Gastrotipp

Tante Fichte in Kreuzberg: Unbedingter Kandidat für einen Stern

Im Tante Fichte an der Fichtestraße muss sich Küchenchef Dominik Matokanovic nicht zwischen fein und vollmundig entscheiden. Er bringt seine Biografie als feine Cuisine auf die Teller. Die Weine dazu: perfekt. Unser Autor sieht im Restaurant mittlerweile einen Kandidaten für einen Stern.

Küchenchef Dominik Matokanovic im Tante Fichte
Dominik Matokanovic ist Küchenchef im Tante Fichte. Foto: Manuel Krug

Tante Fichte-Cuisine ist intuitiv, intensiv, intelligent 

Der Gruß aus der Küche ist auch ein Gruß aus der Heimat. Aus der von Küchenchef Dominik Matokanovic, wenngleich der doch in Moers am Niederrhein aufgewachsen ist. Aber die kulinarische Identität ist ja nie nur an die geografische gebunden und so beginnt dieser Abend also mit Ćevapčići (vom Hirsch), die wir uns selbst in einen fluffigen Sauerteigfladen wickeln. Das weist die Spur: Dieser Abend im Tante Fichte, das einmal, aber das ist inzwischen sehr egal, das Herz & Niere war, ist auf eine wunderbare Weise handwerklich (wenngleich das Handwerk fortan in der Küche und in den Weingläsern passiert). Und auf eine sehr vollmundige Weise von der Küche Kroatiens und vor allem Istriens grundiert. 

So sieht Fine Dining im Tante Fichte aus. Foto: Nils Hasenau

Salz, Pfeffer, mediterrane Kräuter: Beherzt, nie übergriffig

Loup de mer „kroatisch“, kurz gebeizt, Salz, Pfeffer, Zitrone, Geschmack. Fenchel mit Blaubeeren und Joghurt vom Ökodorf Kuhhorst, ein Frischekick. Ein Risotto mit roter Bete und vom Küchenchef selbst importiertem Schafshartkäse von der Insel Pag, man meint, die Meeresströmung der Kvarner Bucht förmlich zu schmecken: Dieser Teller zeigt, dass sich Dominik Matokanovic nicht entscheiden will zwischen der Vollmundigkeit traditioneller Gerichte und der Raffinesse der feinen Cuisine. Es ist immer beides auf dem Teller. Und zudem eine Vollmundigkeit, die auch einem beherzten, nie übergriffigen Einsatz von Salz, Pfeffer und mediterranen Kräutern geschuldet ist. Soll noch eine:r sagen, Umami gelingt nur mit Miso, Dashi und Sojasauce. All das passt auch auf diesen Hauptgang, dem Rücken vom Reh interpretiert (und nicht dekonstruiert) als Čobanac, einem kroatischem Hirteneintopf (acht Gänge 118 Euro).

Elegant und gemütlich: Tante Fichte. Foto: Nils Hasenau

Vollendete Begleitung für Tante Fichte-Küche: der Wein

Dass die Weine an diesem Abend auch mal funky sind – ein PetNat von Claus Preisinger aus dem Burgenland und vor allem Maischevergorenes vom jungen Winzer Alexandre Dupont de Ligonnès, der mitten in Dresden einen Elbhang in reiner Handarbeit bewirtschaftet –, sollte derweil nicht als Abkehr von einer klassisch grundierten Kompetenz gedeutet werden. Gastgeber Michael Köhle und Restaurantleiterin Viktoria Kniely erweitern ihren überbordenden Fundus an Weinwissen (und Flaschen) vielmehr um eine souveräne Zeitzeugenschaft. Lange nicht mehr so gut – und passend – getrunken.In dieser Form und in der Symbiose der einzelnen Kompetenzen ist das Tante Fichte ein unbedingter Kandidat für einen Stern, und vor allem für weitere kulinarische Entgrenzungen.

  • Tante Fichte Fichtestr. 31, Kreuzberg, Mi–Sa ab 18 Uhr, Tel. 030/69 00 15 22, online

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