Berlin gehört mit 23 Restaurants mit insgesamt 30 Sternen zu Deutschlands kulinarischen Meisterstädten. Die höchste Bewertung von drei Sternen hat in Berlin das Rutz. Doch die (geschmackliche) Vielfalt ist es, was die Spitzenlokale, aber auch die Stadt auszeichnet.
Die Juror:innen des Guide Michelin haben wieder Sterne regnen lassen und Berlin kann zwei neue Ein-Sterne-Restaurants feiern: das theNOname in Mitte und das vegan-vegetarische Cocktailbistro Bonvivant in Schöneberg. Zwar stieg kein neues Restaurant in die Riege der Zwei-Sterne-Restaurants auf, doch das Horváth, das Coda, das Restaurant Tim Raue, das Facil und das Lorenz Adlon Esszimmer, nun mit neuen Küchenchef Reto Brändli, haben auch in diesem Jahr zwei Michelin-Sterne.
Folgendermaßen können wir euch 17 Ein-Sterne-Lokale, fünf Zwei-Sterne und das eine, bereits erwähnte Drei-Sterne-Restaurant vorstellen.
Bonvivant: Vegan-vegetarisches Cocktailbistro
Das Konzept des schmucken Cocktail-Bistros funktioniert perfekt und wurde gerade mit seinem ersten Michelin-Stern ausgezeichnet: Kreatives vegetarisches und regionales Soulfood von Nikodemus Berger trifft in entspannter Atmosphäre auf erstklassige, immer auch vegane und alkoholfreie Cocktailkreationen. Anfangs waren die Teller zum Teilen gedacht, inzwischen ist das Konzept erwachsen geworden und präsentiert sich als 4- oder 6-gängiges Menü mit oder ohne Getränkebegleitung. Die einzelnen Gänge können auch à la Carte bestellt werden. Gastgeberin Fatinka führt dabei leidenschaftlich durch den Abend, wenn etwa der großartige Sellerie mit Tannennadel, Walnus und Ponzu auf den Tisch kommen und sie dazu im Schälchen eine flüssige Begegnung aus Wermut, Vetiver, Doulasie und Kräutern kredenzt. Das Menü, darunter auch weißer Spargel mit Weizengras und gerösteter Hefe oder der Austernpilz mit Haselnuss, Meerrettich, Kohlrabi und Kiefern, ist eine vegetarische Geschmacksreise, die in der Berliner Oberliga spielt. Am Wochenende wird zudem noch gebruncht. Mehr zum Bonvivant lest ihr hier.
- Bonvivant Goltzstraße 32, Schöneberg, Di–Sa ab 18 Uhr, Brunch Sa+So 10–15 Uhr, Tel. 0176/61 72 26 02, online
Französischer Charme im Irma La Douce
Es ist eines der schicksten Hauptstadtrestaurants: Das Irma La Douce ist mindestens so charmant wie der Billy-Wilder-Film, nach dem das 2019 eröffnete Restaurant benannt ist. In den imposanten und charmanten Gründerzeiträumen wird der feinen französischen Küche gehuldigt. Und zwar so gut, das Küchenchef Michael Schulz Träger eines Michelin-Sterns und auch noch zum „Berliner Meisterkoch 2021“ gekürt wurde. Seine Gerichte sind unprätentiös, überraschend leicht und von einer enormen Aromenvielfalt geprägt. Dazu hat Restaurantleiter und Sommelier Sascha Hammer 300 europäische Weine am Start.
- Irma La Douce Potsdamer Straße 102, Tiergarten, Di–Sa 18–23 Uhr, Tel. 030/23 00 05 55, online
Lässig modern im Tulus Lotrek
Das Tulus Lotrek, gegründet und beseelt von Ilona Scholl und Max Strohe, zählt zu den lokalen Konzeptküchen dieser Stadt. Das Schöne hier: Ein Besuch macht irre viel Freude. Auch den Testern vom Guide Michelin, die Strohe mit einem Stern hoch gelobt haben. Auf der Tapete verstecken sich Schinken und Tintenfischarme in einem floralen Textildruck.
Expressiv ist auch die Küche: Mit Jakobsmuschel, Sellerie, Aprikose, Nussbutter und Perigord-Trüffel wird beispielsweise aus den Insignien der Haute-Cuisine ein herzhafter Spaß, den das junge Team um Gastgeberin Ilona Scholl den Gästen auch just so zu vermitteln versteht. Unter den besten Restaurants dieser Stadt das unbedingt herzlichste.
- Tulus Lotrek Fichtestraße 24, Kreuzberg, Do–Mo 18–23 Uhr, Tel. 030/41 95 66 87, online
Großartige Ausblicke im Golvet
Jonas Zörner wurde zum „Berliner Meisterkoch 2022“ gekürt. Wer in dem Sternerestaurant hoch über der Stadt im ehemaligen Club 40 Seconds an der Potsdamer Straße diniert, erlebt einen jungen Koch, dessen „Kinderstube“ bei Michael Kempf im Facil man genauso herausschmeckt wie eine kulinarische Zeitgenossenschaft und einen Faible für die visuellen Aspekte des Fine Dining. Die Teller von Jonas Zöllner sind aufwendig komponiert und umfassend im Geschmack. Eine Fine-Dining-Adresse für den großen Auftritt – und all die kleinen Details. Viermal im Jahr wechselt das Golvet das Menü.
- Golvet Potsdamer Straße 58, Mi–Sa 18–22.45 Uhr (Küche Mi+Do bis 21 Uhr, Fr+Sa bis 21.30 Uhr), Tel. 030/89 06 42 22, online
Große Küche, leises Auftreten im Richard
Hans Richard ist vielleicht der Leiseste unter den Berliner Sterneköchen. Er steht inzwischen wieder selbst in der Küche und hat Sommelier Hakan Özden neu ins Team genommen. Dem gelingt nun auch im Glas, was auf den Tellern bereits begeistert: eine Zeitgenossenschaft, die bei allem Wissen um die Traditionen des guten Geschmacks einen gewissen Entdeckungsdurst erlaubt. Ein Orange Wine zum verkohlten Lauch? Das geht nun genauso wie die Moselspätlese und der Hirschrücken an der an einer mit Hingabe reduzierten Jus. Lieblingsort – und seit Sommer 2023 auch als Richard Bistro mit hervorragendem Wirtshaus-Konzept geöffnet.
- Restaurant Richard Köpenicker Straße 174, Kreuzberg, Do–Sa 19–23.30 Uhr, Tel. 030/49 20 72 42, online
Tahini statt Foie Gras und Pastrami vom Kamel: Prism
Für sein Restaurant hat sich Gal Ben Moshe durch die Aromen seiner israelischen Heimat und mit beinahe kindlicher Begeisterung durch die Gemüseläden der Sonnenallee geschmeckt. Tahine statt Fois Gras, armenische Gurke statt französischem Trüffel, oder doch all das nebeneinander. Mit einem Holzkohlegrill für die Röstaromen am Lamm und am butterzarten Pulpo, mit selbstgepökelter Pastrami vom Kamel. Spektakulär darf es dabei durchaus nochmal werden. So wird der Fond zur Wachtel am Tisch im Syphon erhitzt, um jedwedes Aroma aus den Knochen zu kitzeln. Spektakulär aber vor allem, wie einleuchtend und vollmundig Gal Ben Moshes Küche nun schmeckt. Eine Etage über dem levantinisch-berlinerischen Sterne-Restaurant in Berlin gibt es zudem einen Private Dining Room. Mit Gal Ben Moshe sprachen wir über kulinarische Einflüsse und sein neues Projekt: The Pink Room.
- Prism Fritschestraße 48, Charlottenburg, Di–Sa 18–0 Uhr, Tel. 030/54 71 08 61, online
Faelt: Sterne-Restaurant im Akazienkiez
Björn Swanson (zuvor im Golvet) nennt sein Konzept „Reduziert aufs Wesentliche“, doch in Wahrheit verbindet er einfach herausragende Produktqualität, inspirierte und präzise Küchenkunst mit einer sympathischen Heiterkeit. Der Name Faelt verweist auf seine skandinavischen Wurzelt und bedeutet „Feld“ auf Schwedisch. Der Speiseplan ist rasch geklärt, denn es gibt in dem kleinen Lokal mit knapp 20 Plätzen nur dieses eine, vorerst monatlich wechselnde Neun-Gänge-Menü. Mehr zum Faelt lest ihr hier.
- Faelt Vorbergstraße 10a, Schöneberg, Fr–Di ab 18.30 Uhr, Tel. 0160/93 27 74 62, online
Den Himmel über Berlin genießen im Skykitchen
Seinen Michelin-Stern hatte sich Alexander Koppe in der ersten Etage des Lichtenberger Kongresshotels Andel’s erkocht. Längst residiert sein lässig-schickes Restaurant Skykitchen in der Panorama-Etage des Andel’s Hotel. Alleine der Ausblick ist einen Besuch wert. Koppes kulinarische Handschrift steht für ein „Crossover aus Fine Dining und Berliner Schisslaweng“, dargeboten in zwei Menüs, eines davon vegetarisch. Außerordentlich gut ist Koppes Risotto, zudem begeistert sein Faible und mehr noch sein Händchen für Innereien. Sehr gute Getränkebegleitung, die auch mal einen Cocktail reicht.
- Skykitchen (im Vienna House Andel’s Berlin) Landsberger Allee 106, Lichtenberg, Di-Sa ab 18 Uhr, Tel. 030/45 30 53 26 20, online
Französisch grundiert mit Berliner Schnauze: Bandol sur Mer
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Der angesagte Stern-Franzose Bandol sur Mer residiert in einem früheren Döner-Grill. Sternekoch und Inhaber Andreas Saul verwöhnt die höchstens 18 Gäste kulinarisch, während Sommelière und Gastgeberin Lisa Karsten für einen tadellosen Service und die Weinpflege verantwortlich zeichnet. Beim angebotenen vielgängigen Menü kommen vorwiegend regionale Produkte wie Rote Bete, Brennnessel oder Birne zum Teil spektakulär zum Einsatz.
- Bandol sur Mer Torstraße 167, Mitte, Mo–Fr ab 18.30 Uhr, Tel. 030/67 30 20 51, online
Vegetarische Spitzenküche im Cookies Cream
Das vegetarische Gesellschaftslokal verbindet lässigen Hinterhof-Charme mit einer nie verkopften Gourmetküche, inzwischen eines der Sterne-Restaurants in Berlin. Die beiden Köpfe hinter dem Cookies Cream: Clublegende Heinz „Cookie“ Gindullis und der noch immer junge Küchenchef Stephan Hentschel, der selbst nicht einmal Vegetarier ist. Ein Ausschnitt aus seiner Karte: Parmesanknödel mit Perigordtrüffelsud an Spinat und Pinienkernen sowie überraschende Desserts, zum Beispiel Sellerie-Eis mit Apfel, Walnuss und Kräutern oder Süßdolde und Erdbeersorbet an Baiser und Buchweizen. Dass es neben der Wein- auch eine nichtalkoholische Begleitung im Glas gibt, versteht sich im Cookies Cream von selbst.
- Cookies Cream Behrenstraße 55, Mitte, Di–Sa 17–23 Uhr, Tel. 030/680 73 04 48, online
Brutal-lokal und immer saisonal: Nobelhart & Schmutzig
Kloß mit Soße. Butter mit Brot. Vom Lamm der Nacken am angekohlten Rosenkohl. So also schmeckt es im Nobelhart & Schmutzig, dem „brutal lokalen“ Restaurant des Vollbart- wie Vollblutkulinarikers Billy Wagner und seines Küchenchefs Micha Schäfer. Zeitgenössischer kann man in Deutschland derzeit kaum exzellent essen.
Man sitzt einfach bei sympathischen Menschen und schmeckt Produkte aus der nahen Umgebung, dazu gibt es eine erkenntnisdurstige, stets süffige Getränkebegleitung. In den Sommer- und Herbstmonaten überwiegen die vegetarischen Gänge, im Winter kommt dann Wild und Fisch. Auch das heißt: radikal saisonal. Also, mehrmals im Jahr vorbeischauen.
- Nobelhart & Schmutzig Friedrichstraße 218, Kreuzberg, Di–Sa ab 18.30 Uhr, Tel. 030/25 94 06 10, online
Fine Dining in lässig: Bricole
Küchenchef Steven Zeidler hat die kulinarische Gegenwart auf der Zunge, ohne die DNA seiner süddeutsch-frankophilen Küche zu verleugnen. Erstaunlich etwa Zeidlers Saucen und überhaupt seine buchstäblich konzentrierte Handwerklichkeit. Im März 2022 hat das legere Fine-Dining-Restaurant seinen ersten Michelin-Stern erhalten.
- Bricole Senefelderstraße 30, Prenzlauer Berg, Mo–Fr ab 18.30 Uhr, Tel. 030/84 42 13 62, online
Klassische Sterneküche im Hugos
Der Rundumblick aus dem 14. Stock des Hotel Intercontinental ist schwer zu toppen. Ebenfalls ein Erlebnis ist Eberhard Langes (1 Stern) leichte Gourmetküche mit mediterranem Einschlag, die seit 1999 durchgängig mit dem Michelin-Stern ausgezeichnet wird. Die Gäste genießen Kreationen wie geflämmten Bretonischen Langustino oder Bachsaibling mit Essiggurke, Granny Smith, hausgemachtem Kefir und Kaviar.
- Hugos Budapester Str. 2, Tiergarten, Di–Sa 18.30–22.30 Uhr, Tel. 030/26 02 12 63, online
Kreative deutsche Küche im Bieberbau
Über lange Jahre hat sich der Bieberbau mit kreativer deutscher Küche und erstklassigen Produkten einen treuen Stamm an Gästen erarbeitet. Kein Wunder, dass sich das denkmalgeschützte Restaurant (sehenswerte Stuckarbeiten), das auch einen eigenen Kräuter- und Gewürzgarten unterhält, seit einigen Jahren mit einem Michelin-Stern schmücken kann.
- Bieberbau Durlacher Straße 15, Wilmersdorf, Mo+Di, Do+Fr 17.30–0 Uhr, Tel. 030/853 23 90, online
Ein Ausflug nach Wien bei Horváth am Paul-Lincke-Ufer
Der gebürtige Wiener Sebastian Frank kam 2010 ins Horváth am Paul-Lincke-Ufer. Schon im ersten Jahr gab es einen Stern, 2015 kam ein zweiter dazu. Gewürdigt wurde eine entschlossene Produktküche, die sich radikal aus der Biografie des Küchenchefs nährt. Spätestens dieser konzentrierte Zugang macht das Horváth für uns zum besten Restaurant der Stadt. Neben der Blutpraline ist ein im Salzteig gereifter Sellerie eines von Franks Signature-Gerichten.
- Horváth Paul-Lincke-Ufer 44a, Kreuzberg, Mi–Sa ab 18.30 Uhr, Tel. 030/61 28 99 92, online
Süßes ohne Zucker bei Coda Dessert Dining
Handwerklich herausragende, hübsch anzuschauende, vor allem aber geschmacklich feinsinnige Teller stehen auf der Karte dieses weltweit ersten Dessert-Restaurants, das vom Guide Michelin mit nicht nur einem, sondern gleich zwei der begehrten Sterne ausgezeichnet wurde. Zucker spielt in der Küche des Spitzenpatissiers René Frank quasi keine Rolle. Intensiv, intellektuell, inspirierend: eine urbane, weltläufige und auf den Punkt formulierte Adresse. Auch mit einer weiteren internationalen Auszeichung: Frank wurde zum “World’s Best Pastry Chef 2022” gekürt. Unser Autor war begeistert von Coda Dessert Dining.
- Coda Dessert Dining Friedelstraße 47, Neukölln, Mi–Sa ab 18 Uhr, Tel. 030/91 49 63 96, online
Tim Raue und seine Berliner Schnauze
Das Restaurant in der Rudi-Dutschke-Straße bleibt Tim Raues Aushängeschild. Und der Ort, an dem seine entschlossene Umami-Küche tatsächlich spektakulär und nicht bloß gut schmeckt. Das Abendmenü ist eine Investition, die sich deshalb unbedingt lohnt. Mittags kann man vier Gänge des Meisters der gastronomischen Inszenierung etwas günstiger ausprobieren. Sollte man. Raue ist immer noch ein die kulinarische Landschaft prägender, mit zwei Sternen gekrönter Küchenchef und sein Restaurants eines der legendären Sterne-Restaurants in Berlin. 2025 wird Tim Raue übrigens das Restaurant Sphere im Fernsehturm übernehmen.
- Tim Raue Rudi-Dutschke-Straße 26, Kreuzberg, Lunch: Fr+Sa 12–15 Uhr, Dinner Di–Sa 18.30–0 Uhr, Tel. 030/25 93 79 30, online
Große Küche und außergewöhnliche Patisserie im Facil
Im Glaspavillon in der fünften Etage des Mandala Hotels diniert es sich fast wie unter freiem Himmel. Umgeben von einem kleinen Bambuswäldchen genießen die Gäste die Künste des Sternekochs Michael Kempf, dessen intelligent-leichter Stil ihn zu einem der international bestbewerteten Küchenchefs (2 Sterne) der Stadt gemacht hat. Zum Beispiel zaubert er Skirt-Steak vom Black-Angus-Rind mit Linsen, Reiskraut und Chinakohl oder Langoustino mit Brokkoli, Algen und Earl Grey. Außerdem ist Facils Thomas Yoshida von Gault & Millau zum Pâtissier des Jahres 2016 gekürt worden.
- Facil Potsdamer Straße 3, Tiergarten, Lunch Mo–Fr ab 12 Uhr, Dinner Mo–Fr ab 19 Uhr, Tel. 030/500 05 12 34, online
Mehr Berlin geht nicht: Lorenz Adlon Esszimmer
Der 31-jährige Schweizer Reto Brädli hat bereis Michelin Sterne erkocht und ist neuer Küchenchef im Lorenz Adlon Esszimmer. Nun serviert der Top-Koch aus dem Engadin, der zuvor in St. Moritz gearbeitet hat, in dem eleganten 35-Plätze-Fine-Dining-Restaurant mit Blick auf das Brandenburger Tor, ein saisonal wechselndes sechs- bis achtgängiges Menü. Brädli steht auf die klassische französische Küche, gibt ihr seine eigenen modernen Interpretationen, für Frühjahr und Sommer frisch, leicht und säurebetont, im Winter opulent.
- Lorenz Adlon Esszimmer (im Hotel Adlon Kempinski) Unter den Linden 77, Mitte, Mi–Sa 19–23 Uhr, Tel. 030/22 61 19 60, online
Rutz in Mitte: Marco Müller ist Berlins erster Dreisternekoch
Drei-Sterne-Koch Marco Müller kochte noch nie so gut wie derzeit. Wahre Begeisterung lösen immer wieder seine Saucen, Fonds und Reduktionen aus, die mal mit Säure, mal mit Frucht die einzelnen Komponenten zu einem Ganzen zusammenführen. Endlich wurde dem so sorgsam von Drei-Sterne-Koch Marco Müller entwickelten Küchenstil der Restaurantraum angeglichen. Die ehemalige Weinbar im Erdgeschoss und das Restaurant im ersten Stock bilden nun eine Einheit mit etwa dreißig Sitzplätzen. Ein Schauregal, in dem Einmachgläser aus der Küche lagern, erstreckt sich über beide, dunkel und romantisch gehaltenen Geschosse. Spotlights werfen ein brillantes Licht auf die Teller und lassen die Farben der Zutaten leuchten. Das Rutz dürfte im Moment das beste, vor allem das kompletteste Restaurant in Berlin sein. Unser Autor ist vom Rutz Restaurant begeistert. Und seit dem Frühjahr 2020 hat Müller noch eine neue kulinarische Spielwiese, das bisherige Alte Zollhaus in Kreuzberg, jetzt Rutz Zollhaus.
- Rutz Chausseestraße 8, Mitte, Mo–Fr ab 18 Uhr, Tel. 030/24 62 87 60, online
Ernsthaftigkeit im Ernst
Als Zwanzigjähriger hatte Dylan Watson zum ersten Mal zu Tisch gebeten. Dann das eigene Restaurant: Und in diesem Ernst geht es weniger um das Zubereiten von Produkten als um die Produkte an sich. Dylan Watson-Brawn und Spencer Christenson sind die Archäologen eines unbedingten Geschmacks. Ja, das ist alles sehr konzeptionell. Aber auch so unbedingt gut, dass dieses Ernst seit der ersten Stunde eines der wichtigsten Restaurants der Stadt und natürlich auch eines der Sterne-Restaurants in Berlin ist. Und, ja, auch ein großer, konzentrierter Spaß. Nur eben auf seine Weise. Statt Reservierung werden im Vorfeld Tickets für den Abend verkauft – passt, denn ein Abend im Ernst ist genauso sehr Essen wie perfekt inszeniertes Theater. Mehr zu Dylan Watson-Brawn lest ihr übrigens hier. Im Jahr 2024 bricht für das Ernst das letzte Jahr an, am 31. Dezember 2024 ist dann Schluss. Steckt das Fine Dining in der Krise? Darüber schreiben wir hier.
- Ernst Gerichtstraße 54, Wedding, Di–Sa 18–23.30 Uhr, online
theNOname in Mitte
Tim Tanneberger, zuvor im eins44 und seit einiger Zeit neuer Küchenchef in dem unaufgeregten Fine-Dining-Restaurant an der Oranienburger Straße, überzeugt mit einer Produkt-fokussierten Küche, etwa mit Gurke, Algen und Ingwer oder Zander, Lorbeer und Kümmel. Am Tisch begeistert Sarah Buchbinder mit ihrer (Natur-)Weinkompetenz und ausgefeilten, selbstkreierten alkoholfreien Alternativen. Seit Anfang Juli 2022 gibt es ein Early Dinner für Theatergänger:innen und Frühstarter, ein 4-Gänge-Menü inklusive Wasser und Espresso. 2023 wurde das theNOname mit seinem ersten Michelin-Stern ausgezeichnet. Ende des Jahres schließt das Restaurant allerdings.
- theNOname Oranienburger Straße 32, Mitte, Di–Sa ab 17.30 Uhr, Tel. 030/279 09 90 27, online
Präzise und vollmundig: Cordo
Man muss es tatsächlich ein Ereignis nennen, mit welcher Lässigkeit der junge Küchenchef Yannic Stockhausen aus der ehemaligen Cordobar ein Fine-Dining- Lokal gemacht hat, das um die klare Sprache einer regionalen Produktküche weiß, ohne sich allzu sehr aufs brutal lokale Neuberliner Repertoire zu verlassen. Stockhausen, gebürtiger Hamburger mit Stationen in Frankreich und im Wolfsburger Acqua, ist ein so präziser Küchenhandwerker, dass er die Allüren einer sogenannten Pinzettenküche selbstbewusst hinter sich lassen kann. Gestaltet sind seine Teller, gewiss, aber doch vor allem aus dem Bauch heraus. Jeder Garpunkt, jede Konsistenz – genau so! Dazu hat er den Mut, auch Grenzgänge wie einen von fermentiertem Rettich begleitetes Kalbshirn zu wagen. Starke Weinkarte mit einem Fokus auf Österreich und die Biodynamik. Auch das Cordo schließt zum 31. Dezember 2023.
- Cordo Große Hamburger Straße 32, Mitte, Di–Sa ab 18.30 Uhr, Tel. 030/27 58 12 15, online
Spannender fast als die Verleihung der Michelin-Sterne 2023 waren die Spekulationen innerhalb der Berliner Gastro-Szene, schreibt unser Autor Clemens Niedenthal. Wir lieben nicht nur die Sterne-Restaurants: Die besten Imbisse in Berlin. Gehobene Küche, vergleichsweise moderate Preise: Das zeichnet Bib-Gourmand-Preisträger aus. Diese Berliner Restaurants sind prämiert. Immer die besten Tipps für exzellentes Essen und vorzügliche Gastronomie findet ihr in unserer Rubrik Essen und Trinken.
Noch mehr News aus der Berliner Gastro-Welt gibt es in der Rubrik Restaurants. Ihr wollt auswärts essen, aber wisst nicht, was und wo? Dann holt euch die Berlin Food App von tipBerlin und findet immer das passende Restaurant.