Gastrotipp

Burro Unchained im Schillerkiez: Neukölln meets Mexiko

Mit dem Burro Unchained hat der gebürtige Tempelhofer Philipp Entekhabi seinen Tacotempel Club del Burro ins Experimentelle erweitert. Und bleibt dabei alles andere als authentisch, aber immer aufrichtig gut. Auf dem Menü: Neukölln-mexikanische Fusionsküche – falls man die so nennen darf.

Frische Küche im Club del Burro in Neukölln. Foto: Luka Godec

Das Neuköllner Burro Unchained ist authentisch unauthentisch

Pastrami trifft Tostada, gerösteter Blumenkohl auf Mole Verde: „Ja, wahrscheinlich ist das schon Fusion.“, sagt Philipp Entekhabi zerknirscht, wenn man ihn auf die Küche seines neuen Projekts Burro Unchained in der Neuköllner Allerstraße anspricht. Denn eigentlich kann und will der ausgebildete Koch mit solchen Begriffen und Zuschreibungen nichts anfangen. „Was ist denn schon authentisch hier in Neukölln?“ Auf jeden Fall nicht sein Lokal, das stolz vor allem eines ist: ein Gemeinschaftsprojekt. Und ein Ort, an dem sich auch der rapide wandelnde Kiez wohlfühlen soll.

Entekhabi bleibt dem Schillerkiez treu

Entekhabi ist hier verwurzelt: aufgewachsen ist der Halbiraner in Tempelhof und in Neukölln, seine Kochausbildung machte er in Kreuzberg. Lange leitete er die erste Filiale des legendären Burgerbraters Schillerburger eben hier im Schillerkiez. Aber Teil eines Franchisesystems sein? Das war seine Sache nicht. Ein Stammkunde erzählte ihm, dass gegenüber ein Ladenlokal frei werde, ob er sich das nicht mal ansehen wolle? Er wollte – und so entstand 2018 Club del Burro, ein Taco-Quesedilla-Burrito-Laden, der auch schon auf unserer Liste der mexikanischen Restaurants in Berlin gelandet ist. Aber eigentlich ist er kein echter „Mexikaner“ und vor allem nicht „authentisch“.

Die Drinks sind genau das, was sie sein sollen und können sich sehen und schmecken lassen. Foto: Luka Godec

Burro Unchained: Inspiration aus Mexiko und Neukölln

Entekhabi selbst hat keine mexikanischen Wurzeln und will auch keine Geschichten von kulinarischen Erweckungserlebnissen beim Reisen durch das Land erzählen, wie sie sonst in der Gastronomie üblich sind. Und genauso oft auch genau nur das sind: Geschichten. Nein, sein Lokal ist inspiriert von der Küche Mexikos, aber gefiltert durch die vielfältigen Einflüsse Neuköllns und auch seiner eigenen Biografie. „Vieles an der mexikanischen Küche erinnert mich an persisches Essen“, erzählt er. Die frischen Kräuter etwa, der Einsatz von Säure und vor allem die Liebe zum Detail.

Berliner Schnauze trifft südamerikanische Lässigkeit: die Diversität des Teams spiegelt sich auf den Tellern im Burro Unchained. Foto: Luka Godec

Gemeinschaft gilt bei Burro Unchained als Selbstverständlichkeit

Gemeinsam mit einem Freund aus Kolumbien entwickelte er gemeinsam das Konzept, der Name war schnell gefunden, nannten sie sich doch gegenseitig liebevoll „Burro“, also Esel auf Spanisch. „Und jeder, der hierher kommt, gehört zum Club!“, lacht Entekhabi. „2018 mussten wir im Kiez noch erklären, was Tacos und Burritos sind“, erinnert er sich. Aber stetig wuchs die Kundschaft – und zwar auch gerade in der südamerikanischen Community der Stadt. „Leute schrieben uns, dass es so schmecke wie bei ihnen in Mexiko“ – dabei ist das bis heute erklärtermaßen nie Ziel des Ladens.

Burro Unchained zählt auf die Nachbarschaft

Auf der Karte finden sich neben lange gekochtem Rindfleisch-Barbacoa eben auch Pulled Pork oder rote Beete oder Seitan mit Kimchi, den eine Frau aus dem Kiez zubereitet. Hauptsache, es schmeckt. So ähnlich lautet auch die Prämisse des Burro Unchained, dessen Name Programm ist. Als einer von Entekhabis Mitarbeitern, selbst Mexikaner, in seiner Heimat eine Kochausbildung absolvierte, entstand die Idee, gemeinsam einen neuen Laden zu eröffnen. Dort könnte er seine neu erlernten Fähigkeiten zur Schau stellen und die Ketten der Taco-Quesedilla-Burrito-Dreifaltigkeit endgültig sprengen. Und wie es der Zufall – oder Kiezzusammenhalt – so will, kam auch hier der entscheidende Tipp von einem Stammkunden, der ihnen zwei Straßen weiter zum neuen Laden verhalf.

Im Burro Unchained kann man ganz gemütlich im gedimmten Licht essen und reden. Foto: Luka Godec

Experimentelle Küche ohne Landesgrenzen

Wo das Club del Burro eher DIY-Atmosphäre versprüht, geht es im Burro Unchained gesitteter zu. Knallbunt und alles andere als minimalistisch bleibt es trotzdem. Die regelmäßig wechselnden Teller sind experimentell, mischen Einflüsse aus der gehobenen europäischen Gastronomie mit moderner mexikanischer Küche, italienische Dolce Vita trifft die vollmundigen Aromen Oaxacas. Das liegt auch an der Zusammensetzung der Küche: neben Nicholas, dem Mitarbeiter, dessen Ausbildung den Laden inspirierte, heuerte Entekhabi seinen eigenen einstigen Ausbilder an und steht auch selbst am Herd. Das Ergebnis des kulinarischen Kulturaustauschs in der Küche? Ist auf umwerfende Weise köstlich unauthentisch. „Als wir den Laden renovierten, fragten immer wieder Leute was für ein Restaurant es werden würde“, erzählt Entekhabi, „meine Antwort war immer: ein gutes.“

  • Burro Unchained Allerstraße 11, Neukölln, Di–Do 18–23 Uhr, Fr–Sa 18–0 Uhr, Tel. 030/45 08 70 92 online
  • Club del Burro Herrfurthstraße 30, Neukölln, Mo–So 13:30–22 Uhr, Tel. 030/76 90 68 88 online

Mehr Berliner Genusskultur

Auf den Appetit gekommen? Die besten Empfehlungen für eure geschmackliche Weltreise durch die Neuköllner Restaurantlandschaft findet ihr hier. Danach lohnt sich ein Verdauungsspaziergang durch den Stadtteil: Hier könnt ihr die schönsten Kieze und spannendsten Ecken von Neukölln entdecken. Oder wollt ihr euch nach der angefutterten Grundlage für den Magen ins Nachtleben stürzen? Von Underground-Clubs bis Eckkneipen haben wir hier Empfehlungen für Nachteulen in Neukölln.

Alle News und Empfehlungen zur Berliner Gastronomie findet ihr in der Rubrik Food. Wer sich bei dieser Auswahl kaum entscheiden kann, findet mit der Berlin Food App von tipBerlin garantiert das passende Restaurant.

Folgt unserem Instagramkanal @tipberlin_food!

Berlin am besten erleben
Dein wöchentlicher Newsletter für Kultur, Genuss und Stadtleben
Newsletter preview on iPad