Das Auge isst mit. Also Augen zu und durch. Denn das, was da gerade in New York als neuester kulinarischer Heilsbringer (und das im Wortsinne) kursiert, sieht wirklich nicht gut aus. Eine trübbraune Brühe, zu stumpf für einen frisch gemosteten Apfelsaft, zu wenig Crema für den neuesten besten Espresso der Stadt. Dafür soll das in schnöden Pappbechern gereichte Getränk die Gelenke stärken, die Laune erhellen, die Haut straffen und die Haarwurzeln stärken. Abführend wirkt Knochenbrühe schon mal, so viel ist sicher. Braun ist also das neue Grün. Nach dem Hype um die Smoothies – die kalt (!) gepressten Rohkostsäfte – geht eine gleichsam trend- wie gesundheitsbewusste Ernährung nun also bis ins Mark. Und vermutlich passt es sogar ziemlich gut in diese neue Lebensmitteltrenderzählung, dass dieser Drink so trüb ist. Immer geht es doch um Distinktion und Differenz: Dort der frühlingsfarbenfrohe Avocado-Brokkoli-Smoothie – Knochenbrühe aber, das ist der Herbst, nein, der Winter im Glas. Apropos Trenderzählung: Wirklich neu ist an der Knochenbrühe natürlich nur, dass sie das Alte an der Knochenbrühe so herzhaft ignoriert. Eine gute Suppe nämlich, der Fond nicht aus der Dose, sondern vom ausgekochten Ochsenknochen, hat schon so manche Grippe besiegt. Suppe passt aber, zugegeben, nicht so gut in die Nuckelflasche fürs Fitnessstudio.
29.04.2015 - 08:59 Uhr
Essen & Trinken