Berlins Beste

Moderne deutsche Küche: 12 Lieblingsadressen in Berlin

Buletten, Königsberger Klopse oder Senfeier – wir lieben die traditionelle deutsche und Berliner Küche. Zahlreiche Berliner Restaurants hegen und pflegen sie. Doch da wären eben auch die jungen Wilden, die sich ihr angenommen, sie weiterentwickelt und neu interpretiert haben. Die moderne deutsche Küche in Berlin – hier essen wir besonders gern.


Intuitive Produktküche trifft Forschergeist im Otto

Das Otto steht für sorgfältig kuratierte Teller und bewussten Wareneinsatz. Foto: Robert Rieger

Das kleine, aber sehr feine Lokal von Vadim Otto Ursus, der in Berlin geborene, durch die Nordische Küche gereiste und schließlich in einem Küchenlabor in der Uckermark angekommene junge Koch, hat den Titel „Null-Kilometer-Küche“ wirklich verdient. Ursus bezieht die meisten Produkte aus der Region – und das gilt sowohl für das Wildkaninchen als auch für das ganze Wildschwein. Es gibt Seesaibling aus der Fläming-Heide, Brot aus Moabit und gezüchtete Austernpilze aus der Uckermark. Andere Spezialitäten, wie seine japanisch inspirierten fermentierten Soßen, werden in einer eigener Datscha bei Chorin von Hand hergestellt. Inzwischen gibt es auch einen fabelhaften Mittagstisch. Senfeier, Backhendl, Köttbullar, Grünkohl, Gurkensalat – herrlich ehrlich und herrlich gut. Im Glas bietet er eine überschaubare, aber hervorragende Auswahl an natürlichen Weinen, ergänzt durch ein sehr gutes Craft-Bier. Kurzum, das Otto ist eine der schönsten kulinarischen Perlen Berlins.

  • Otto Oderberger Straße 56, Prenzlauer Berg, Do–Mo ab 18 Uhr, Tel. 030/25 97 71 59, online und Produkte im Shop

Minimalistische Inszenierung und Perfektion im Ernst

im Ernst: acht Sitzplätze, ein Tresen und unsagbar gute deutsche Küche. Foto: Staffan Sundström

Im bereits um die ganze Welt geraunten Ernst geht es weniger um das Zubereiten von Produkten, als um die Produkte an sich. Dylan Watson-Brawn und Spencer Christenson sind die Archäologen eines unbedingten Geschmacks. Ja, das ist alles sehr konzeptionell. Aber auch so unbedingt gut, dass dieses Ernst eines der wichtigsten Restaurants der Stadt ist. Mit dem Jules gibt es zudem einen lässigen, kleinen Bruder. Nun wurde Watson-Brawn vom Gault Millau zum Koch des Jahres in Deutschland gekürt – zu Recht, auch wenn der Gault Millau zuletzt ins Kompetenz-Straucheln geraten ist.

  • Ernst Gerichtstraße 54, Wedding, Mi–Sa 19.30–0 Uhr, online
  • Julius Gerichtstraße 31, Wedding, Kaffee, Wein, Gebäck Do–So 10–17 Uhr, Dinner, Weinbar Do–So ab 18 Uhr (nur mit Reservierung), online

Kreativität und bodenständiger Charme im einsunternull

Elegant, aber lässig interpretiert der Ur-Berliner Silvio Pfeufer im einsunternull unsere Hauptstadt kulinarisch. Foto: Anne Smith Photography

Silvio Pfeufers Menü (es gibt immer auch eine vegetarische Variante) hält den Spannungsbogen auf jedem Teller und über den gesamten Abend hinweg und ist dermaßen mit handwerklicher Könnerschaft grundiert, dass man diese Exzellenz nicht mal mehr bemerkt. Hier kocht ein junger gebürtiger Lichtenberger mit den besten Zutaten der ganz nahen und etwas weiteren Umgebung einfach brutal gut. Patron Ivo Ebert indes ist der gewohnt galante Gastgeber geblieben. Ein noch immer wichtiges Lokal, nicht nur aufgrund seines Michelin-Sterns.

  • einsunternull Hannoversche Straße 1, Mitte, Fr–Mo 19–23 Uhr, Tel. 030/27 57 78 10, online

Comfortfood mit Glamourfaktor im Kante

Die kulinarische Ästhetik im „Gesellschaftslokal“ Kante überzeugt nicht nur die Kreuzberger Crowd. Foto: Kante

Es gibt Lokale, die uns aufnehmen wie eine Umarmung unter Freunden, mit sahniger Burrata vom Prignitzer Wasserbüffel, dazu etwas Nuss, Aprikose und gerösteter Romanasalat. Oder mit einem eleganten Pulpo-Tentakel vom Pulpo, der vielleicht eine Sekunde zu lang auf dem Grill verbracht hat, sich dafür aber auf einem Bett aus Belugalinsen und Chorizo räkelt, umgeben von Hummerschaum und einer knusprigen Krokette, oder mit einer schick gemachten, aber wie bei Muttern schmeckenden Maispoularde. Comfortfood mit Glamourfaktor könnte man die neue Küche im neuen Kante nennen, wobei das mit dem „neu“ so eine Sache ist: als „Kantine Kohlmann“ gehörte das Lokal zu den Berliner Klassikern, letztes Jahr wurde es neu übernommen und sukzessive in ein neues Gewand gepackt. Neues Mobiliar, ein paar Lichtinstallationen hier, ein wenig Kreuzberger Neo-Patina dort und ein Küchenteam, das die Klaviatur der Kategorie „Gesellschaftslokal“ zu spielen weiß. Dazu eine Weinkarte mit einem Hauch Hollywood (mit dabei der Chateau Miraval Rosé vom Ex-Paar „Brangelina“) und mit Expertise gemixte Drinks aus der angeschlossenen Bar. So lässt sich wunderbar starten in eine Kreuzberger Nacht, die im angeschlossenen Club im Keller, der künftig teils auch öffentlich bespielt werden soll, enden kann.

  • Kante Skalitzer Straße 64, Kreuzberg, Mo–Fr 18–0 Uhr, Sa 18–4 Uhr, So 18–1 Uhr, Tel. 0171/818 45 91, online

Robustes Handwerk und zeitgenössische Gastfreundschaft im Merold

Auch so kann Deutsche Küche: Hirschbratwurst auf Senfsaat und krossem Schwarzkohl im Merold. Foto: Ralph Keller

Jonas Merolds Speiselokal ist in seiner Mischung aus robuster Handwerklichkeit, vollmundiger Aromentiefe und uneitler Gastfreundschaft eines der spannendsten und vor allem zeitgenössischsten Berliner Restaurants dieser Tage. Kochen hat er bei Tim Raue gelernt und bei René Frank im Coda Dessert Dinning. Jetzt aber will er weg von Statusprodukten, will Arbeit auf Augenhöhe und in direktem Kontakt mit Landwirt:innen. Was das auf dem Teller ergibt? Über Nacht fermentiertes Tempeh auf einem nussigen Petersilienwurzelpüree, kombiniert mit sauer eingelegten, angebratenen Pilzen. Ein zur Fischboulette verarbeiteter Karpfen aus dem Stechlin, mit Pastinake, Leinsaat und einem eineinhalb Jahre gereiftem Zitronen-Miso. Fernöstliche Fermentationstechniken, nahbrandenburgische Produktrecherche. Mit Paul Kaufmann hat Merold dabei einen Fementations-Nerd an seiner Seite, der frisch aus dem Kopenhagener Noma gekommen ist und auch im Service hilft – Enthusiasmus und Tatenhunger, die das Merold so besonders machen.

  • Merold Pannierstraße 24, Neukölln, Di–Sa 19–23 Uhr, Tel. 030/62 73 32 10, online

Umfassende Weinkenntnis und handwerkliche Küche im Rutz Zollhaus

Im Rutz Zollhaus geht es nicht um Maut oder Taxe, sondern um innovative deutsche Küche. Foto: Rutz Zollhaus

Was aussieht wie das Wirtshaus im Spessart, war mal ein Wasserwerk, entworfen in der historisierenden Ästhetik des späten 19. Jahrhunderts. Später wurde aus diesem „Zollhaus“
ein Restaurant für handwerkliche deutsche Küche, seit 2020 unter der Ägide von Dreisternekoch Marco Müller aus dem Rutz. Der umfassenden und kenntnisreichen Weinauswahl bleibt auch das Weinhändlerpaar Anja und Carsten Schmidt treu, das das Rutz Zollhaus übernommen hat und als zeitgenössisches wie gutbürgerliches Lokal weiterführt. Im Weingarten kommt der Wildschweinschinken aus der Schorfheide. Am Abend das Tatar vom Weideochsen mit Speck – ein vollmundiger, dank Gurke und Forellenkaviar auch frischer Starter. Danach die Brust vom Weidehuhn mit Gartenkarotte und Liebstöckel – das schmeckt aufregend unaufgeregt.

  • Rutz Zollhaus Carl-Herz-Ufer 30, Kreuzberg, Oktober–April Di–Sa 18–22 Uhr, Mai–September Mi–Sa 18–22 Uhr, So 16–22 Uhr, Tel. 030/233 27 66 70, online

Das Nobelhart & Schmutzig ist brutal lokal

Foto: Marko Seifert/Nobelhart & Schmutzig

Kloß mit Soße. Butter mit Brot. Vom Lamm der Nacken am angekohlten Rosenkohl. So also schmeckt es im Nobelhart & Schmutzig, dem „brutal lokalen“ Restaurant des Vollbart- wie Vollblutkulinarikers Billy Wagner und seines Küchenchefs Micha Schäfer. Zeitgenössischer kann man in Deutschland derzeit kaum exzellent essen. Man sitzt einfach bei sympathischen Menschen und schmeckt Produkte aus der nahen Umgebung, dazu gibt es eine erkenntnisdurstige, stets süffige Getränkebegleitung. In den Sommer- und Herbstmonaten überwiegen die vegetarischen Gänge, im Winter kommt dann Wild und Fisch. Auch das heißt: radikal saisonal. Also: mehrmals im Jahr vorbeischauen.

  • Nobelhart & Schmutzig Friedrichstraße 218, Kreuzberg, Di–Sa ab 18.30 Uhr, Tel. 030/25 94 06 10, online

Lovis: intuitiv im Geschmack und nah am Grundprodukt

So sieht „Contemporary German Cuisine“ im Lovis aus. Foto: Wilmina/Robert Rieger

Die lichtgraue Stahltür öffnet sich und man tritt in einen Charlottenburger Hinterhof, der einmal ein Frauengefängnis war. Vor allem tritt man hinaus aus der Welt. Ruhe und üppiges Grün, das den gründerzeitlichen Backsteinbau samt Glasfassade konstrastiert. Im Inneren ein kontemporären, kitschfreies Restaurantdesign mit Leuchtbuchstaben und ein Bocci-Leuchten-Sternenhimmel. Die Berliner Architekten Armand Grüntuch und Almut Grüntuch-Ernst haben das ehemalige Amtsgericht an der Kantstraße und das dahinterliegende Frauengefängnis zu einem Hotel, dem Wilmina, und einem Restaurant, dem Lovis, umgestaltet und betreiben beides fortan selbst.

Der Gastraum ist der nun überdachte Gefängnisinnenhof; die backsteinerne Innenwände waren einmal Außenwände. Sophia Rudolph, geboren in Berlin, teilweise aufgewachsen in Frankreich, könnte man noch aus dem Oh, Panama kennen, wo ihre coole wie konzentrierte Küche vor sechs Jahren zurecht ein Spektakel war. Zuvor war sie Sous-Chefin bei Marco Müller im Rutz, mit dem sie eine unbedingte Leidenschaft für Grundprodukte verbindet. Eine mit Gruyère-Schaum gefüllte Roscoff-Zwiebel in einer geschmeidigen Beurre Blanc, die Zwiebel süß, der Schaum kräftig:, so ein Teller ihrer „Contemporary German Cuisine“ bleibt nah bei den Zutaten und intuitiv im Geschmack. Und das rosa gegrillte Onglet, der Nierenzapfen – charaktervoller und geschmacksintensiver als jedes Rumpsteak. Die Weine dazu: biodynamisch, elegant, gerne aus Österreich.

  • Lovis Kantstraße 79, Charlottenburg, Di–Sa 18.30–23.30 Uhr, online

Im Panama wird feine Wirtshausküche stilsicher inszeniert

Moderne deutsche Küche in entzückend persönlichem Interieur: das Panama. Foto: Caitlin Collins

Wir alle kennen die Geschichte vom Tiger und dem Bären, die nach Panama gehen wollten, viermal links abbogen und, zack, wieder dort ankamen, wo sie losgelaufen waren. Und es zuhause plötzlich wunderschön fanden. Ungefähr so funktioniert auch das Oh, Panama. Entrückt von der Stadt, aber mittendrin: eine echte, stilsicher inszenierte Überraschung. In der Küche steht der Bayer Johann Maier und interpretiert seine Wirtshausküche weltläufig, fein und with a twist, den Hackepeter mit Zanderroggen etwa oder das Sattelschwein mit Milchbrotcreme. Dazu gibt es eines der besten Biere der Welt: Maxlrainer im (gekühlten) Tonkrug.

  • Panama Potsdamer Straße 91, Tiergarten, Di–Sa 18–23 Uhr, Tel. 030/983 20 84 35, online

Herrengedeck im Tisk: Sentimental ohne Schnörkel und Kitsch

im Neuköllner Tisk werden nicht nur Broiler und Mischgemüse modern interpretiert. Foto: Tisk Restaurant

Sie haben uns schon mit den Grüßen aus der Küche gekriegt: eingelegte (Spreewald-)Gurken, danach Blutwurst-Kroketten auf geräuchertem Apfelmus, vieles selbst geerntet. Wer solche Teller auf den Tresen stellt, muss es mit seinen Gästen vollmundig meinen. Und auch ein wenig sentimental. Schließlich ist das das große Thema dieses Tisk: die Neuinterpretation der Berliner (Kneipen-)Küche. Broiler, Herrengedeck, solche Sachen.


Unkompliziert, vollmundiges Spektakel im Pots

Locker drapierte Tische gibt es dank dem Restaurant Pots nun auch im Ritz Carlton. Foto: The Ritz-Carlton, Berlin/Jule Frommelt

Mit seinen zeitgenössischen Interpretationen und Weiterentwicklung der deutschen Küche sorgt Küchenchef Christopher Kujanski für sehr gehobenes aber nicht abgehobenes Soulfood, das schlichtweg glücklich macht. Mit Kombinationen wie Kohlrabi mit Schwarzwälder Schinken oder Müritzer Lamm an Artischocken und Räucherpaprika ist das Pots ein wunderbarer Ort fürs Casual Dining, zu besonderen Anlässen ebenso wie zum alltäglichen Genuss. Getränketechnisch liegt der Fokus auf deutschen Weinen.

  • Pots im The Ritz-Carlton Potsdamer Platz 3, Tiergarten, Mi–Sa 17–22 Uhr, Tel. 030/337 77 54 02, online

Erstklassiges (Kunst-)Handwerk im Bieberbau

Die Stuckarbeiten von Richard Bieber geben einen einzigartigen Rahmen und dem Bieberbau seinen Namen. Foto: Bieberbau

Über lange Jahre hat sich Stephan Garkischs Bieberbau mit kreativer deutscher Küche und erstklassigen Produkten einen treuen Stamm an Gästen erarbeitet. Kein Wunder, dass sich das denkmalgeschützte Restaurant (sehenswerte Stuckarbeiten), das auch einen eigenen Kräuter- und Gewürzgarten unterhält, seit einigen Jahren mit einem Michelin-Stern schmücken kann.

  • Bieberbau Durlacher Straße 15, Wilmersdorf, Mo–Fr 17.30–0 Uhr, Küche bis 21 Uhr, Tel. 030/853 23 90, online

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