Sie meinen es ernst mit der Rettung der Eckkneipe. Laurens Friedl, Josha Karlborg und Julia Bentzien haben Anfang 2025 den Wilmersdorfer Tresen-Treff übernommen. Sie behielten nicht nur den Namen bei, sondern auch den Charme – und die Stammgäste.

„Als Berliner ist es sozusagen Pflicht, gegen das Sterben der Kneipenkultur vorzugehen“, antwortet Josha Karlborg auf die Frage, warum es auf dem Weg in die gastronomische Selbstständigkeit ausgerechnet eine Wilmersdorfer Fußballkneipe geworden ist. Eine Eckkneipe, wie sie im Buche steht, mit einem großen, in den Raum ragenden Tresen aus dunklem Holz, der rundum Platz bietet. Mit dem klassischen Kneipenpodest, auf dem man etwas erhöht sitzt und dadurch irgendwie gemütlicher. Mit dem dünnen Teppichboden, der den Schall so schön dämpft. Komplettiert wird der unverwechselbare Kneipenlook von zwei blauleuchtenden Spielautomaten. Es war, sagt Karlborg, Liebe auf den ersten Blick.
Die Stammkundschaft bleibt dem Tresen-Treff treu
Im vergangenen Sommer hatten er und Laurens Friedl erfahren, dass Meir Kreisman, seit 1990 der Wirt des Tresen-Treffs, in Rente gehen wolle. Die beiden Köche, Karlborg und Friedl kennen sich aus der Sterneküche des Wilmersdorfer Bieberbaus, überzeugten mit einem Konzept, das vor allem eines war: eine Liebeserklärung an die Berliner Eckkneipe. „Meir war seit unserer Übernahme jede Woche hier“, so Josha Karlborg. Julia Bentzien, die Partnerin von Laurens Friedl, komplettiert das Team: „Sie ist ausgebildete Sozialpädagogin, das kommt ihr hier in der Kneipe sehr zu Nutze.“
Die Stammkundschaft hat dem Tresen-Treff die Treue gehalten. Nicht nur, weil die Bierpreise sogar etwas gesenkt wurden – und dabei das handwerklich gebraute Spalter Bier aus Franken eingeführt worden ist.
Tresen-Treff hat Berliner Klassiker auf der Speisekarte
Neu ist das Speiseangebot. „Wir wollten die Urigkeit der Kneipe auch auf die Speisekarte rüberbringen,“ erzählt Karlborg. Auf der Karte stehen also Berliner Küchen-Klassiker wie Königsberger Klopse, Beamtenstippe, Matjessalat und Bouletten. „Ich habe vorher tatsächlich noch nie Buletten gemacht, wenn dann immer Tatar“, gesteht der Koch mit Blick auf seine Stationen in der gehobenen Berliner Gastronomie. „Wir haben ein Wort gesucht, das den Geschmack unserer Speisen beschreibt“, ergänzt Laurens Friedl, „heimelig trifft es wohl ganz gut“.
In der Tat schmecken die deutschen Gerichte in kleiner Größe und zu fairen Preisen (5 bis 7,50 Euro) bodenständig-vertraut, das handwerkliche Können der Profis aber bleibt unverkennbar. So ist der würzige Kartoffelbrei nicht zu fein, das Eisbein butterzart. So hat das Senfei seine typische Süße, die Rote Grütze ist angenehm zuckerarm.
Fußballspiele mit Beamer
Auch die Fußballspiele zeigt das junge Team weiterhin, dafür brachten sie eigens einen Beamer an. Hertha und Dortmund – aber Union? „Nee, das kann ich hier nicht machen! Wir müssen ja heil nach Hause kommen!“, sagt Laurens Friedl.
Dafür aber sollte ohnehin garantiert sein. Mit dieser beispiellosen Rettungsaktion einer West-Berliner Traditionskneipe haben sich Karlborg, Friedl, Bentzien und Barchef Tim Anders nicht nur in der Wilmersdorfer Nachbarschaft viele Freunde gemacht
- Tresen-Treff Berliner Str. 167, Wilmersdorf, So–Do 12–23 Uhr, Fr+Sa 12–3 Uhr, bei Facebook
Wie cool: Pluto ist eine Weinbar, die man auch Kneipe nennen darf. Ikonen mit Schaumkronen: Eine Liebeserklärung an Berliner Kneipen. Alt-Berliner Kneipen: Hier wird seit mehr als 100 Jahren gezapft. Immer da: Diese Kneipencharaktere gehören zum Inventar. Wir man sich richtig benimmt, erfahrt ihr in unseren heiligen Kneipen-Geboten. Außerdem kennen wir 12 Dinge, die man mal in einer Kneipe gemacht haben muss. Alle unsere Tipps und Tricks erfahrt ihr in unserer Bar-Rubrik. Alteingesessene Schöneberger Kneipen zeigen wir euch hier. Auch das Spiel zu sehen wird immer schwieriger: Wir stellen die passenden Berliner Fußballkneipen für euren Lieblingsverein vor.