Als Zeitgenossin erlaube ich mir, der „Sex And the City“-Ära nachzutrauern. Aufbrezeln und schick ausgehen, das haben die New Yorker Mädels vorgemacht. In Berlin kann man das jetzt nachmachen, im Grace, dem Restaurant des neu eröffneten, auf Klasse und Glamour gebürsteten Hotel Zoo am Kurfürstendamm. Eine schwarze Tür mit Klingel, eine von Hand geöffnete Tür, Garderobenservice, eine hübsche Tischanweiserin, Kandelaber, Kamin, eine Bücherwand – alles sehr amerikanisch. Der Küchenchef wird nicht explizit genannt, geht es doch um ein international verständliches, Mediterranes und Asien verknüpfendes Crossover-Konzept, das kaum nach Punkten und Hauben schielt. Das „Artischocken-Nest“ mit Avocado-Wasabi-Püree und knusprig gebackenen und poschierten Morcheln (19 Euro) wird vielfach serviert. Wie die „Grace’n’Roll“ (marinierter Lachs in Seetang-Blatt, mit Wasabi-Crиme-fraоche, schwarzem Sesam und Wurzel-Carpaccio, 16 Euro) gehört sie zur Gattung der andernorts wenig ernst genommenen „Mädchen-Gerichte“.
Zwar wäre die Artischocke ohne Knusper eleganter, weniger Öl beim Gemüse smarter. Dafür überzeugt – genderunabhängig – der knusprige Bauch vom Livar Klosterschwein mit seiner süßlichen Hoisin-Soße (22 Euro). Und: Alles schaut schön aus. Auch das überraschend junge und weniger überraschend eher weibliche Publikum, das hier zur Food-Fashion posen kann. Typisch New York gibt es zwei Sitzungen, 18 bis 21 oder ?ab 21 Uhr. Weit gefehlt, dass früh zu ?früh wäre. Der Laden brummt uhrzeitunabhängig, zwischen Bar und Restaurant herrscht reger Verkehr. Als Gesamtpaket, das unverbrauchten Glanz an den Ku’damm bringt, legt das Grace ein sexy Debüt hin.
Text: Manuela Blisse
Foto: Marco Schwalbe
Grace im Hotel Zoo, Kurfürstendamm 25, Charlottenburg, ?Tel. 843 77 50, Di–Sa ab 18 Uhr, www.grace-berlin.com