutes Essen im Villenviertel. Nicht zu weit von Spandau entfernt: Sehenswürdigkeiten in Charlottenburg. Oder lieber ins gute alte Kreuzberg 36: 12 Tipps, die immer gehen.