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Gastrotipp

Ember Open Fire Cooking: Saisonale Menüs vom wandernden Holzfeuer

Der junge Berliner Koch Tobias Beck hat in Argentinien gelernt, das Feuer zu beherrschen. Sein BBQ-Pop-up Ember taugt zum Prototyp einer neuen nomadischen Restaurantkultur. Zubereitet werden die saisonalen Menüs mit der ältesten Kochmethode: Holzfeuer. Eines ist also gewiss: Er brennt für diese Sache.

Ember BBQ: Sollte Tobias Beck einen seiner Lieferanten besonders herausstellen, er würde sich für seinen sächsischen Buchenholzhändler entscheiden. Foto: Nino Vincenzo Valpiani

Ember BBQ-Pop-up: Für die Sache brennen

Tobias Beck ist liegengeblieben. Mit seinem betagten Dieselbenz. Da war er gerade auf dem Weg ins Wendland, um in Rolly’s Trucker Stop die Sülze mit der hausgemachten Remoulade zu probieren. Tobias Beck liebt solche Exkursionen. Hinaus ins gastronomische Brot&Butter-Geschäft. Hin zu Menschen, die ihre Sache mit einer unbedingten Leidenschaft machen. Und sei es ein Imbisslokal an einer niedersächsischen Bundesstraße.

„Am Ende geht es doch einfach darum, dass es lecker ist“, sagt Tobias Beck. Dieser Satz erzählt mehr über den jungen Mann mit dem Oberlippenbart und den gleichsam praktischen wie in der globalen Food-Szene sehr angesagten australischen Blundstone-Stiefeln als der Hinweis, dass Beck für einige Monate in der Küche des Kopenhagener Noma gestanden hatte. Und danach zweieinhalb Jahre in der Küche des Weddinger Ernst. Beides Adressen die  durchaus als Beleg einer kulinarischen Zeitgenossenschaft gelten dürfen. Places to be.

Beim Ember gibt es keinen Webergrill, nirgends

Zeitgenossenschaft. Darum geht es auch an diesem Abend in einer leergeräumten Etage des Funkhauses in der Nalepastraße. Wobei die Magie noch einmal zwei Etagen höher passiert: Auf dem Flachdach mit dem Panoramablick über die Spree und die Stadt, auf das die Gäste gleich zu Beginn des Abends geführt werden. Hier wird also gegrillt, befeuert, geräuchert. Keine archaischen Männlichkeitsrituale, kein Weber-Grill. Stattdessen ein selbstgeschweißtes Metallgestell und mehrere kleine japanische Konro-Grills, deren effektiv wärmeleitende Seitenwände aus versteinerten Kieselalgen bestehen. Darauf liegt der Spitzkohl, der gleich als Gruß aus der Küche gereicht wird. Und später ein wunderbare aromatische Bratwurst aus Schweinebauch – und Austern. Ja, Fett ist ein Geschmacksträger. Und die kalte bretonische Atlantikströmung ebenso.

Tobias Beck hat in Argentinien gelernt, das Feuer zu beherrschen. Bei Francis Mallmann, den man hierzulande aus der Netflex-Serie „Chef‘s Table“ kennen könnte. Falls nicht: Mallmann ist der Weltstar der Outdoor-Küche,  er kocht wie ein Pyromane, rau, raumgreifend, dramatisch. Mit großen Rinderhälften und noch raumgreifenderen Gesten. So raumgreifend wie die argentinische Pampa, in der die Gauchos, die Rinderzüchter, der Legende nach diese Art zu kochen perfektioniert haben sollen.

Der Standort wechselt, aber eines bleibt gleich: Das Ember serviert saisonale Küche vom Holzfeuer. Foto: Ember

Beck blieben diese Gesten so fremd wie das Feuer umgekehrt zu seinem Freund geworden ist: „Am Anfang hatte ich permanent verbrannte Finger. Inzwischen reguliere ich die Temperaturen am Grill so intuitiv wie an einem Elektroherd.“ Mit einem Unterschied: „Die Glut wird eben nicht nur kälter oder heißer, ich beeinflusse genauso das Aroma.“

Zart, rauchig, kross. Einen Taco aus einem gegrillten Wirsingblatt zum Beispiel, darauf Gezupftes vom Reh. Seinen sächsischen Holzhändler, der die Buchenscheite in einem Feuer trocknet, das aus den Ästen derselben Bäume entzündet worden ist, bezeichnet der 28-Jährige als seinen wichtigsten Lieferanten.

Entdeckungshungrige Orte

Zurück aus Argentinien – tatsächlich wurde er in der ersten heißen Phase der Pandemie mit einem Charterflug des Auswärtigen Amtes ausgeflogen – hatte der 28-Jährige recht klare Vorstellungen von seinem ersten eigenen Projekt. Vor allem davon, dass es gerade kein Restaurant werden sollte. Stattdessen sollte es eine ganzheitliche Erzählung, ein ganzheitliches Erlebnis werden. Der Ort, oder besser die wechselnden Orte, als integraler Bestandteil einer nicht nur kulinarischen Idee. Angefangen hatte Ember im Spätsommer im versteckten Innenhof einer Kirche hinter dem Frankfurter Tor. Weiter ging es ganz in den Südosten der Stadt, auf einem Seegrundstück in Schmöckwitz. Zuletzt, bis Mitte Dezember 2021, das Funkhaus in der Nalepastraße.

Künftig könnte es auch weiter hinaus nach Brandenburg gehen. Ab Februar aber bauen Beck und sein Jugendfreund Paul Gerber, der für Ember aus einer Zero-Waste-Küche in Helsinki nach Berlin gekommen ist, ihre Feuerstellen wieder in Berlin auf. Wo, ist noch geheim. Dieser Überraschungsmoment ist Beck so wichtig wie die große Tafel, an der die Gäste zu Freund:innen werden sollen. Während Hatim Zubair, der Dritte im Bunde, die Gläser mit begeisternden (Natur-)Weinen füllt.

Zubair kennt sich aus mit exzellenten wie exzentrischen Konzepten – zuletzt wirkte der gebürtige Kanadier sechs Jahre in Magnus Nilssons Fäviken, der Farm-to-Table-Ikone im nordschwedischen Nirgendwo.

Und doch will Ember eines ganz bewusst nicht (nur) sein: ein exzellentes, exzentrisches Food-Konzept. Tobias Beck kennt die weihevolle, fast devote Atmosphäre aus dem Restaurant Ernst noch zu gut, um sich nicht unbedingt eine lebhaftere, leidenschaftlichere Tischgesellschaft zu wünschen.

  • Ember (Open Fire Cooking) welchselnde Standorte, zu finden hier

Ein paar Geschmacksfragen: Wir haben ein langes Interview mit Tobi Beck von Ember Open Fire Cooking geführt.


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