Sophia Hoffmann und Nina Kristin Petersen haben am Schlesischen Tor ihr erstes Lokal eröffnet: Im Happa sind Genuss und Geschmack untrennbar an soziale Werte und ein aufmerksames Miteinander gekoppelt. Schmeckt ziemlich nach Zukunft, denn die Küche im Happa ist radikal vegan und abfallvermeidend. Wir haben es uns genauer angeschaut.
Ernährungswende, Kreislaufwirtschaft und Zero Waste im Happa
Eigentlich wollten sie ihr Lokal Happa schon 2020 eröffnen. Eigentlich. Aber dann kam eine Pandemie dazwischen. Und das Leben. Und überhaupt. Ärgert sie das? Sophia Hoffmann und Nina Kristin Petersen schauen sich an: „Nein“, sagen sie fast gleichzeitig. Sie hätten die Zeit gebraucht. So hätten sie sich über jedes, aber auch wirklich jedes Detail Gedanken machen können. Alles, was sich sonst eher während der Arbeit im Restaurant ergibt. Oder was sonst Fehler sind, die man als Junggastronom erst einmal teuer bezahlt, um von ihnen zu lernen.
Nein, so wie sie von ihren letzten zwei Jahren berichten, schien das alles schon seine Richtigkeit zu haben: sie nahmen sich die Zeit, die sich unerwartet bot, um auch als Duo zusammenzuwachsen und ihren Laden konzeptionell wie auch wertebasiert so aufzustellen, dass es sich für sie richtig anfühlen würde.
Das Happa ist für den Kiez und fürs große Ganze
Denn das Happa, das soll nicht einfach ein veganes Lunchlokal im an Mittagsoptionen nicht gerade armen Kreuzberg 36 sein. Sondern ein Ort der Gemeinschaft, der Zusammenkunft, ein Ort, an dem Hoffmann und Petersen zeigen können, dass Nachhaltigkeit nicht nur wirtschaftlich ist, sondern auch mehrdimensional verstanden werden muss: nicht nur auf die Bezugsquellen ihrer Zutaten bezogen, sondern auch auf nachhaltiges Wirtschaften, nachhaltigen Umgang mit Personal – und mit sich selbst.
Keine Ausbeutung anderer, aber auch keine Ausbeutung ihrer selbst. Deswegen gibt es angemessene Entlohnung, Arbeitszeiten, die auch ein Leben und eine Familie ermöglichen, und Gerichte, die sich alle Menschen im Kiez leisten können sollen. „Ein Gericht gibt es immer für unter zehn Euro“, sagt Hoffmann. Das ist meistens eine Suppe zu sechs Euro, Salat kostet drei Euro, ein Hauptgericht wiederum zwölf Euro. So ist für jeden Geldbeutel was dabei.
„Wir sagen nicht Zero Waste, weil es unmöglich ist, keinen Müll zu erzeugen“
Diese Werte kommen natürlich nicht von ungefähr: Sophia Hoffmann ist als vegane Köchin und Kochbuchautorin eine Art Pionierin in diesem Bereich. Ihr Kochbuch „Zero Waste Küche“ ist in den letzten Jahren im deutschen Raum zu so etwas wie einem Standardwerk geworden, was das möglichst nachhaltige Kochen angeht. In „Die kleine Hoffmann“ erklärte sie ihren intuitiven Zugang zu Kochen und Geschmack. Nina Kristin Petersen wiederum kommt aus der PR, wechselte nach langen Jahren in der Musikindustrie in den Nachhaltigkeitsbereich und engagierte sich ehrenamtlich beim Verein „Restlos Glücklich“, der sich gegen Lebensmittelverschwendung und für -wertschätzung einsetzt.
Ihre Erfahrung und Expertise prägen das Gesamtkonzept, von Mobiliar über Öffnungszeiten bis eben natürlich auch zur Küche. „Wir sagen nicht Zero Waste“, erklären sie, nein, ihnen gehe es eher darum, so viel Müll wie möglich zu vermeiden. Ganz ist unmöglich. So viel Transparenz muss sein. Aber nicht nur kommt ein großer Teil der Zutaten beispielsweise von Querfeld, die biozertifiziertes Obst und Gemüse verkaufen, das sonst aufgrund von falscher Größe oder Form aussortiert werden würde, auch wird alles verarbeitet, was verarbeitet werden kann. Und so steht Hoffmann nach Küchenschluss mit ihrem Team vor einem Berg Zwiebelschalen, die sie zu Gewürz machen.
Im Happa zählen Taten statt Worte
Was genau auf die Wochenkarte kommt, kann sich jeden Tag ändern. Da sie mit gerettetem Gemüse arbeiten und dabei regional und saisonal bleiben wollen, weiß auch Hoffmann nie so recht, was als nächstes auf die Karte kommt. Stress? Sie schüttelt ihren Kopf. So bleibt es spannend. Und für die, die zu Stammkunden werden wollen, gibt es auch immer wieder etwas Neues zu entdecken. Das kann Pasta mit Schwarzkohlpesto und weißen Bohnen sein, oder lauwarmer Linsensalat mit Räuchertofu, aber auch Lasagne oder Spätzle mit Pilzrahmsauce.
Mit viel Herzblut haben sie die ehemalige Transitbar am Rande des Wrangelkiezes nun in einen rosaroten Traum mit offener Küche und viel Platz für Genuss verwandelt. Das Team besteht aktuell ausschließlich aus Frauen, von denen einige, wie Hoffmann erzählt, nach Erfahrungen in der Spitzengastronomie, aber genauso im Café um die Ecke drauf und dran waren, die Gastronomie ganz hinter sich zu lassen. „Aber dann kamen sie zu uns“, erzählt sie lachend.
Hoffmann und Petersen sind übrigens noch lange nicht am Ende: ihre ersten Dinnerabende fanden statt, sollen künftig zur Freitagstradition werden. Um besser zu planen, immer mit festen Menüs und Kartenvorverkauf. Und sie streben eine Biozertifizierung des gesamten Restaurants an. Ohne Grünkernschrotklischees zu bedienen. Aber dafür mit viel Passion und entspanntem Selbstbewusstsein. Auch das ist Nachhaltigkeit: seinen eigenen Wert zu kennen. Sophia Hoffmann und Nina Kristin Petersen zeigen, wie es geht.
- Happa Schlesische Str. 35a, Kreuzberg, Lunch Mo-Fr 12–15 Uhr, veganes Dinner Fr ab 19 Uhr, online
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