Zwei junge Gastronomen tauschen die Luxushotelerie gegen eine Hafenküche. Und haben schon nach wenigen Wochen einen Ort geschaffen, der vom Urlaub in der eigenen Stadt erzählt. Unser Autor hat das Restaurant besucht und findet: Mit der spektakulären Lage am Rummelsburger See kann die Hafenküche mithalten.
Die Hafenküche macht Ausflugslokale wieder cool
Ausflugslokal, das war einmal ein Glücksversprechen. Wann eigentlich ist daraus ein Schimpfwort geworden? Tiefkühltorten, Tiefkühlschnitzel. Draußen nur im Kännchen. Oder ein Milchpulver-Latte-Macchiato aus dem Vollautomaten.
In der Hafenküche kommt der Kaffee von Willy Andraschko, dem Berliner Pionier einer handwerklichen Kaffeekultur. Und Frederik Grieb und Mathias Brandweiner sitzen bei einem Espresso im neu und sehr skandinavisch gestalteten Gastraum, um zu erzählen, wie es sie in die Rummelsburger Bucht, vis-à-vis des Plänterwalds und der Insel der Jugend, verschlagen hat. Größer, um das vorweg zu nehmen, ist die ursprünglich 2012 eröffnete Hafenküche geworden. Aber die beiden haben ja auch Großes vor.
Und sie haben Großes hinter sich. Frederik Grieb hat in guten und exzellenten Küchen gelernt und gearbeitet. Er war Sous-Chef bei dem Drei-Sterne-Koch Dieter Müller auf der MS Europa. Mathias Brandweiner war Sommelier im kurzlebigen Les Solistes im Waldorf Astoria, Restaurantleiter im Le Faubourg und wurde bereits mit Mitte 20 Gastgeber des Jahres bei den Berliner Meisterköchen.
Brandweiner und Grieb haben vorher das Pots im Ritz Carlton geführt
Ich habe Mathias Brandweiner als einen Menschen kennengelernt, für den das Gastgeben die natürlichste Sache der Welt zu sein schien. Als einen Sommelier, der immer nah am Gast war, und tief im Weinwissen.
Gemeinsam haben beide dann das Pots im Ritz Carlton eröffnet, der eine Küchenchef, der andere Restaurantleiter. Gemeinsam haben sie sich nun für die Selbstständigkeit entschieden. Nicht als exklusives Fine Dining. Sondern als Hafenküche. Mittags als Selbstbedienungskantine, eine ehrliche handwerkliche Küche zu 7,50 Euro. Abends als Casual Dining, vom Grill in der offenen Küche das Filet von der Holsteiner Färse und ein Kotelett vom Duroc. Oder gebratener Zander mit Steckrübe und gebröseltem Meerrettich.
In der Hafenkante gibt es Wein von kleinen Gütern
„Zum Auftakt etwas für den Kreislauf“, sagt Mathias Brandweiner und reicht einen so hefigen wie knackigen Riesling-Sekt von Reichsrat von Buhl. Die Weinkarte wird noch wachsen, mit Fokus auf naturnahem Ausbau und allgemeinverständlicher Lässigkeit: „Im Sommer sollen sich die Leute auch mal eine zweite oder dritte Flasche holen, zu einem Preis, der für mich passt und der für die Gäste fair kalkuliert ist.“ Brandweiner wird nicht mehr mit den großen Namen – und den großen Margen – wie noch im Pots arbeiten. Muss er aber auch nicht. „Ich habe gerade viel mehr Lust, kleine Weingüter direkt ab Hof nach Berlin zu bringen, gerade für die Hafenkante gerne auch als Literflasche mit Schraubverschluss.“
Hafenkante, das ist der ebenfalls neu gestaltete Bier- und Weingarten, an dem gerade noch gebaut wird. Dazu kommen ein Grillplatz und individell gepackte Picknick-Körbe für den Bootsverleih, der ebenfalls zur Hafenküche beziehungsweise deren Mutterunternehmen Hafen & Hof gehört.
Derart vielseitig aufgestellt, erinnert die Hafenküche im besten Sinne an das Dorfgasthaus, in dem man sich zum Dämmerschoppen trifft, zum Sonntagsbraten, im Biergarten und zu jeder Familienfeier. Apropos: „Falls ich mal heiraten sollte“, so Brandweiner, „würde ich das ja auch gerne hier bei uns machen.“ Die Lage an der sich zum Rummelsburger See öffnenden Spree ist tatsächlich spektakulär. Endlich gibt es dort eine Gastronomie, die damit mithalten kann.
- Hafenküche Zur alten Flussbadeanstalt 5, Lichtenberg, Tel. 030/42 21 99 26, Mo-Do 9-16 Uhr, Fr 9-23 Uhr, Sa 12-23 Uhr, im Frühsommer öffnet der neue Biergarten, online
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