Gastrotipp

Bricole: Ein Michelin-Stern für den Prenzlauer Berg

Mit dem frankophilen und vor allem familiären Bricole hat nun auch der Prenzlauer Berg einen Michelin-Stern. Kleines Team, kleine Küche – hier kommt die Größe im Geschmack. Wir gratulieren!

Besternt: Steven Zeidler (2. v.l.), Fabian Fischer (r.) und das kleine Team des Bricole. Foto: Bricole/Hiroshi Toyoda

Bricole: Von wegen nur Krimskrams

Mit einem Namen ist es ja so: Man wird ihn nicht mehr los. Und so heißt dieses kleine, großartige Lokal im Helmholtzkiez also – très français – Bricole, was übersetzt eben „Kleinigkeiten“ bedeutet. Und noch auf die ersten Monate seiner Existenz verweist, als im Bricole eine feine, französisch grundierte Küche noch als miniaturschöne Tapas serviert worden war. 

Indes, das vor knapp fünf Jahren eröffnete Lokal sollte schnell erwachsen werden. Was unter anderem an Fabian Fischer lag, einem Gastgeber, für den die kleine Form ja ohnehin Neuland war. In Läden wie dem Borchardt oder dem längst verblichenen Grosz am Kurfürstendamm hatte er zuvor vorwiegend auf den großen Bühnen gewirkt. An Orten, für die einmal die Rede vom Gesellschaftslokal erfunden worden war. Sein erstes eigenes Restaurant sollte auch deshalb so etwas wie ein In-guter-Gesellschaft-Restaurant werden. Wohl kein Fine-Dining-Ort ist so tief und, ja, harmonisch in seiner Nachbarschaft verankert wie das Bricole im Helmholtz- und Kollwitzkiez.

Wie sehr Fischer das Kleine, Intime liegt, lässt sich allabendlich in der Senefelderstraße erleben. Und vermutlich war dieses Bricole – in dem aus den Tapas schon lange ein sehr erwachsenes und in fünf Gängen gereichtes Menü geworden ist – genau das richtige Lokal, um den Prenzlauer Berg auf die Reise zu schicken. Denn ja, dieser Bezirk des All-Inclusive-Brunchs und der günstigen Asiaten ist in den vergangenen Jahren ein kulinarischer Kiez geworden. Fabian Fischer und sein sehr nachbarschaftliches Bricole haben da gehörigen Anteil dran. Und das steht künftig auch Weiß auf Rot an der Fassade angeschlagen: Das Bricole hat nun einen Michelin-Stern, es ist in diesem Jahr der einzige neue Stern für Berlin. 

Im Bricole fügen sich Produkte auf dem Teller und Teller zueinander

Was uns auffällt, was uns gefällt am Bricole: die Harmonie, mit der sich die Produkte auf dem Teller und die Teller zueinanderfügen. Dem gegenwärtigen Zeitgeist zu den lauten, auch grellen Aromen und Aromensprüngen macht dieses ansonsten durchaus sehr zeitgenössische Restaurant nicht mit. Gerade in den Hauptgängen, die im Bricole noch Hauptgänge sein dürfen, öffnet Küchenchef Steven Zeidler sein Herz fürs nicht unbedingt Alt-, aber doch Hergebrachte. Souveränität in Sachen Garpunkt, Saucenkunde und Warenkompetenz beherrscht Zeidler sowieso. Und er beherrscht die Arbeitsabläufe.

Klingt zunächst unsexy, ist aber der Fond jedes kulinarischen Erlebnisses, wenn eine Küche wie im Bricole mit gerade einmal zwei Köchen auskommen muss und kann. Und es ist noch nicht allzu lange her, da wäre alleine diese Überschaubarkeit des Teams ein Ausschlusskriterium für einen Michelin-Stern gewesen.

Dass das Bricole jetzt ausgezeichnet wurde, erzählt auch davon, wie sehr sich Fine Dining geändert hat. Weg vom steifen, dienenden Charakter, weg vom Apriori der Statusprodukte und der livrierten Kellnerschaft. Turn- statt Lackschuhe. Hin zu einer demokratischeren Alltäglichkeit. Dass das Bricole jetzt ausgezeichnet wurde, erzählt aber auch von der Sehnsucht mindestens der Michelin-Tester:innen nach klassischen Küchenhandwerk – und vielleicht auch nach weniger Küchenhype. 

Irgendwie nämlich lag es in der Luft, dass sich der Michelin in diesem Jahr über ein Restaurant freuen will, das Miso und Shiso und vor allem das brutal Lokale einmal nicht überbetont. Aber erstens macht das das wunderbare Bricole um keinen Happen schlechter. Und zweitens werden sie nach einem Abend dort in der Senefelderstraße feststellen: So lokal, ja geradezu kiezig, speist es sich in keinem anderen Fine-Dining-restaurant Berlins.

Auf der Speisekarte: Kräuterseitling mit Radicchio, Rote Beete, und Grapefruit. Foto: Bricole/Hiroshi Toyoda
  • Bricole Senefelderstr. 30, Prenzlauer Berg, Mo–Fr 18.30-23 Uhr, Tel. 030/84 42 13 62, www.bricole.de

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