Gastrotipp

1811 in Charlottenburg: Deutsche Küche zwischen Gestern und Morgen

Es heißt nun nur noch 1811, das ehrwürdige Lutter & Wegner 1811 in Charlottenburg. Ein junger Koch hat es übernommen – und findet das Maß zwischen Gestern und Morgen. Ein Ort für Stammgäste und solche, die es werden wollen.

Wachtel, Rhabarber, Pickert (!), Zwiebel: im 1811. Foto: Clemens Niedenthal

1811: Traditionsreich, neu gedacht

Schon wieder eine Geschichte, die die Pandemie geschrieben hat. Nicht die des Lutter & Wegner. Das öffnete bereits 1811 in der Charlottenstraße 48, der Begriff „Sekt“ soll dort aus einem Missverständnis geboren worden sein. Sondern jene des jungen Kochs Richard Reichelt, der nun also Wirt des Lutter & Wegner ist. Des Lutter & Wegner 1811 in Charlottenburg, nicht in der Charlottenstraße. Eine traditionsreiche Adresse dennoch, schon um 1900 gab es dort ein Weinlokal.

Doch zurück zur Pandemie und zu Richard Reichelt. Der gebürtige Westfale – von dort hat er Pickert mitgebracht, ein köstliches Kartoffelbrot – war nach Stationen etwa im Weingut in Schöneberg plötzlich Koch ohne Herd. Etwas Eigenes sollte her. Ein Restaurant, das bei aller Raffinesse und Handwerklichkeit immer auch Wirtshaus bleibt. Ein Ort für Stammgäste und solche, die es werden wollen. Deshalb das Wiener Schnitzel (28 Euro), aus dem Stand eines der besten der Stadt. Aber genauso die Fermente zur geschmorten Lammschulter (von Poltinger) mit grünem Spargel und Schafsjogurt (29 Euro). Bei Reichelt und seinem einnehmend herzlichen Team ist es nie weit von der Vollmundigkeit der Tradition zu kulinarischer Zeitgenossenschaft und wirklich feiner Küche. Und: Reichelt überzeugt ebenso als Gastgeber – auch weil er uneitel genug ist, die Geschichte dieser ehrwürdigen Adresse ernst zu nehmen.

Ach, ja: Die Namensrechte an Lutter & Wegner gehören einem Sekthaus, das man eher aus den Supermarktregalen kennt. Richard Reichelt will seinen Gästen Besseres ausschenken, weshalb das Lokal künftig schlicht 1811 heißen wird.

  • 1811 Schlüterstraße 55, Charlottenburg, Di–Sa 18–23 Uhr, Tel. 030/88 13 440, online

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