Bäderkultur

Berliner Hallenbäder im Test

Spreewaldbad, Stadtbad Charlottenburg, Kombibad Gropiusstadt & Co.: Jeder Schwimmer hat seine ganz eigenen Bedürfnisse. Familien wollen Spaß, Sportschwimmer ruhige Becken und Ästheten achten auch die Architektur. Wir haben zehn Berliner Hallenbäder getestet:

Wellenbad am Spreewaldplatz

Foto: Elke A. Jung-Wolff

Das Bad im Herzen Kreuzbergs verwandelt sich dank tosenden Wassers in den atlantischen Ozean

Für Wellenreiter Das herausragende Merkmal ist Berlins einziges Wellenbecken. Jede halbe Stunde ertönt die Klingel, und Kreuzberg wird für eine Viertelstunde zur Atlantikküste. Sportliche Schwimmer kann das immer gut besuchte Bad schnell frustrieren. Für alle anderen bietet es viel Auswahl: Baby-, Kinder- und Nichtschwimmerbecken, Wassertiere, Rutsche, die Wellen und ein Außenbereich. Das Bad soll bald wegen Renovierungen geschlossen werden. Bis es so weit ist, sollte man sich unbedingt noch einmal in die Wellen werfen. F. Anthea Schaap

Wellenbad am Spreewaldplatz, Wiener Str. 59H, Kreuzberg 

Schwimmbarkeit Zwiespältig
Spaß Herausragend
Schönheit Annehmbar
Sauberkeit Annehmbar


Stadtbad Neukölln

Foto: Patricia Schichl

Das im Wilhelminischen Zeitalter errichtete Bad: ein Palast, der Badende mit Feinsinn begeistern dürfte

Für Ästheten Ein wunderschönes Bad mit zwei getrennten Hallen, Säulengang und Mosaiken, architektonisch an antike Thermen angelegt. Das 25-Meter-Becken verliert leider Schwimmfläche wegen eines abgetrennten Nichtschwimmerbereichs. Der Neuköllner Vorzeige-Bau aus dem frühen 20. Jahrhundert ist also nicht unbedingt ein Trainingsort für Gäste mit großen sportlichen Ambitionen – es eignet sich vielmehr für Schöngeister, die sich von der ornamentalen Kulisse beeindrucken lassen wollen. Specials: Sonntag- und montagabends treffen sich Nudisten zum FKK-Schwimmen. Außerdem beliebt: das Frauenbaden. F. Anthea Schaap

Stadtbad Neukölln, Ganghoferstraße 3, Neukölln

Schwimmbarkeit Zwiespältig
Spaß Herausragend
Schönheit Annehmbar
Sauberkeit Annehmbar


SSE Schwimm- und Sprunghalle

Foto: Elke A. Jung-Wolff / BBB

Olympisches Badevergnügen in Friedrichshain: eine Halle für alle Fälle

Für Allrounder und Familien Hätte Berlin die Olympischen Spiele 2000 ausgerichtet, wären in der Doppelhalle Medaillen erschwommen worden. Hat ja leider nicht geklappt, für Details googeln Sie bitte „Axel Nawrocki“. Gut, dass diese Allrounder-Halle trotzdem pünktlich fertig wurde. Mit 50-Meter-Becken für Schwimmer (vier Bahnen mit Leinen), einem Nichtschwimmer- (mit kleiner Rutsche) und einem pupswarmen Babybecken – wo die Erziehungsberechtigten im nur 35 Zentimeter tiefen Wasser herumlümmeln und den Nachwuchs unter Wasserpilzen parken. Gut via S-Bahn und Tram zu erreichen, ist das Bad vor allem bei Familien beliebt. Leider bleibt die Sprunghalle dem Leistungssport vorbehalten. Noch einen Minuspunkt gibt’s für den Boden. Der ist glatt wie Hölle. Erik Heier

SSE Schwimm- und Sprunghalle im Europapark, Paul-Heyse-Str. 26, Friedrichshain 

Schwimmbarkeit Gut
Spaß Gut
Schönheit Annehmbar
Sauberkeit Gut


Schwimmhalle Ernst-Thälmann-Park

Foto: Elke A. Jung-Wolff / BBB

Bahnen ziehen: In dieser Halle konzentriert sich das Badeerlebnis aufs Wesentliche

Für Schwimm-puristen Typische DDR-Schwimmhalle, so sexy wie ein Pioniernachmittag. In dem 25-Meter-Becken kann es schnell so voll wie in der morgenlichen Tram M4 werden, ähnlich mollig ist es in 28-Grad-Wasser auch. Immerhin kann man schon durch die große Fensterfront auf dem Weg zum Eingang sehen, ob man gleich wieder umkehren darf. Die Kleinsten dürfen im Babybecken toben. Für Kinder im Kitaalter, die noch nicht schwimmen können, ist das Bad dagegen die reinste Spaßbremse, es gibt kein Nichtschwimmerbecken. Fans eines puristischem Nass-Erlebnisses sind hier jedoch genau richtig: zum Bahnen ziehen. Die Dampfsauna ist derzeit sowieso außer Betrieb. Gleiches gilt für den Behindertenlift. Manchmal wohl leider auch für den Wischmob. Erik Heier

Schwimmhalle Ernst-Thälmann-Park, Lilli-Henoch-Str. 20, Prenzlauer Berg

Schwimmbarkeit Gut
Spaß Zwiespältig
Schönheit Zwiespältig
Sauberkeit Zwiespältig


Kombibad Seestraße

Foto: Elke A. Jung-Wolff / BBB

Funktionaler 80er-Jahre-Bau goes future: Die erste Tragluft-Schwimmhalle Berlins steht im Wedding!

Für Abenteuerlustige Ein Bad wie die Weddinger Müllerstraße: Hier erwartet einen das pralle, oft auch ungeschönte Leben. Viele Gerüche, oft viele Menschen – vielleicht deshalb Luft nach oben, was die Sauberkeit der Böden betrifft, vor allem in den Duschen –, aber auch Neues und Bestaunenswertes: Am unprätentiösen, funktionalen Kombibad Seestraße, fertiggestellt 1980, hat Berlins erste Schwimmbad-Traglufthalle eröffnet. Eine Folienkuppel überspannt seit Dezember das angrenzende Hallenbad. Unter dem futuristischen Halbrund, dessen Struktur an einen riesigen Golfball erinnert, kann man nun seine Bahnen ziehen, mit schön viel Raum zum Kraulen – und bei angenehmen Temperaturen: Die Warmluft, die in die Hallenwände gepustet wird, macht’s möglich. Julia Lorenz

Kombibad Seestraße, Seestr. 80, Wedding

Schwimmbarkeit Herausragend
Spaß Annehmbar
Schönheit Annehmbar
Sauberkeit Zwiespältig


Stadtbad Mitte „James Simon“

Foto: Elke A. Jung-Wolff / BBB

Das modernistische Architektur-Meisterwerk ist vor allem Arena für ehrgeizige Schwimmer

Für Profi-Sportler Ein architektonisches Highlight aus Zeiten der Weimarer Republik, erbaut im Stil der Neuen Sachlichkeit. Die lichtdurchflutete Halle alleine hebt schon die Stimmung. Von den sechs Bahnen sind zwei explizit für Sportschwimmer. Damit ist das saubere und ruhige Bad für motivierte Athleten eine Topwahl, auch wenn man seinen Besuch zeitlich abpassen sollte. Sonst muss man sich die Bahnen mit allzu vielen noch motivierteren Schwimmern teilen. Alleinstellungsmerkmale sind außerdem zwei Sport- und Gymnastikräume. F. Anthea Schaap

Stadtbad Mitte „James Simon“, Gartenstraße 5, Mitte

Schwimmbarkeit Herausragend
Spaß Annehmbar
Schönheit Gut
Sauberkeit Gut


Stadtbad Charlottenburg (Alte Halle)

Foto: Elke A. Jung-Wolff / BBB

Bei 30 Grad Wassertemperatur geht es in diesem historischen Bad eher ruhig zu

Für Wannenplanscher Das 1898 eröffnete „Städtische Volksbad“ ist Berlins älteste noch existierende „Reinigungsanstalt“. Mit seiner von Ziegeln umbauten Stahlkonstruktion erinnert es ein wenig an die Arminiushalle in Moabit, eine alte Markthalle. Allerdings geht es im alten Stadtbad Charlottenburg ruhiger zu: Während der Woche findet ein öffentlicher Schwimmbetrieb nur vormittags statt, dann, wenn vor allem die Älteren Zeit zum Schwimmen haben. Die Nachmittage sind – außer am Wochenende – Schulen und Vereinen vorbehalten. Richtiges Leistungsschwimmen fühlt sich hier sowieso seltsam an, denn das 25-Meter-Becken flacht zum Einstieg in einen Nichtschwimmerbereich ab. Fit wird man dafür bei den vielen Aqua-Kursen, die man hier ohne Anmeldung besuchen kann. Eva Apraku

Stadtbad Charlottenburg (Alte Halle), Krumme Straße 10, Charlottenburg

Schwimmbarkeit Zwiespältig
Spaß Zwiespältig
Schönheit Herausragend
Sauberkeit Gut


Kombibad Gropiusstadt

Foto: Elke A. Jung-Wolff / BBB

Das Bad bringt Schüler, Rentner und Auswärtige auf Expedition zusammen – und ist damit fast so kollektivistisch wie die gleichnamige Trabantenstadt

Für Realisten Ganz schön laut – und unästhetischer als die umliegenden Platten, weil das Gebäude bloß ein schnöder Block ist: das Kombibad in der Gropiusstadt. Dennoch sollte man es nicht zu schnell abschreiben, denn auch wenn Schulklassen hier plantschen, um Fünf-Cent-Stücke für die Haartrockner feilschen und hoffentlich nebenbei auch Schwimmen lernen. Sonst halten sich dort ein paar versprengte Senioren fit. So bleibt genug Platz, um sich ungestört im Wasser fortzubewegen. Marlene Wesselmann

Kombibad Gropiusstadt, Lipschitzallee 27-33, Neukölln 

Schwimmbarkeit Gut
Spaß Annehmbar
Schönheit Zwiespältig
Sauberkeit Annehmbar


Stadtbad Schöneberg „Hans Rosenthal“

Foto: Elke A. Jung-Wolff / BBB

Trotz des Namens schwimmt man hier eher nicht „Dalli-Dalli“, sondern planscht geruhsam und vergnügt

Für Spassorientierte Den Ausruf „Das war Spitze!“, den der Quizmaster Hans Rosenthal in seiner TV-Show „Dalli Dalli“ geprägt hat, mögen hier manch juchzende Nutzer der 53 Meter langen Großrutsche nachvollziehen. Diese ist eindeutig die Attraktion dieses Spaßbades, das seit 2012 den Namen des 2008 verstorbenen Entertainers und einstigen Unterhaltungschefs vom benachbarten RIAS-Funkhaus (heute Sitz des Deutschlandfunks) trägt. Nicht erst seit seiner letzten Sanierung 2019 hat sich das unter Denkmalschutz stehende Stadtbad Schöneberg in ein Spaßbad verwandelt. So laden Kleinkinder- und Nichtschwimmer-bassins, ein Außenschwimmbecken mit Strömungskanal, Whirlpools und Solebecken sowie besagte Großrutsche eher zum fröhlichen Planschen, Toben und Chillen ein als zum Schwimmen. Immerhin gibt es im oberen Bereich auch ein 25-Meter-Becken mit 1- und 3-m-Sprungbrettern. In diesem Pool kann auch mal sportlich unterwegs sein. Friedhelm Teicke

Stadtbad Schöneberg „Hans Rosenthal“, Hauptstr. 39, Schöneberg

Schwimmbarkeit Annehmbar
Spaß Herausragend
Schönheit Gut
Sauberkeit Gut


Schwimmhalle Finckensteinallee

Foto: Elke A. Jung-Wolff / BBB

Wer es bis nach Lichterfelde schafft, will etwas für Gesundheit und Fitness tun

Für Kachelzähler Wer nicht in der Nähe wohnt, wird sich kaum in die abgeschiedene Schwimmhalle an der Finckensteinallee verirren. Es sei denn, man ist Fitness-Schwimmer*in: Letztere brausen per Rad und PKW auch von weither an. Vor allem am Wochenende bietet das 50-Meter-Becken mit seinen zehn Bahnen viel Platz. Da es hier weder ein Nichtschwimmer- noch andere Spaßbecken gibt, tummeln sich hier wirklich nur Leute, die kraulend, brust- oder rückenschwimmend etwas für ihre Gesundheit tun wollen. Oder die für einen Triathlon trainieren. Drei bis vier geleinte Bahnen bieten dafür meistens ausreichend Platz, Schwimm-Rambos, die jeden von der Bahn fegen wollen, gelten im vornehmen Lichterfelde ohnehin als rücksichtslose Asis und zügeln sich meist. Schwimmen macht hungrig: Nicht vergessen, Stullen einzupacken – es gibt keinen Imbiss und das gastronomische Angebot in der Umgebung ist auch eher dürftig. Eva Apraku

Schwimmhalle Finckensteinallee Finckensteinallee 73, Lichterfelde 

Schwimmbarkeit Herausragend
Spaß Zwiespältig
Schönheit Gut
Sauberkeit Gut


Mehr zum Thema:

https://www.tip-berlin.de/das-berliner-hallenbad-auf-den-spuren-eines-mythos/
https://www.tip-berlin.de/baederchef-johannes-kleinsorg-ueber-sanierungen-alte-volksschwimmhallen-plantschbecken-und-sein-lieblingsbad/

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