Zum Trinken, so heißt es, findet sich immer ein Grund. Genauso zum Nichttrinken. Zumindest im „Dry January“ im Januar. Was das mit dem Nichttrinken zu tun hat? Konsumorientierte Menschen, und hier wäre vor allem der Konsum der sozialen Medien gemeint, dürften das wissen.
Soziale Medien haben aus dem Dry January eine Challenge gemacht
Der Januar ist nämlich der #DryJanuary, ursprünglich ins Leben gerufen Anfang des vergangenen Jahrzehnts von der britischen Stiftung „Alcohol Concern“, die sich die Volksgesundheit auf den Britischen Inseln zur Aufgabe gemacht hatte. Die sozialen Medien haben aus dem trockenen Januar eine Challenge gemacht. Fair enough. Schließlich ist es das Trinken ja allzu gerne auch. Kann sich etwa noch jemand an das Ritual des Dosenstechens erinnern? Wenn der radikale Rausch eine:n also aus der, Obacht, breiten Masse erhebt, kann das radikale Nüchternheit erst recht. Jede:r will ja irgendetwas sein. Warum also nicht nüchtern? Also mit Ansage? Und #Hashtag.
Alkoholfreie Spirituosen sind ein Wachstumsmarkt
Was die Genussmittelindustrie dazu sagt? Sie kauft uns das ab. Nein, halt: Wir kaufen es ihr ab. Kein Markt wächst gegenwärtig so schnell wie jener der alkoholfreien Spirituosen und Getränkebegleitungen. Darunter komplexe Geschmackserfahrungen auf Tee- oder Kombuchabasis, so von der Berliner Kombuchabrauerei Bouche oder von Muri aus Kopenhagen (via Viniculture in Charlottenburg).
Traumhafte Säfte und komplexe Geschmackserfahrungen auf Tee- oder Kombuchabasis
Und ziemlicher Schrott wie die meisten alkoholfreien Weine, aber zum Glück gibt es ja traumhafte (Trauben-)Säfte, etwa von Van Nahmen vom Niederrhein oder von WachstumKönig aus der Steiermark. Letztere, die jungen Brüder Herbert und Karlheinz König also, machen übrigens auch wunderbare spontanvergorene Fruchtweine. Allzu dogmatisch muss man das mit dem Alkohol und dessen Verzicht vielleicht also gar nicht sehen.
Dry January: Guter Vorsatz aus dem kulinarischen Kalender
Weshalb ich abschließend einen, zugegeben dem Wein zugeneigten, Mediziner zitieren möchte, der dem Betreiber von Berlins vielleicht vibrierendster Weinbar diese Gebrauchsanweisung mit auf den Weg gegeben hat: Er solle einen Tag in der Woche, eine Woche im Monat und einen Monat im Jahr auf Alkohol verzichten. Und könne es darüber hinaus durchaus krachen lassen. Passt ja wunderbar zum Dry January. Womit nur noch geklärt werden müsste, wie es sich mit den frühen Morgenstunden des Neujahrstages verhält.
Aber vielleicht taugt hier ja ein zweiter großer Trend des Kulinarischen als Ausrede: Zero Waste, also der An- oder eben Vorsatz, alle Lebensmittel möglichst rückstandslos zu verbrauchen und zu verarbeiten. Könnte das nicht auch für die Alkoholvorräte der Silvesterparty gelten? Na gut. Vorausgesetzt allerdings, man kann sich an den wahrlich guten Vorsatz, im Januar mal nichts zu trinken, nach dieser rauschenden Nacht noch erinnern.
- Bouche ist über www.thebouche.de erhältlich, hier geht’s zum Storefinder
- Null Prozent Späti Solmsstraße 30, Kreuzberg, Mi–Sa 12–20 Uhr, Tel. 030/50 95 00 41, online
- Viniculture Grolmanstraße 44–45, Charlottenburg, Mo–Fr 12–19 Uhr, Sa 11–19 Uhr, Tel. 030/883 81 74, online
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