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Das Loumi in Kreuzberg: Selbstgemacht, weltgewandt

Fein essen, unweit vom Kotti: Das Loumi in Kreuzberg definiert die Zukunft des Fine Dining in Berlin. Keine Lückenfüller, keine Snacks – wir haben das Menü in diesem sympathischen und ambitionierten Restaurant probiert.

Neueröffnung mit Wiedererkennungswert: Im Loumi in Kreuzberg kombiniert man mutig erstklassige Produkte mit besonderen Aromen und bleibt dabei locker und entspannt.
Im Loumi in Kreuzberg kocht man Gerichte auf französischer Grundlage, japanisch und nordisch inspiriert. Foto: Marianne Rennella

Loumi war vor der Restauranteröffnung das meistgefragte Pop-up Berlins

Warm leuchtet es durch die großen Glasfronten auf die oktoberdustere Ritterstraße. Vom Kottbusser Tor sind es nur wenige Gehminuten. Kulinarisch betrachtet aber scheint es ein weiter Weg bis zum Loumi Restaurant von Mical Rosenblat und Karl-Louis Kömmler: Fine Dining, geradezu exzentrisch produktfokussiert, eröffnet ausgerechnet im Herbst der großen gastronomischen Katerstimmung, gerade in Berlin.

Fünf Jahre lang hatten die beiden zuvor einen Supper Club ausgerichtet, bei Karl-Louis Kömmler zuhause an der Sonnenallee. Das Talent der Autodidakten hatte sich schnell rumgesprochen, Loumi entwickelte sich zum meistgefragten Pop-up-Dinner der Stadt. Nur folgerichtig war es also, Ende 2023 ein eigenes Restaurant zu eröffnen. Dies geschah ohne großen Wirbel, dafür mit großartigem Detailbewusstsein. Das Oshibori, ein feuchtes Handtüchlein zur Reinigung der Hände vor dem Essen, ist bestickt mit dem Lokalnamen, jedes der Messer mit den breiten, bunten Griffen ist ein maßangefertigtes Unikat, die dickwandigen Gläser mit der ungewöhnlichen Schiefstellung kommen von zwei jungen Frauen, die im gleichen Haus ein Atelier namens Teuber Kohlhoff haben.

Selbstverständlich im Loumi: Nahbarkeit und Akkuratesse

Der große Edelstahltresen ist das Herzstück des Lokals. Dieser rahmt mit seinen acht Sitzplätzen die vollständig einsehbare, kleine Küche ein, in der vier Köche konzentriert arbeiten. Ein Abendessen am Tresen fühlt sich so an wie ein Theaterbesuch in der ersten Reihe: Beinah hautnah ist das Erlebnis und dennoch bleibt da diese unsichtbare Barriere. Im Falle Loumi ist diese aus Glas, sodass man den Köchen im wahrsten Sinne des Wortes auf die Finger gucken kann. Und sieht, wie die feine Yuzuzeste auf den Jakobsmuscheln drapiert wird, die in einer dezent fruchtigen Erdbeervinaigrette liegen. Oder wie jedes einzelne Blatt verschiedener Bittersalate sorgfältig auf einer Muschel Beurre Blanc angerichtet wird.

Die Kombination aus frischem Salat, einer reichhaltigen fischigen Soße, erdig-süßen Pastinakenwürfeln, Haselnuss und Salzzitrone wird ergänzt von einem feingearbeiteten Brioche Feuilletée mit geräucherter Butter. Es ist eine Interpretation des klassischen Brotgangs, die begeistert und voller unterschiedlicher Bissen steckt.

An die individuelle Essart ist auch die Weinbegleitung angelehnt – es gibt nämlich keine. Stattdessen empfehlen Gastgeberin Mical Rosenblat und Restaurantleiterin Julie Baron das, was gerade passt. Ein Glas Orange Wine aus dem nördlichen Portugal, zum Beispiel, der aus über 100 unterschiedlichen Rebsorten hergestellt wurde, die an Rebstöcken wuchsen, die 80 bis 100 Jahre alt sind. Komplex.

Luxusprodukte im Kiezrestaurant: Mical Rosenblat und Karl-Louis Kömmler kümmern sich nicht um Klischees.
Luxusprodukte im Kiezrestaurant: Mical Rosenblat und Karl-Louis Kömmler kümmern sich nicht um Klischees. Foto: Marianne Rennella

Komplex ist auch der Rochen, der zusammen mit Sanddorn und Pancetta gleichzeitig eine gewisse Gemütlichkeit rüberbringt. Diese wird von den kleinen Säureexplosionen, die die Kügelchen aus Fingerlimette im Mund verursachen, sowie den Bitternoten der Zitruszesten kontrastiert. Außerdem ist da wieder diese schöne Schärfe, die sich gemeinsam mit dem Bitteren von Zitrusfrüchten durch das Menü zieht.

Ein Paradebeispiel für diesen Loumi-Stil ist der erste Gang: das Tartar vom Thunfisch auf japanischem Milchbrot mit Creme Fraîche, Sudachi und Wasabi, das die Messlatte für den Abend hochsetzt – und keineswegs zu viel verspricht. Denn es folgen sieben Gänge auf Augenhöhe – keine Lückenfüller,  auch keine Snacks. Dafür sind es gleichberechtigte Gerichte auf französischer Grundlage, japanisch und nordisch inspiriert, die bereits jetzt einen eigenen Stil geprägt haben. Was anderen Restaurants erst nach Jahren gelingt, hat Loumi jetzt schon: Wiedererkennungswert.

Dies liegt nicht zuletzt auch am Betreiberpaar. Während Mical Rosenblat, die eigentlich Kunstgeschichte studiert und die Gastronomie erst spät für sich entdeckte, offen, fast kumpelhaft und locker auf die Gäste zugeht, ist Küchenchef Karl-Louis Kömmler eher zurückhaltend und arbeitet fokussiert am Pass. Ziemlich genau dieses Spektrum, zwischen Nahbarkeit und Akkuratesse, macht Loumi zu einer der sympathischsten ambitionierten Adressen, die Berlin gerade zu bieten hat.

  • Loumi Dining Ritterstr. 2, Kreuzberg, Mi–Sa 18.45–23 Uhr, online

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