Die Aperitivo-Saison in Berlin ist irgendwie immer in vollem Gang. Aperitivo, das ist die Zeit zwischen Feierabend und Abendessen. Die Zeit für einen – und zwar wirklich nur einen – guten Drink, dazu ein paar Snacks. Unsere Autorin Marianne Rennella war zu Besuch im Zum Heiligen Teufel in Kreuzberg. Und unternimmt den Versuch, Berlin die Aperitivo-Kultur zu erklären.
Aperitivo heißt ausreichend Zeit für etwas kurz Gedachtes einplanen
Neulich war ich zum Aperitivo im „Zum Heiligen Teufel“ in der Muskauer Straße in Kreuzberg. Ich komme gerne her, weil das Essen fantastisch ist und weil ich mich nach Italien versetzt fühle, sobald mein Fuß die Schwelle betritt. Vor allem aber komme ich, weil hier Berlin gezeigt wird, wie Aperitivo geht.
Aperitivo, das ist die Zeit zwischen Feierabend und Abendessen. Die Zeit für einen – und zwar wirklich nur einen – guten Drink, dazu ein paar Snacks. Klar, Nüsse und Oliven tun es auch, aber wieso denn, wenn ich einen riesigen Brotchip haben kann, unter dem sich Stracciatella-Käse, Tomaten, Mole und gepickelte rote Zwiebeln aus Tropea verbergen? Oder das beste Vitello Tonnato der Stadt. Oder einen kräftigen Pecorino und dazu eine dicke Scheibe knuspriges Weizensauerteigbrot. Oder ein Stück hausgemachte Focaccia.
Aperitivo-Kultur versus beiläufiges Späti-Bier
Die größte Kunst liegt darin, nicht zu viel und nicht zu wenig zu bestellen – der Aperitivo soll die Vorfreude auf das Abendessen erhöhen, doch auf keinen Fall satt machen. Gerne aber etwas tipsy. Der Klassiker Aperol Spritz trinkt sich gut zu den sogenannten „Classici dal Bar„, aber lieber möchte ich dazu raten, einen kräftigen Orange Wine oder etwas Perliges von der fein selektierten Weinkarte zu kosten.
Obwohl der Aperitivo als etwas Kurzes angedacht ist, sollte dafür ausreichend Zeit eingeplant werden. Denn vielleicht entwickelt sich ja doch etwas. Für einen guten Aperitivo wird sich nämlich entschieden, es wird etwas investiert und schließlich verweilt und genossen. Ich glaube, genau das ist der Grund, warum sich die Aperitivo-Kultur in Berlin nicht so richtig durchzusetzen vermag. Weil Berlin die Späti-Kultur lebt: ein beiläufiges Bier, schnell, unverbindlich und am besten im Gehen getrunken, schon auf dem Weg zum nächsten Späti.
Es ist die Späti-Kultur, die den Berliner Zeitgeist bestimmt und so dem Aufstieg des Aperitivos im Weg steht. Es ist die Späti-Kultur, die perfekt passt zur „Berlin-Krankheit“: der Angst davor, sich festzulegen. Ich wünsche mir, dass meine Stadt sich ihrer Angst stellt und dem Aperitivo eine Chance gibt. Schließlich ist Berlin gerne tipsy.
- Zum Heiligen Teufel Muskauer Straße 9, Kreuzberg, Mo-Sa 18-22 Uhr, online
An diesen leckeren und schönen Orten essen und trinken wir uns in Fahrt: Wir stellen euch die besten Adressen für Apéro in Berlin vor. Auch guter Wein allein füllt den Magen und hebt die Stimmung: In diesen Berliner Weinbars stoßen wir am liebsten an. Diese Feinkosthändler:innen verkaufen euch den besten Fisch, das beste Fleisch und den besten Käse der Stadt.
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