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Corona und Food

CoronaFood-Blog: So reagieren Berlins Restaurants und Gastronomen

Berlin bietet eine riesige Auswahl an Restaurants und Küchen – bisher. Denn die Corona-Krise trifft auch Gastronomen und ihre Betriebe. Vielen bleiben die Kunden weg – aus Angst. Einige sehen sich bereits vor dem finanziellen Ruin. Aufgeben wollen die wenigsten. Es entstehen neue Konzepte, Lieferdienste, Ideen. Mit unserem Corona-Food-Blog bleiben Genießer gut versorgt – mit Essen und mit Infos.

Auch das Kreuzberger Horvath wird das Corona-Virus und die damit einhergehenden Einschränkungen treffen. Foto: White Kitchen/ Horvath
Auch das Kreuzberger Horváth wird das Corona-Virus und die damit einhergehenden Einschränkungen treffen. Foto: White Kitchen/ Horvath

Wir werden, hoffentlich, viele Mut machende Ideen aufgabeln. Aus Lieblingsrestaurants etwa, die ihr Menü jetzt als Kochbox anbieten. Zum Nachkochen. Wir werden aber auch transparent machen, was vielleicht noch nicht so transparent läuft, nicht so transparent laufen kann. Was gerade passiert, ist für alle neu. Es geht auch um Solidarität. Gerade jetzt ist es besonders wichtig, dass ihr eure Stammläden unterstützt.

Für alle, die selbst in dieser Branche arbeiten, die schon in ruhigeren Zeiten ja eine sehr launische ist, meldet Euch in der Gastro-Redaktion unter: [email protected]

Wir wollen versuchen, Eure Lage und Eure Gefühle in Worte zu fassen und ihnen Gehör zu verschaffen. Wollen helfen, Hilfe zu vernetzen. Auch aus Dankbarkeit über diese dank Euch so geschmackvolle Stadt.

Clemens Niedenthal, Gastro-Redakteur (tip Berlin)



Genuss geliefert

Viele Restaurants lassen sich dieser Tage Neues einfallen: Sie bauen Lieferdienste auf (wie dieser sehr charmante Buch- und Bagel-Service des ebenso charmanten Cafés Books & Bagels), ermöglichen Onlinevorbestellung und Abholung, oder stellen Kochboxen zusammen.

Auf unserem Instagramkanal @tipberlin_food sammeln wir, wie die Gastronomien dieser Stadt mit der Krise umgehen, welche noch offen sind und welche schon geschlossen. Haben sie noch einen heißen Tipp für uns? Schreiben Sie uns gerne auf Instagram oder an niedenthal(at)gcmberlin.de AB


Spring in the Box

Foto: Swantje Fischer

Es ist Frühling da draußen. Warum hat sich Covid-19, dieses Biest, auch noch die schönste aller Jahreszeiten ausgesucht. Gut, sagen nun die Virologen, dass es nicht noch im Winter war. Wäre doch schade, sagen Ruben Neideck und Filip Kaszubski von der Velvet Bar, wenn wir Euch den Frühling nicht doch noch unter die Nase reiben könnten. Deutschlands saisonalste und naturnahste Bar konzipiert deshalb gerade eine „Quarantini Box“. Nein, keine Drinks to go. Aber Sachen, wo mit man sich seinen Flüssigkeitshaushalt verschönern kann, egal ob nun mit oder ohne Alkohol. Duftveilchen von Olaf Schnelle (Schnelles Grünzeug) beispielsweise. Die Box wird kontaktlos und postalisch zugestellt. Alkoholspray in Desinfektionsstärke nach WHO-Rezept könnte eventuell auch beiliegen.

Wer nun aber meint, dass er in diesen Zeiten stärkere Drogen als beispielsweise Duftveilchen bräuchte: Uns freuen solche Ideen, weil sie uns, wenn schon nicht die Geselligkeit, so doch den Ideenreichtum und das wilde Denken des kulinarischen Berlins erhalten. Weil sich uns ein ein kleines „Wow“ in den Alltag zaubern, oder immerhin ein „Hach“.

Schaut mal auf https://www.facebook.com/velvetberlin. CN

Oder schickt ähnlich olfaktorische und solidarische Ideen an: [email protected].



Krisen treffen*

Claudia Steinbauer und ihr Team vom Restaurant Klinker
Claudia Steinbauer und ihr Team vom Restaurant Klinker. Foto: Volker Renner

Guten Tag, sagte die Krise höflich und machte eine Ghettofaust, nachdem sie bei uns anklopfte. Wir verdrehten unsere Augen ein bisschen und warfen uns diese: „Was ist mit der?“-Blicke zu. Wir wussten in unserer „Yourlovingnature“-Seifenstück-Bubble (noch) nicht, was die Krise längst genoss: Die am natürlichsten anzunehmende menschliche Solidarität scheiterte da schon am Desinfektionsmittel. Später am Toilettenpapier. (Kleine Erstverschlimmerungen auf dem Weg zu echter Gemeinschaft, haben wir als Interpretation beschlossen. Weil die Alternative nicht sein kann. Nicht hier, nicht jetzt, nicht wir, nicht in diesem Land.) Jedenfalls klopfte also die Krise und gab sich cool und wollte sich unbedingt mal mit uns treffen. Nee, sagten wir. Es ist noch zu, wir machen erst ab 18 Uhr auf und überhaupt, wir haben zu tun, wir probieren gerade die neuen Gerichte und ja, der verbrannte Weisskohl braucht ein bisschen mehr Crunch.

Gut, dachte sich die Krise und lächelte, so glauben wir heute, vor sich hin. Zählte alle Gäste, tänzelte um die 18 Uhr Schlange herum, trank Champagner mit denen, die so ab 20.30 Uhr ein bisschen warteten.

Unantastbarkeit, ein hohes Gut

Wir verfeinerten den Weißkohl, bestellten Wein und Schnaps, drehten die Musik laut, besuchten die Kollegen im 100200 und erfreuten uns jeden verdammten Tag an uns, an den Gästen, den Freunden, dem Laden, dieser Heimat für irgendwie alle. Unbeschwerte Tage. Die Krise winkte noch ein paar mal von draußen, wir fragten uns weiter, was sie will, und irgendwann verzog sie sich. Dachten wir.

Was sie aber tat – sie änderte ihren Aggregatzustand. Sie wurde atmosphärisch. Sie waberte durch alle Ritzen im Gemäuer, durch die offenen Fenster, durch die Lüftung; sie roch ein bisschen nach Sagrotan, sie bestimmte die Gespräche, obwohl sie nicht zu fassen war. Sie machte sich breit, heftete sich einen Hashtag an die Brust, sie hielt uns das Würstchen Hoffnung hin, nachdem wir gar nicht schnappten, sondern es im Vorbeigehen in Senfpauli tunkten. Unantastarkeit – welch hohes Gut.

Ach, dachten wir noch. Machen wir eben zwei Wochen zu. Dann betreuen wir tagsüber die Kinder und kochen abends für die Nachbarschaft. Treffen endlich die Gastrokollegen und gründen die kulinarische Partei Deutschlands, kurz KPD. Haha. Das Krisenklinker.

Wer, wenn nicht wir.

Nein. Auch wir nicht.

Corona-Krise: Ab heute ist zu

Ab heute ist zu. Mit der Kaffeemaschine an. Vielleicht kochen wir und posten, dass man sich noch ein bisschen Essen holen kann. Brot. Wein. Schnaps und Amore. Toilettenpapier. Vielleicht singen wir vom Balkon jeden Abend um 18 Uhr „Ausgeh’n“ von AnnenMayKantereit. Und Marianus bläst Waldhorn dazu.

Krisen treffen. Aber nicht ins Herz. Nicht. In. Unser. Verdammtes. Herz. Das schlägt, das wird Wege finden. Und Worte. We keep you updated.

Schnaps & Amore.

Claudia Steinbauer lebt und imkert zwischen Berlin und Potsdam, genauer am Griebnitzsee. Eigentlich. Seit dem vergangenen Jahr ist sie aber auch Gatsgeberin einem sehr wunderbaren Hamburger Restaurant, dem Klinker. Berliner*innen könnten die Berlinerin etwa aus dem Grill Royal, der Cordobar, der Söhnel Werft oder dem PeterPaul kennen. Diesen Text hat sie eigentlich ihren Facebook-Kanal geschrieben und nun mit uns geteilt.


Restaurants stellen um 

Der Shutdown stellt Berliner Gastronom*innen vor große Herausforderungen, denn in der Branche ist die Gewinnmarge für gewöhnlich so schmal wie eine Messerscheide. Mit dem Einbruch an Kund*innen stehen viele Läden vor der Existenzkrise – und vor der Entscheidung: dicht machen oder weitermachen?  

Ein großes Problem für viele Gastrobetriebe: Wenn es keinen nachgewiesenen Covid-19-Fall in ihrem Laden gibt, greift ihre Versicherung nicht, falls sie schließen. Andererseits sind für viele die wichtigen Abstandsregeln des Senats nicht einfach oder gar nicht umzusetzen. Und so müssen sich die Gastgeber der Stadt Neues ausdenken.  

Der Pakistani Mama Shabz in der Reichenberger Straße wird auch unter den Konsequenzen der Pandemie leiden. Foto: Mama Shabz

Für viele, gerade die von uns so geliebten kleinen, unabhängigen Läden geht es gerade ums Überleben. Wer sein Lieblingsrestaurant unterstützen, aber nicht das Haus verlassen möchte, kann Gutscheine kaufen für die Zeit nach der Isolation – wann immer das sein wird. Da aber, oder gerade, auch jetzt gegessen werden muss, bieten mehr und mehr Betriebe vor allem Speisen zum Mitnehmen an. Da wäre beispielsweise das charmante pakistanische Mittagscafé Mama Shabz auf der Reichenberger Straße, die neapolitanische Pizzeria W Pizza am Weichselplatz oder der quirlige asiatische Nudelspezialist Panda Noodle am Lausitzer Platz. Andere gehen sogar noch einen Schritt weiter und bauen derzeit ihre eigenen Lieferdienste auf: das wunderbare Deli Rocket + Basil im Tiergarten zum Beispiel, die Neuköllner Sauerteigpizzeria Gazzo oder die Bäcker Albatross in Kreuzberg und Domberger in Moabit. 

Corona-Kreativität: Selbstkoch-Sets im Fensterverkauf

Wer sich langsam an’s Selbstkochen tasten will, für den ist auch gesorgt: die Catering- und Streetfoodbetriebe Fräulein Kimchi und Humble Pie haben sich zusammengetan, um Gerichte zum Aufwärmen zuhause zu liefern, der von uns kürzlich gefeierte chinesische Nudelladen Chungking Noodles bietet ein neues Angebot namens “Chungking & Chill” an: aus dem Fenster des Ladens werden Pakete mit hausgemachten Nudeln, Sauce und Toppings für zwei für 22 Euro verkauft. Standard Serious Pizza aus dem Prenzlauer Berg bietet nicht nur Lieferung an, sondern auch Pizzateig zum Selbstbelegen und wer seine Quarantäne mit ein wenig Luxus veredeln möchte, sollte sich an das Mrs. Robinson’s wenden. Das Team stellt verschiedene Pakete mit Speisen, Brot, Wein und mehr zusammen für 60-65 Euro. Diese Woche gibt es “Steak Night” und “Luxe Brunch” zur Auswahl.  

Den aktuellen Stand vieler Restaurants sammelt der Instagram-Account Berlin Gastro Support – täglich lassen sich mehr Restaurants neue Wege einfallen. Und machen den Ausnahmezustand so zumindest kulinarisch erträglich. AB


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Die neusten Entwicklungen stehen in unserem Corona-Berlin-Blog. Dramatisch ist die Entwicklung auch für die Kulturszene. Zwar setzt eine Welle der Corona-Solidarität in Berlin ein. Allerdings sind da die vielen abgesagten Veranstaltungen und die zahlreichen Ticket-Rückgaben – das sind eure Rechte.

Wer sich selbst beschäftigen will und muss: 100 Berlin-Romane, die jeder kennen sollte. Dazu unsere Podcast-Tipps – und was sich auf Streaming-Services lohnt.

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