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Die Müllerstraße in Wedding: Von Mühlen zu Dönerbuden

Abseits der Touri-Meilen, Feierhochburgen und Kunstenklaven zieht sich zwischen den U-Bahnhöfen Kurt-Schumacher-Platz und Reinickendorfer Straße eine Straße, die vielen Nicht-Weddinger*innen, wenn überhaupt, nur als Verkehrsknotenpunkt bekannt ist: Die Müllerstraße. Was ist die Geschichte der 3,5 Kilometer langen Straße und was findet man heute dort? Ein Rück- und Überblick.


Die Geschichte der Müllerstraße im Wedding

Mühle, historische Müllerstraße
Aus heutiger Sicht kaum vorzustellen, dass die Müllerstraße mal so aussah.
Foto: Wikimedia Commons/ Zeichnung von Ernst Müller von Sondermühlen

Wieso heißt die Müllerstaße eigentlich Müllerstraße? Um die Ecke denken braucht man hier nicht, denn der Name verrät tatsächlich schon viel über die Straße im Wedding. Zunächst war hier Stadtheide, bis der gesteigerte Bedarf an Holz 1730 zur Abholzung des Gebiets führte. Daraufhin entstanden Siedlungen in dem Gebiet um den heutigen Weddingplatz. Die sich dort ansiedelnde Kolonie gab sich den Namen „Neu-Wedding“. Damals hieß die Müllerstraße noch „Straße nach Tegel“.

Außerdem war sie Teil des Heerwegs nach Ruppin und wurde Richtung Tegel um 1800 zu einer Chaussee gepflastert. Durch das Wegfallen der Stadtheide sowie die allgemein windgünstige Lage wurden hier im Wedding Mühlen gebaut, und die Straße wurde dann wegen der zu diesem Zeitpunkt 25 Mühlen im Jahr 1827 Müllerstraße getauft.

Dort, wo heute Supermärkte, Wohnhäuser und Restaurants stehen, waren noch bis ins Jahr 1880 Windmühlen. Diese wurden außer Betrieb gesetzt, als sich an anderen Orten in Berlin Müller ansiedelten.

Schinkel und Schering

Die Nazarethkirche auf dem heutigen Leopoldplatz wurde von Karl Friedrich Schinkel entworfen und zwischen 1832 und 1835 erbaut. Der Leopoldplatz bekam seinen Namen erst im Jahr 1891. Er wurde nach Leopold I, Fürst von Anhalt-Dessau, benannt.

Die Nazarethkirche am heutigen Leopoldplatz.
Foto: Imago Images/Jürgen Ritter

Mitte des 19. Jahrhunderts veränderte die einsetzende Industrialisierung das Straßenbild. Anders als in anderen Stadtteilen hatten Betriebe hier noch Platz, um sich niederzulassen. Ernst Christian Friedrich Schering baute 1864 eine Chemiefabrik in der Müllerstraße 170. Auch weitere Werke siedelten sich hier an. Die aus der Industrialisierung resultierenden Arbeitsplätze sorgten dafür, dass ab 1850 innerhalb von 25 Jahren knapp 40.000 Menschen an die Müllerstraße zogen.

Seit 1923 ist die Müllerstraße mit der U6 an das U-Bahnnetz angeschlossen. Im Jahr 1961 eröffnete sich mit der U9 ein Knotenpunkt am Leopoldplatz. Nach der Wende wurde die Tram auf der Seestraße bis zum Virchow-Klinikum neu erbaut und 1997 in Betrieb genommen. Ab 2002 fuhr die Ringbahn die S-Bahn-Station Wedding wieder an.


Unterhaltung und Kultur an der Müllerstraße

Soweit so historisch. Doch was bietet die Müllerstraße heute? Eins schon mal vorab: Hier gibt es mehr zu entdecken, als man im ersten Moment vielleicht annimmt.

Bowlingcenter Schillerpark

Bowlingcenter Schillerpark
Ob bei Schwarzlicht oder mit Frühstücksbuffet: Hier gibt es Bowling der besonderen Art.
Foto: Bowlingcenter Schillerpark

Laut eigenen Angaben ist das Bowlingcenter Schillerpark im 2002 erbauten Schiller Park Center das größte in Berlin. Auf 46 Bahnen kann man hier bowlen, Bier trinken, aber auch in Kombination mit Frühstücksbuffett oder bei Schwarzlicht seine Freund*innen auf der Bowlingbahn herausfordern. Die Einrichtung der Anlage ist charmant-urig und ermöglicht eine Zeitreise in die 2000er.


Alahambra

Kino Alhambra in Berlin Wedding
Zwar steht das Gebäude noch nicht so lange hier, aber seit über 100 Jahren werden an der Müllerstraße/ Ecke Seestraße Filme gezeigt.
Foto: Imago Images/Stefan Zeitz

An der Ecke Müllerstraße/ Seestraße wurden erstmals im Jahr 1912 Stummfilme gezeigt, damals noch in einem Gartenlokal. Vier Jahre später wurde an der selben Stelle ein Kino erbaut, welches 1921 vergrößert wurde und seitdem den Namen Alhambra trägt. Das noch heute existierende vierstöckige Glasgebäude mit sieben Leinwänden wurde 1999 erbaut und gehört zur Cineplex-Gruppe. Eine Besonderheit: Neben dem regulären Kinoprogramm zeigt das Alhambra türkisch- und arabischsprachige Filme.


City Kino Wedding

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Das Alhambra ist jedoch nicht der einzige Ort an der Müllerstraße, der Filme zeigt. Auch im City Kino Wedding Richtung Afrikanische Straße, das im Centre Français ist, kommen Filmfans auf ihre Kosten. Das Centre Fraiçais wurde bis 1989 von französischen Streitkräften als Kulturzentrum betrieben, bevor es dann in den Besitz der Bundesrepublik Deutschland überging. Heute wird es als Ort des interkulturellen Austauschs genutzt und dient für Veranstaltungen. Von der Müllerstraße aus ist das Centre Français leicht am Mini-Eiffelturm zu erkennen.

  • Centre Français, Müllerstraße 74, 13349 Berlin Veranstaltungen & Ausstellungen hier und Programm des City Kinos Wedding hier

Moon Dance

Schallplatten Vinyl
Auch Vinylfans werden an der Müllerstraße fündig.
Foto: Unsplash/Eric Krull

Auch Schallplattenliebhaber*innen kommen auf der Müllerstraße auf ihre Kosten: Unweit des S-Bahnhofs Wedding versteckt sich ein kleiner Plattenladen, der die Veränderungen der Umgebung die letzten 25 Jahre miterlebt hat. Auch im Zeitalter von Streaming und Spotify gibt es im Moon Dance hautsächlich Rock auf Vinyl, aber auch Platten anderer Genres sowie CDs.

  • Moon Dance, Müllerstr. 167, 13353 Berlin, montags bis freitags von 10:30 Uhr bis 18:30 Uhr sowie Samstags von 10:00 bis 14:00 Uhr

Schiller-Bibliothek

Ein toller Ort für alle, die gerne bei Tageslicht lesen, schreiben und recherchieren: Die Schiller-Bibliothek an der Müllerstraße in Berlin.
Foto: Stadtbibliothek Berlin-Mitte

1920 gegründet, ist die Schiller-Bibliothek nahe des Leopoldplatzes eine der ältesten Bibliotheken des Bezirks Berlin Mitte. Sie startete als Kinder- und Jugendbibliothek und hat diesen Fokus auch nach Wiedereröffnung, Umbau und Umbennenung von „Volksbücherei Schillerpark“ zu Schiller-Bibliothek beibehalten. Im Allgemeinen hält Berlin viele schöne Leseorte bereit.

Aus diesem Grund finden sich hier neben Büchern und Tageszeitungen auch viele Videospiele für Konsolen. Außerdem bietet die Bibliothek auch zahlreiche Arbeitsplätze, die durch die großen Fenster mit Licht durchflutet werden. Sowohl Studierende als auch Schüler*innen können hier entspannt in ruhiger Umgebung lernen.

  • Schiller-Bibliothek, Müllerstraße 149, 13353 Berlin, montags, mittwochs und freitags von 13:00 bis 19:00 Uhr geöffnet

Galerie Wedding

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2009 eröffnete die Galerie Wedding im ehemaligen Bürgeramt Wedding. Mit Fokus auf Interkulturalität werden hier wechslende Ausstellungen zeitgenössischer Kunst gezeigt. Die Kurator*innen legen viel Wert darauf, internationaler Künstler*innen einzubeziehen sowie mit der gezeigten Kunst aktuelle gesellschaftspolitsche Komplexe zu hinterfragen.

  • Galerie Wedding – Raum für zeitgenössische Kunst Müllerstraße 146/147 13353 Berlin

Prime Time Theater

Wie man erfolgreich das Format Sitcom auf die Theaterbühne bringt, zeigt das Prime Time Theater.
Foto: Imago Images/ Stefan Zeiz

Seit 16 Jahren hat der Wedding eine Theater-Sitcom. Das Prime Time Theater spielt alle sechs bis acht Wochen eine neue Folge „Gutes Wedding, Schlechtes Wedding“ (GWSW), die einerseits an die vergangene Folge anschließt und andereseits genug Kontext bietet, um die Aufführung auch als Erstzuschauer*in zu verstehen. Pandemiebedingt spielt das Ensemble gerade nicht im Haus nahe der S-Bahn Station Wedding, sondern im Strandbad Plötzensee.

  • Prime Time Theater, Müllerstraße 163, 13353 Berlin; aktueller Spielort: Strandbad Plötzensee, Nordufer 26, 13351 Berlin

Torten, Gözlems, Döner: Restaurants an der Müllerstraße

Heute ist die Müllerstraße ein kulinarisches Hidden Gem abseits der bekannten Touristen-Hot-Spots. Neben unzähligen Dönerbuden gibt es hier auch leckeres asiatisches Essen, Torten und Falafel. Hier einige Empfehlungen.

Umi Berlin

Ein Neuzugang in der kulinarischen Vielfalt der Müllerstraße ist das UMI. Hier mischt sich, umgeben von Neon-Lichtern und modern-experimenteller Einrichtung, asiatische Küche, vor allem Sushi mit Surf’n’Turf. Aber auch diverse vegane und vergetarische Gerichte stehen auf der Speisekarte.


Café Chokkolatta

Das Café Chokkolatta bietet eine Riesenauswahl an leckeren Torten, die über die klassischen Sorten wie Schwarzwälder Kisch, Sacher oder Schoko hinausgehen. Die hell ausgeleuchtete Vitrine besticht täglich mit frischen, hausgemachten Torten, die mit vielen Früchten, Kinderschokolade oder Yogurette kombiniert sind. Wer nicht genug Kaffeklatsch bekommen kann, findet hier weitere Kuchenkreationen.

  • Café Chokkolatta, Müllerstraße 137, 13353 Berlin, täglich von 9:00 bis 20:00 Uhr geöffnet

Yildiz Gözleme

Simpel und lecker zu jeder Tageszeit: Türkische Teigtaschen bei Yildiz Gözleme
Foto: Facebook/Yildiz Gözleme

Ein besonderes Frühstück bekommt man bei Yildiz Gözleme. Das kleine Restaurant mit Außenbestuhlung auf der Müllerstraße backt neben anderen türkischen Speisen, Gözleme, Teigtaschen mit Füllungen wie Kartoffeln, Hackfleisch oder Weichkäse selbst und serviert schwarzen Tee dazu. Außerdem gibt es hier Baklava und ein breites Frühstücks- und Mittagsmenü.


Mercatino

Italienisches Flair im Wedding bietet das Mercatino.
Foto: Facebook/Mercatino

Unscheinbar, klein und fein ist das Mercatino. Der mediterrane Feinkostladen verkauft Wurst, Käse, Olivenöl und andere Speisen und Getränke aus Italien. Außerdem serviert das Mercatino täglich wechselnde hausgemachte Gerichte und leckeren Kaffee.

  • Mercatino, Müllerstraße 118, 13349 Berlin, montags, mittwochs und freitags von 9:00 bis 18:30 Uhr, donnerstags von 9:00 bis 22:00 Uhr und samstags von 9:00 bis 14:30 Uhr geöffnet.

Falafel Dream 2010

In einem zum Foodtruck umgebauten Bus vegane Falafel essen: Auch das geht im Herzen Weddings. Im Imbissbus Falafel Dream 2010 gibt es vegetarische und vegane Schnellgerichte. Hier bekommt man eine große Auswahl an hausgemachten Snacks wie Vöner, einen veganen Döner, Cous Cous und Halloumi. Abgerundet wird das Angebot durch eine Auswahl selbstgemachter Soßen sowie frischen Hummus. Berlin bietet auch an vielen anderen Orten eine breite Auswahl an veganen und vegetarischen Gerichten.


Mehr Geschichte oder mehr Essen?

Nicht nur die Geschichte der Müllerstraße in Berlin haben wir uns angeschaut, sondern auch die historische Sonnenallee. Diverse heftige Veränderungen hat die Oranienstraße erlebt – die Geschichte einer Straße in 12 Fotos. Über das Kottbusser Tor wurden schon ganze Bücher geschrieben. Weitere Empfehlungen für den Wedding gibt es hier. Für diejenigen, die dringend mal aus ihrem Kiez rausmüssen, haben wir außerdem Radtouren durch Brandenburg parat.

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