Die Franzosen tun es, die Italiener, die Österreicher auch, die Deutschen in jüngster Zeit wieder: Sie kochen mit Innereien. Kutteln, Hirn, Herz, Lunge, Leber, Ochsenschwanz – sie verarbeiten einen ganzen Kalbskopf, wie im Sissi zum Beispiel. Dort wird auch Wiener Salonbeuschel serviert. Hätten die Gäste von Anfang an gewusst, was das rund um den Semmelknödel ist, wäre diese Vorspeise wahrscheinlich mit gebremster Begeisterung verspeist worden.
Aber so sind die ersten Bissen schnell verschlungen und als sehr gut befunden. Beim Beuschel, auch Kalbsbeuschel genannt, wird Herz und Lunge verarbeitet. „Mindestens 24 Stunden müssen die Innereien gewässert, also gewaschen werden. Der österreichische Koch und Besitzer vom Restaurant Sissi Martin Hartmann kennt das Geschäft. „Und kochen musst du können, Innereien zuzubereiten ist etwas ganz anderes, als ein Hähnchenfilet in der Pfanne zu wenden. Innereien sind absolute Vertrauenssache!“
Das kann Elisabetta Gaddoni, Food-Journalistin und Expertin in Sachen italienischer Küche, bestätigen. Sie weiß aber auch, dass, abgesehen von der salonfähigen Leber und dem Ochsenschwanz, Innereien in italienischen Restaurants in Berlin kaum vorkommen. „Als fünftes Viertel, als quinto quarto, bezeichnen die Italiener die Innereien.“ Normale Restaurants fänden Gerichte wie Milz und Nieren zu aufwendig – dafür, dass die dann kaum bestellt werden würden. Innereien gehören wohl immer noch zur verpönten Küche – „in Italien steht die junge Generation nicht unbedingt darauf“. Wer dort Innereien bestellt, kennt die Gerichte von früher, von der Küche der Eltern oder aus ihrer regionalen Küche – wie zum Beispiel in Rom oder Palermo, wo es spezifische Traditionen gibt, oder in ländlichen Regionen mit viel Viehzucht, zum Beispiel Sardinien oder Apulien.
Traditionen gibt es auch in Berlin, die Leber wird an der Spree als hiesige Spezialität gehandelt. Dieses Gericht hat in den letzten Jahren eine unrühmliche Karriere als Touristenspeisung genommen, deftig-ledrig kommt sie daher, mit Püree aus der Packung. Doch gibt es eine neue, junge Generation von eben österreichischen als auch Berliner Gastronomen. Letztere machen die Berliner Leber wieder salonfähig…
Lesen Sie weiter in tip 03/09 auf Seite 22/23
Text: Eva-Maria Hilker
Fotos: Harry Schnitger
Sissi
Motzstraße 34, Schöneberg,
Tel. 21 01 81 01,
tgl. ab 12 Uhr, Küche bis 22.30 Uhr
Kurhaus Korsakow
Grünberger Straße 81, Friedrichshain,
Tel. 54 73 77 86,
Di-Fr ab 17 Uhr, Küche 18-23 Uhr,
Sa+So ab 10 Uhr, Küche 16-23 Uhr
Nansen
Maybachufer 39, Ecke Nansenstraße,
Neukölln, Tel. 66 30 14 38,
tgl. ab 18 Uhr, Küche bis 23 Uhr
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