Im Nanum vis-à-vis dem Jüdischen Museum kann man freitagabends so bezahlbar wie spektakulär gut essen wie sonst an keinem anderen Ort in Berlin, findet unser Autor. Um das spannende Restaurant zu verstehen, hilft ein Porträt der Gastgeberin Jinok Kim-Eicken, die erst angefangen hat, als andere längst in Rente gegangen sind.
Freitags Fisch: Sieben Gänge im Nanum
Zum Beispiel die Goldforelle fast noch zu Beginn des siebengängigen Fischmenüs. Mariniert und drei Wochen im Dry-Age-Schrank gereift. Eine Technik, die man vor allem vom Rindfleisch kennt. Die Forellen kommen von 25Teiche ganz im Westen Brandenburgs, sie sind derart nachgereift fest, aber gleichzeitig fein in der Textur und intensiv, ja umani im Geschmack. Oder die Schwertmuschel aus dem westfriesischen Wattenmeer, serviert als „schlichter Pancake“.
Wobei Jinok Kim-Eicken von einem „schlichten Pancake“ spricht. Tatsächlich ist dieser Pfannkuchen ein wohliges, intuitives Glücksversprechen. So wie überhaupt Jinok Kim-Eickens Restaurant Nanum und das dort momentan nur freitags servierte Fischmenü (sieben Gänge für 80 Euro).
Jinok Kim-Eicken: Altistin, Keramikkünstlerin, Gastgeberin
Um zu verstehen, warum dieses Nanum auf eine so leise, so umarmende und uneitle Weise eines der spannendsten Restaurants dieser Stadt geworden ist, hilft ein Porträt der Gastgeberin. Jinok Kim-Eicken kam 1978 als DAAD-Stipendiatin aus Korea nach Berlin. Sie stand als Altistin mit Weltstars wie Dietrich Fischer-Dieskau auf der Bühne, wurde mit dem gleichen unbedingten Anspruch Keramikkünstlerin und eröffnete schließlich, mit 66 Jahren, ihr eigenes Restaurant. In einem Alter, in dem ihrer Freundinnen aus der marxistischen Lesegruppe gerade in Pension gegangen waren.
Jinok Kim-Eicken macht weiter. Mindestens bis 80, so ihr Versprechen. Sie recherchiert, probiert, steigt hinab ins kollektive Gedächtnis gerade der einfachen, ländlichen koreanischen Küche. Sie knüpft die Bände zu den jungen Hamburgern von Frisch gefischt, nachhaltiger Fisch und Meeresgetier aus der Nordsee, handwerklich gefischt und gesammelt.
Der Streifenbarsch im Hauptgang etwa, der nicht mehr braucht als eine Tunke aus Taschenkrebs und Sojasauce. Und noch ein Glas des enormen 2016er Oran des Demeter-Winzers Fritz Salomon.
Nanum bietet Produkttiefe, Konzentration und Lässigkeit
Natürlich kann man in Berlin auch an anderen Orten eine solche Produkttiefe und eine derartige Konzentration kosten, bei Marco Müller im Restaurant Rutz etwa oder bei Dylan Watson-Brawn im Ernst, das zu den besten Restaurants im Wedding zählt. Nur sind die Restaurantbesuche dort nicht nur wesentlich teurer, sondern auf die eine wie andere Art auch merklich steifer angelegt.
Jinok Kim-Eicken kommt stattdessen an den Tisch, eigentlich rotiert sie den ganzen Abend zwischen ihren Gästen, und rät, die eingelegten Sardellen doch beherzt ins Sesamblatt zu wickeln und mit den Fingern zu essen. Weil es einfach am besten schmeckt.
- Nanum Lindenstr. 90, Kreuzberg, Do–Sa 18–23 Uhr, freitags Fischmenü, Mi+Do 12–14.30 Uhr Lunch, online
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