Intime Geständnisse

Corona-Lustloch? So läuft es in der Krise bei vier Singles und einem Ehepaar

Vier Singles, ein Ehepaar – und alle vor dem gleichen Problem: Das Corona-Lustloch! Denn sonst haben sie deutlich mehr Sex. Wie es sich lebt, wenn man plötzlich nur noch den Partner hat, sich den Virus beim doch vermeintlich sicheren Corona-Buddy einfängt – und unversehens alte Sympathie zu neuer Verknalltheit wird. Confessions on the Corona-Floor!

Corona-Lustloch? Vögeln statt Hamstern hat jemand auf ein Plakat geschrieben! Blöd nur, wenn es gerade niemanden gitb, der mitmachen kann.    Foto: Imago/Stengel
Corona-Lustloch? Vögeln statt Hamstern! Blöd nur, wenn es gerade niemanden gitb, der mitmachen kann. Foto: Imago/Stengel

Anton, 31: Können wir nach den ganzen Sexpartys noch beurteilen, was wir fühlen?

Eigentlich habe ich ein ausgeprägtes Sexleben. Mein Ehemann und ich führen eine offene Beziehung. Wobei, eigentlich sind wir immer zusammen, wenn einer mit einem anderen loslegt. In der Regel in Clubs oder Saunen. Unter der Woche sind wir eher nur zu zweit, am Wochenende feiern wir eben gern sexuell – unter Einbezug anderer.

Mit der Schließung der diversen Angebote hat sich das tatsächlich ziemlich verändert. Und wir standen auch zuerst vor der Frage, ob wir uns eigentlich selbst noch genug sind. Denn es wird ja doch schnell zur Gewohnheit. Also das Feiern, der – man muss das so sagen – auch sexuelle Exzess. Manchmal zu dritt, manchmal im Rudel. Ja, wir gehen manchmal auf diese schlimmen Orgien, von denen man manchmal liest.

Das Faszinierende war die Reflexion, die dann schnell einsetzte, als diese ausfielen: Was machen wir eigentlich mit uns, mit unseren Körpern. Können wir noch beurteilen, was wir fühlen, wenn wir eineinhalb Tage im Berghain oder einem der Clubs in Schöneberg abhängen? Wir bemerkten ziemlich schnell, dass wir tatsächlich eine sehr gesunde Beziehung führen, da wir uns wirklich genug sind, aber gleichermaßen Spaß am Spielen haben.

Klar, es juckt ein bisschen, mal wieder auszugehen. Aber es ist eben wie Urlaub. Wir kommen super zurecht und tatsächlich ist der Sex mit anderen spaßig, aber nicht entscheidend. Im Gegenteil. Und weniger Sex haben wir gerade ehrlich gesagt auch nicht.

Sex im Rudel wie in „Idioten“ von Lars von Trier? Bitte nur in Kommunen – alle anderen bleiben erstmal auf dem Trockenen. Foto: Imago/Mary Evans

Nadine, 34: Bald steh‘ ich irgendwo zum Ficken vor der Tür

Meine Bekanntschaften sind regelmäßig, aber locker. Zwei Männer, die unterschiedlicher auch kaum sein könnten, mit denen ich ab und an Sex haben. Ich glaube, das ist ein ganz übliches Verhalten für Berliner Singles, die ganz gern intim werden. Zuletzt habe ich auch ein paar Mal auf und nach Partys etwas mit einer Bekannten gehabt. Ich bin bisexuell und genieße das.

Ich muss sagen, dass das Zuhause-sitzen schon an meiner Psyche knabbert. Ich bin nun wirklich nicht dauergeil oder sonstwas. Dass ich Sex mit Leuten habe, die ich wenig oder kaum kenne, kommt extrem selten vor. Aber meine Bekanntschaften sehe ich schon ganz gern mal öfter. Ich masturbiere nun eben mehr. Und mit einem der beiden Typen schicke ich mir auch Fotos und Nachrichten.

Aber es ist eben nicht vergleichbar mit dem Gefühl, wenn wirklich jemand loslegt. Wir reißen uns auch alle noch zusammen. Aber wenn das mit dem #stayhome noch länger dauert, kann ich für nichts garantieren. Dann steh‘ ich bald irgendwo zum Ficken vor der Tür.


Stefano, 27: Fotos, Videos, gemeinsames Onanieren per Google Hangouts

Tinder, Grindr, Bumble, ich hab sie alle, die großen Dating-Apps. Also ich habe sie, dann nerven mich wieder alle Männer, ich lösche sie, dann installiere ich sie wieder. Gerade ist wieder eine „Ich bin dabei“-Phase. Und ich führe dort sehr viele Gespräche. Und ja, die meisten werden recht schnell konkret.

Fotos, Videos, gemeinsames Onanieren per Google Hangouts – been there, done that. Ich bin sexuell aktiv, gehe in Clubs, gern auf Dates, auch gern auf reine Sex-Dates. Ich kann genauso gut im Berghain bumsen wie mal drei Wochen lang einen neuen potenziellen Partner auschecken und solange die Beine zusammenhalten (oder besser gesagt: die Backen).

Allerdings bin ich jetzt für alle Optionen strikt: Treffen gibt es derzeit nicht. Will ich nicht. Für die schnelle Erleichterung müssen jetzt in der Krise Pornos und Sexfilme herhalten. Ein bisschen soziale Verantwortung. Erstaunt bin ich, wie viele zu Treffen einladen. Und es finden offenbar auch durchaus Sexpartys in Privatwohnungen statt.

Ich meine: nicht, dass mich das irgendwie überrascht. Aber irritieren tut es mich schon. Klar, ist schöner, wenn ich es im echten Leben mache. Aber ich überlebe wohl mal ein paar Wochen im Corona-Lustloch. Wobei: Es ist schon einfach scheiße ungeil.

Hausschuhe und Wählscheibe: Symbolbild Telefonsex: Heute sind die Möglichkeiten, das Corona-Lustloch auf Distanz zu stopfen, ja zum Glück vielfältiger.    Foto: Imago/Leber
Symbolbild Telefonsex: Heute sind die Möglichkeiten, das Corona-Lustloch auf Distanz zu stopfen, ja zum Glück vielfältiger. Foto: Imago/Leber

Angelo, 30: Den Virus vom „Corona-Buddy“ – ich bin nicht unverwundbar

Leute, ich sag euch eines:  Nehmt die Scheiße einfach ernst. Ich habe mir, wie einige meiner Freunde, einen Corona-Buddy angelacht. Jemanden, mit dem ich, obwohl wir nicht zusammenwohnen, exklusiv intim bin in dieser Zeit. Sie hat sogar recht zügig bei mir gewohnt, für ein paar Tage. Bis der Mist losging.

Plötzlich hatte sie Probleme mit der Lunge, fühlte sich echt mies. Sie hat keine Ahnung, wo sie sich Corona geholt hatte – sie hatte es aber. Inklusive Test, positiv. Ein paar Tage später fing es auch bei mir an, ich spürte Corona-Anzeichen. Ich hänge jetzt echt eine Weile durch, wobei es mich nur mild erwischt. Ruckzuck außer Atem, Husten, schwach. Test steht noch aus, gelernt habe ich jetzt schon: Ich bin nicht unverwundbar, nur weil ich jung bin und denke, „ach komm, ein Kontakt ist schon ok“.


André, 22: Eine Zweite Chance für die Liebe

Ich kann es nicht erwarten, dass das vorbei ist. Erstens keine Lust mehr, nur mich selbst anzufassen, zweitens kompletto verknallt. Vor zwei Jahren habe ich mal bei einem Konzert eine echt süßen Frau kennengelernt. Wir schrieben noch ab und an miteinander. Aber das versandete dann. Irgendwer hatte ja immer was zu tun.

Nun schrieb mir besagte Frau vor drei Wochen. Klassisches Corona-Langeweile-Verhalten. Ich schrieb ihr aus genau diesem Grund zurück. Seitdem sind wir quasi in einem andauernden Gespräch, haben inzwischen auch FaceTime und so gemacht, bisher noch voll bekleidet. Und wir zählen echt die Stunden, bis wir uns nun endlich wieder live sehen.

Meine Erkenntnis: Gar nicht mal so schlecht, wenn der Alltag etwas nachlässt und man mal Zeit hat, sich auch mal kennenzulernen und vorzufreuen. Ist ja heute doch alles recht schnelllebig.

Vielleicht wird es ja the love of my life, haha. Ich genieße den Kontakt jetzt, sie ist nice, und wenn es dann doch nicht passt: Es wird schon schnell genug alles genauso schäbig wie vorher beim Dating in Berlin.


Auch im Corona-Lustloch? So geht es weiter

Sie ist nicht immer leicht, die Liebe in Zeiten von Corona: Ein Paarberater über Trennungen, Sex und „Corona-Babys“. Wer eine*n Partner*in hat, sollte vielleicht doch mal wieder drauf/drunte/dahinte/davor: „Sex hat oft auch etwas Revolutionäres“ – Ein Sexualtherapeut über Erotik in Zeiten von Corona. Infos zur Pandemie gibt es beim Senat.

Berlin am besten erleben
Dein wöchentlicher Newsletter für Kultur, Genuss und Stadtleben
Newsletter preview on iPad