Gastro Kommentar

Da hatten wir den Salat

Unsere Redaktion ist ja bekanntlich umgezogen. Vom Landwehrkanal an den Landwehrkanal. Vor allem aber vom in gastronomischen Dingen übersatten Paul-Lincke-Ufer nach Charlottenburg Nord. Mittagspausendiaspora. Neue Autos hingegen werden hier beinahe in jedem zweiten Haus verkauft. Nun, es gibt in der neuen Nachbarschaft also wenige empfehlenswerte Lokale, am gegenüberliegenden Ufer des Landwehrkanals aber immerhin dieses kleine Backsteinhäuschen. Daherinnen: ein kleines Café. Und davor: ein Mann am Grill. Ein veritables Geschäftsmodell, zumal im künftig so ausgedehnten Berliner Sommer. Und die Salsiccia war auch richtig gut, kräutrig, saftig, fettig, kurz genug gebraten und angenehm grob. Der dazu gereichte Nudelsalat hingegen, der kam aus dem Eimer und ganz offensichtlich aus einer Zuckerrübenfabrik. Er schmeckte wie eine Mischung aus Marshmallows und Mayonnaise.

Clemens Niedenthal
Clemens Niedenthal

Ich kann ja die Leute verstehen, die die Leute nicht verstehen, die aus jeder Mittagspause ein Event machen müssen. Oder gleich eine Religion. Auch ich finde es einen naheliegenden Gedanken, einfach mal zum Naheliegenden zu greifen. Eben zur Wurst vom Grill vom Café gegenüber. Sich die Mittagspause mit allerhand Lebensmittelchemie aber so wortwörtlich zu versüßen, das dient weder dem Hunger noch dem Protest an einer vermeintlich verhipsterten Esskultur. Und einen unaufgeregt guten Nudelsalat, den hat mir meine Oma beigebracht. Macht halt ein bisschen Arbeit. Aber dafür auch – Appetit.

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