Essen & Trinken

Desi Diner: Ein Ort für alle

Mit Desi Diner verbindet Shabz Syed pakistanisches Comfortfood mit britischen Cafeterias und US-amerikanischer Diner-Kultur – und das alles in einer ehemaligen Neuköllner Amtskantine.

Auf der Karte des Lunchlokals Desi Diner treffen verschiedene Inspirationsquellen aufeinander. Foto: Hira Dogar
Auf der Karte des Lunchlokals Desi Diner treffen verschiedene Inspirationsquellen aufeinander. Foto: Hira Dogar

Im Desi Diner treffen die verschiedensten Einflüsse aufeinander

„Desi Diner soll ein Ort für all jene sein, die das Gefühl haben, nirgendwo hineinzupassen.“ So beschreibt Shabz Syed ihr neues Projekt, aber so könnte man auch Berlin beschreiben. Wie heißt es doch so schön und so abgeschmackt? „Du bist verrückt mein Kind, du musst nach Berlin.“ Und vielleicht passen Syed und diese Stadt, die die Britin mit pakistanischer Familiengeschichte vor rund zehn Jahren zu ihrem Zuhause erkoren hat, genau deswegen so gut zusammen.

Kurz nach ihrer Ankunft in Berlin gründete sie das pakistanische Streetfood-Projekt Mama Shabz, eröffnete vor einigen Jahren dann ein Lokal in Kreuzberg und bot weiterhin Catering an. Nun hat sie sich mit Desi Diner vergrößert – und einen Ort erschaffen, in dem die verschiedensten Einflüsse aufeinandertreffen. Einen Ort, der eben nicht mehr nur eine Facette ihrer Identität widerspiegelt, sondern Raum schafft, sie alle schillern zu lassen.

Desi Diner: Teller zwischen Kindheit und Fernweh

Das „Desi” in Desi Diner steht dabei für die Selbstbezeichnung von südasiatischen Menschen und der südasiatischen Diaspora. Das Diner wiederum verweist, ganz klar, auf US-amerikanische Dinerkultur – aber auch auf die sogenannten „Caffs” in Syeds Heimatstadt London, einfache Lokale, in denen es „Full Breakfast”, also das typische englische Frühstück, und Mittagessen wie Pies, Würstchen und Kartoffeln oder Fish and Chips gibt. Quasi das englische Äquivalent zu US-amerikanischen Diners, für die Syed schon seit vielen Jahren eine Schwäche hat.

So cool kann eine ehemalige Amtskantine aussehen: In Neukölln hat Shabz Syed einen Ort geschaffen, der viel mehr ist als ein vollmundiger Mittagstisch. Foto: Hira Dogar
So cool kann eine ehemalige Amtskantine aussehen: In Neukölln hat Shabz Syed einen Ort geschaffen, der viel mehr ist als ein vollmundiger Mittagstisch. Foto: Hira Dogar

Auf der Karte des Lunchlokals treffen all diese Inspirationsquellen in jedem Gericht aufeinander: Caesar Salad etwa, der mit südasiatischem Tandoori-Hühnchen serviert wird. Oder Grilled Cheese im Paratha-Brot. Ein Smash-Burger, dessen Patty von pakistanischem Chapli Kebab inspiriert ist. Oder der US-amerikanische Dinerklassiker Chicken and Waffles, bei dem die Waffeln hier aber aus Pakora-Teig, also Kichererbsenmehl und Gemüse, bestehen und das frittierte Hühnchen in einer Masala-Panade steckt und mit Chili-Ahornsirup beträufelt wird.

Andere Gerichte sind von Syeds Kindheit inspiriert: „Keema-Toasties haben meine Geschwister und ich uns nach der Schule gemacht“, erinnert sie sich. Keema, ein pakistanischer Klassiker aus gewürztem Rinderhack mit Erbsen, schnell zwischen zwei Scheiben Toastbrot warmgemacht, der perfekte Snack nach langen Schultagen. Im Desi Diner gibt es das Upgrade mit Sauerteigbrot von Albatross und einem frischen Gurkensalat dazu, und auch eine vegetarische Variante mit Kichererbsencurry. Die Desi Diner-Variante des Sandwichklassikers Reuben wiederum zeigt Syeds Ambitionen: Sie und ihr Team lassen nicht nur mithilfe von Mango Chutney, sondern auch durch das typische Thousand-Island-Dressing einen Hauch „Desi“ schweben, nein, sie machen sogar ihr eigenes Pastrami vor Ort. Aufwendig, aber notwendig, um Syeds Vision und Ansprüchen zu genügen

Vor Ort, das ist hier die ehemalige Kantine des Finanzamts Neuköllns. Das ist hier immer noch angesiedelt – aber teilt sich die Immobilie mittlerweile mit der Kletterhalle Bouldergarten und verschiedenen anderen kleinen Unternehmen. Behutsam hat Syed den teils denkmalgeschützten Raum modernisiert, mit pinkem Linoleum, einem lila Menüleuchtkasten mit Retro-Anleihen und minzgrünen Tischen ihre schon aus dem Mama Shabz bekannte Pop-Art-Ästhetik in den lichtdurchfluteten Kantinenraum übersetzt, aber gleichzeitig viele vorhandene Designelemente wie die Türen und Lampen übernommen oder freigelegt.

Kinder-Raves und Kleidertauschpartys

Als junge Mutter war es ihr wichtig, einen Weg zu finden, wie sich Gastronomie und Mutterschaft verbinden lassen. Das Desi Diner ist darum vor allem ein Lunchlokal unter der Woche. An Wochenenden sind besondere Veranstaltungen geplant, etwa ein „Kinder-Rave“, bei dem Eltern tagsüber gemeinsam mit ihrem Nachwuchs die Tanzfläche stürmen können, Kleidertauschpartys, in Zukunft auch Märkte und Filmabende mit britischen und südasiatischen Filmen.

„Als ich mit Mama Shabz angefangen habe, war ich auch auf Mietküchen angewiesen“, erzählt Shabz Syed. Foto: Hira Dogar
„Als ich mit Mama Shabz angefangen habe, war ich auch auf Mietküchen angewiesen“, erzählt Shabz Syed. Foto: Hira Dogar

Und es soll auch ein Weg sein, einen Ort für die Nachbarschaft und für Berlins internationale Community zu schaffen. „Das da drüben ist unsere Galerie-Wand“, sagt Syed und zeigt auf Fotos einer Berliner Fotografin. Wechselnde Künstler:innen aus Berlin sollen hier künftig unkompliziert ihre Arbeiten zeigen können. Auch mit der Küche will sie Newcomern eine Chance geben: „Als ich mit Mama Shabz angefangen habe, war ich auch auf Mietküchen angewiesen“, erzählt sie. Nun kann sie selbst ihre Küche ambitionierten Neuunternehmer:innen öffnen. Das Herz von Desi Diner aber bleibt das Essen, bleiben die Teller, die es so nirgendwo anders in Berlin geben kann – weil sie die Identität, die Geschichte und die Erlebnisse von Shabz Syed wiederspiegeln. Es sind Gerichte voller Persönlichkeit und Individualität. Und einer großen Portion Wohlgefühl dazu.

  • Desi Diner Thiemannstr. 1, Neukölln, Mo–Fr 10–15 Uhr, wechselnde Events am Wochenende, Website

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