Deshalb der Entschluss, noch einige Zeit ins Land ziehen zu lassen. Service und Küche sollten noch Spielraum haben, um das Beste rauszuholen. Denn das spürte der Gast, es gab Ambitionen und hohe Ansprüche. Also jetzt eben der erneute Besuch. Die Räumlichkeiten sind immer noch von italienischer Gradlinigkeit, sie zitieren auf dezente Weise die Geschichte des Restaurants, das mal in Bonn politisch mitgekocht hat. So lacht Willi Brandt zum Beispiel in Schwarz-Weiß von der Wand auf die Gäste. Die wiederum an diesem Abend sehr an die alte Bundesrepublik erinnern. Auch ein paar Touristen haben den Weg hierher gefunden.
Der Weg der Küche, deren Kursrichtung ist wiederum undurchsichtig. Der Service forsch. Das ständige Fingerschnipsen des Oberkellners macht die Atmosphäre nicht unbedingt anheimelnd. Die aufgetischten Brötchen und das Olivenöl macht sie nicht besser. Der Aperitif kommt in einem angeschlagenen Glas, es wird nicht ausgetauscht, dafür wird der Sherry Fino doch noch schnell kaltgestellt, weil vorher warm serviert wurde. Ungut der Start, der Abend bleibt auch so merkwürdig unentschlossen. Die Karte verspricht über die Preispolitik den Einsatz von hochwertigen Produkten, von Melodia di Cipola ist die Rede, was wiederum kreative Küche suggeriert, erweist sich aber als gewagtes Spiel unterschiedlicher Fischqualitäten.
Das Vitello Tonnato war gut. Nur wir sprechen hier von Vorspeisen, die um die 13 Euro kosten. Das Pastagericht, das speziell für italienische Politprominenz kreiert wurde, war sehr gut, ein wenig zu viel Butter vielleicht. Das mit dem Anspruch und der Wirklichkeit geht dann mit den Hauptgerichten symptomatisch so weiter. Das Filetto Manzo, das Filet vom Bullen, schlägt mit 27,50 Euro zu Buche, die Gamberoni Grigliati, die unbestritten perfekt gegrillten Garnelen mit 28,50 Euro. Wie gesagt, es werden Erwartungen geweckt, die an diesem Abend nicht erfüllt werden. Deutlicher: beim Italiener um die Ecke bekommt man für diesen Preis nichts Schlechteres. Es gab zum Neustart in der Neustädtischen Kirchstraße, so erinnern wir uns, italienisch moderne Experimente. Davon ist nichts mehr übrig geblieben. Dafür ist die Karte jetzt dreisprachig, die Küchencrew anscheinend in ihrer Unentschlossenheit zur Mittelmäßigkeit verdammt – aber vielleicht müssen wieder ein paar Monate ins Land ziehen, vielleicht klappt es dann mit einem erneuten Kurswechsel.
Text: Eva-Maria Hilker
Foto: Stefan Abtmeyer
tip-Bewertung: Annehmbar
Il Punto Neustädtische Kirchstraße 6, Mitte, Tel. 20 60 55 40, www.ilpunto.net; U+S-Bhf. Friedrichstraße; Mo-Sa 12-23 Uhr; Speisen 8,50 bis 28,50 Ђ, Softdrinks ab 3,20 Ђ, Bier (0,33 l) ab 4 Ђ, Wein (0,1 l) ab 4,50 Ђ, Fl. Wein (0,75 l) ab 29,50 Ђ; Rauchen: nur draußen
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