Ein paar Wochen sind nun seit der Eröffnung vergangen. Für einen ersten Versuch also der richtige Zeitpunkt. Trotz großer Gesellschaft wegen Weihnachtsfeier gibt es einen verhältnismäßig ruhigen Tisch. Brot und Butter, aromatisiert mit Orangenabrieb, stehen nach dem Aperitif, einem Crйmant de Loire, sofort auf dem Tisch. Die Karte ist auffällig ausgeglichen mit einem italienischen Angebot der besseren Gangart. Zwei grobe Richtungen sind klar vorgegeben, die eine nach Rotwein verlangende, etwas schwere mit Wildgerichten, die andere leichte Variante mit Fisch- und Meeresgetier. Das leichtere, selbst zusammengestellte Menü wird perfekt mit einer Flasche Bianco di Custoza begleitet. Das Carpaccio vom Schwertfisch schmilzt mürbe auf der Zunge dahin, ein wenig irritierend die rohen RoteBete-Streifen, die eher nach Kohlrabi schmecken und den typisch süßsäuerlichen Geschmack vermissen lassen. Die gebeizte Jakobsmuschel auf Belugalinsen ist eine rundum gelungene Komposition aus feiner Säure und cremiger Nussigkeit. Das erste Zufriedenheitsgefühl macht sich breit, und die Blicke schweifen im Raum umher. Es scheint so, dass die Gäste hierher gehen, um zu speisen. Es sind Mittebewohner, fast alle tragen graue und schwarze Kleidung, ein wenig unspektakulär. Vielleicht ein Zeichen von Mitte-Establishment?
Als Hauptgang ist die Seezunge okay, der dazugehörige Salat leider nur geölt. Dieses Gericht hält dem Vergleich mit der Seeteufelrolle nicht stand. Überzeugende Kochkunst, diese ambitionierte italienische Sushi-Variante: Mangoldblatt umhüllt den Seeteufel, der wiederum Garnelen umschließt. Der Service begleitet jeden einzelnen Tisch sehr aufmerksam durch den Abend, unser Kellner freut sich über unsere Wahl der Gerichte, mehr noch über unseren Wein. Manchmal erreicht die Akkustik atonale Dimensionen: Wer redet mit wem, und was versteht wer warum? Dann scheinen auch die Leuchtstoffröhren an den Wänden direkt in die Augen – warum nur alles in Grau? Doch dann kommt das Dessert, ein Haselnussparfait und ein KaramellMousse. Beides überzeugend und mit italienischer Großzügigkeit – einer Trockenbeerauslese – formvollendet abgerundet. Zum Abschied wird noch erklärt, dass es nicht immer so laut sei und wir das nächste Mal unbedingt einen Rotwein probieren müssten. Das werden wir wohl demnächst tun. Für den Anfang nicht schlecht!
Text: Eva-Maria Hilker
Foto: Judith Triebel
tip-Bewertung: Empfehlenswert
Luchs Rosa-Luxemburg-Straße 9-13, Mitte, Tel. 24 78 16 56, www.luchs-berlin.de; tgl. ab 7 Uhr; Speisen 3,60 bis 27,50 Ђ, Softdrinks ab 1,90 Ђ, Wein (0,1 l) 3 Ђ, Fl. Wein (0,75 l) ab 21,50 Ђ; Rauchen: in der angeschlossenen Bar
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