Das Fischer & Lustig im Nikolaiviertel ist ein maritimer, in Sachen Design sehr gelungener Ableger des Friedrichshainer Restaurants Jäger & Lustig. Und hier geht es, na klar, um Fisch. Und eine zeitgenössische Heimatküche. Das Fischer & Lustig belebt das Genre Fischrestaurant. Dafür werden alte Rezepte regionaler Fischrezepte entstaubt, um sie als zeitgemäße Interpretation auf die Teller zu bringen.
Im Nikolaiviertel belebt das Fischer & Lustig das Genre Fischrestaurant
Es gibt Orte in Berlin, die fühlen sich meilenweit entfernt an, obwohl sie im Herzen der Stadt liegen. Da wäre etwa der Potsdamer Platz. Das Regierungsviertel. Oder auch: das Nikolaiviertel. Der Hybrid aus Mittelalter und Plattenbau, aus Wohngebiet und Tourismusdestination, ist nicht gerade dafür bekannt, eine Ausgehmeile für Einheimische zu sein – auch wenn das die Dichte an Lokalen nahelegt. Stattdessen regiert hier vor allem eine diffuse Nostalgie nach einer Vergangenheit, die es nie gab. Wie es sich eben für eine Tourismushochburg, noch dazu mit dem Charakter eines Potemkinschen Dorfes, gehört. Zumindest bis jetzt: Das im Herbst 2022 eröffnete Fischer & Lustig möchte die Brücke zwischen Historizismus und Gegenwart schlagen – mit Fischküche, die Berliner:innen wie Besucher:innen abholen soll.
Der Name könnte den Menschen in der Stadt bekannt vorkommen. In Friedrichshain übernahm das Team um Inhaber Alexander Freund, der etwa auch für die Eventlocation Pirates an der Oberbaumbrücke verantwortlich zeichnet, die im Kiez beliebte Jägerklause und belebte sie als „Jäger & Lustig“ neu. Einen alteingesessenen Kiezliebling neu aufzulegen ist immer schwierig, aber Freund und sein Team schafften es, das Lokal mit großem Biergarten schnell zum Bezirkswohnzimmer werden zu lassen. Als maritimes Pendant soll das Fischer & Lustig die Erfolgsformel von lässiger Heimatküche nun auch in Mitte fortschreiben. Kann das funktionieren?
Im Fischer und Lustig: Fischstäbchen und Hackepeter vom Matjes und Lachs
Nach ersten Findungsschwierigkeiten steht nun mit Olaf Böhlke ein Veteran mit viel Erfahrung aus der gehobenen Hotelgastronomie in der Küche. Allzu verkopft wird es im Fischer & Lustig allerdings nicht, der Fokus liegt eher auf solidem Comfort Food mit maritimem Anstrich. Auf dem Teller sind das etwa wunderbar fleischiger Wels in leichter Panade, mit Apfel-Wirsing und Röstkartoffeln, quasi Fischstäbchen für Erwachsene. Oder ein überraschend fruchtiger Hackepeter aus Matjes und Lachs mit Apfel. Hinzu kommen norddeutsche Fischklassiker, die den Begriff der Heimatküche mehr emotional als geographisch auslegen, wie etwa Labskaus oder Kutterscholle, die eher Nordsee als Brandenburg in ihrer DNA tragen. Ceviche und elaborierte „Fischer Brote“ grüßen das gegenwärtige Berlin, Cordon bleu vom Steinbutt und Himmel und Erde mit Flusskrebs und Zander bieten fischskeptischen Gästen eine Brücke, es doch vielleicht mal zu probieren.
Wer sich so gar nicht auf Meeresgetier einlassen kann, für den gibt es Fleischklassiker, aber auch vegetarische Optionen. Die Karte bleibt dabei saisonal. Während im Herbst und Winter auch Raum für ambitionierte Teller sein soll, gilt es in den wärmeren Monaten auch einen großen Biergarten und Besucherströme zu bewältigen – wozu ein hemdsärmeligerer Ansatz wie Fischbuletten oder britische Fish & Chips dient.
Ein Fischrestaurant für alle Anlässe will das Fischer & Lustig sein, wie seine eklektisch eingerichteten Räumlichkeiten verraten. Wie schon sein großer kleiner Bruder in Friedrichshain ein Ausflugs- oder Erlebnisrestaurant, aber eben mitten in der Stadt. Ob nun schnelles Bier nach Feierabend oder Lunchpause, Familienfeier oder Besuchergruppe auf Butterfahrt, für alle ist Platz. Und vielleicht ist es genau das, was wir in diesen Zeiten brauchen.
- Fischer & Lustig Poststraße 26, Mitte, Di–So 11.30–0 Uhr (Küche bis 22 Uhr), Tel. 030/56 82 99 90, online
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