Gastrotipp

Trio: Dieses Wirtshaus ist Berlins passendstes Restaurant zur Zeit

Mit dem Trio ist gleich hinter der Volksbühne das passendste Restaurant zur Zeit entstanden. Was auch daran liegt, dass dieses Restaurant ein Wirtshaus ist. Sein Name: Trio. Eva Alken, Clemens Roesch und Vadim Otto Ursus kennen sich aus der grundsätzlichen Produktküche des Otto in der Oderberger Straße. Im Trio wollen sie noch einmal grundsätzlicher werden und einen Ort für alle schaffen. Mit Solei, Backhendl und Wein aus dem Hahn.

Das neuste Wirtshaus Berlin ist das Trio.
Im Trio: So sieht das Wirtshaus zur Zeit aus. Foto: Robert Rieger

Trio: Berlins Wirtshaus zum Wesentlichen

Was in Grün und Grau hinter der großen Fensterfront in der Weydinger-, Ecke Linienstraße als Ableger des Restaurants Otto aus der Oderberger Straße eröffnet hat, ist ein Wirtshaus. Das passt wunderbar in eine Zeit, in der die Teller wieder etwas Wesentliches haben dürfen. Nach der Pandemie, mitten in der Inflation.

„Du kriegst einen Teller, isst was, bist satt und gehst glücklich wieder nach Hause“, beschreibt Eva Alken das Konzept. Und hinzuzufügen wäre eigentlich nur noch, dass es zumeist ein Wir sein wird, das an den Holztischen und der geschwungenen, U-förmigen Theke satt werden wird. „Gut zu essen heißt für mich zunächst einmal, einen tollen Abend mit seinen Leuten zu haben“, sagt Vadim Otto Ursus.  

Die Teller im Trio sind lecker und schön.
Flädle-Suppe im Trio. Foto: Robert Rieger

Trio wird dieses Wirtshaus heißen. Wegen der drei Gastgeber:innen Eva Alken, Clemens Roesch und Vadim Otto Ursus, die sich im Otto kennengelernt haben. Wegen der Bar 3 gleich nebenan und auch dem charmanten Restaurant 3, das einmal in diesen Räumlichkeiten beheimatet war. Auch der beste versteckte Japaner der Stadt, das San, heißt übersetzt Drei und befindet sich ebenfalls in dem rundlichen 1920er-Jahre-Bau, der somit eine ziemliche Wundertüte von einem Gebäude ist. Dazu die Lage zwischen Tor-, Linien, und Karl-Liebknecht-Straße.  

Das Trio: Clemens Roesch, Vadim Otto Ursus und Eva Alken. Foto: Robert Rieger

„Da ist einerseits diese Eleganz der neusachlichen Architektur, diese Poelzighaftigkeit, die fast dörfliche Plätze schafft und daneben dieser deutsch-demokratische Moloch Alexanderplatz und wir sitzen genau auf der Kante“, wie es Clemens Roesch beschreibt.

Direkt vor der Tür dann die Gedenkstätte der Interbrigadisten und dahinter der Eingang zur Volksbühnen-Kantine. Und man merkt Eva Alken, Clemens Roesch und Vadim Otto Ursus an, wie sehr sie Lust haben, diesen Ort auch historisch und stadtsoziologisch zu begreifen und zu bespielen. Und wie wenig, sich einzig mit der Wohlgefälligkeit des Kulinarischen aufzuhalten.  

So elegant sieht das Trio innen aus. Foto: Robert Rieger

Kulinarische Emanzipationsgeschichte

Wer will, könnte das auch als eine Emanzipationsgeschichte des Vadim Otto Ursus lesen. Jenem noch immer jungen Koch, der sich nach seiner Ausbildung auf der Kastanienallee durch die mit Michelin-Sternen prämierte nordische Küche gekocht hatte. Der auf den Faröer Inseln war, in Oslo und gemeinsam mit Reni Redzepis Restaurant Noma in Mexiko. Der sich dann in der Schorfheide eine naturnahe Experimentierküche aufgebaut hatte und von dort mit japanisch inspirierten Fermentationsversuchsanordnungen Berlin begeistern sollte. Koji-Butter, Garum aus Saiblingkarkassen, theoretisch einfache Teller mit praktisch größtmöglichem Geschmack. 

Unser Gastro-Guide für Berlin: Die Speisekarte 2023

Das 2019 eröffnete Otto wurde aus dem Stand nicht nur zu einem der kulinarisch interessantesten und prägendsten Orte Berlins. Es wurde auch zum Bekenntnis einer neuen Generation von in und mit der Gastronomie beschäftigten Menschen, sich von den Ritualen und der Etikette der Hochküche zu befreien: „Dass man so zehn, 15 Gänge lang immer wieder einen kleinen Happen vor sich hat, angepriesen jeweils als das größtmögliche Spektakel, damit kann ich nicht mehr wirklich viel anfangen“, hatte Vadim Otto Ursus schon damals gesagt. Und: „Wir wollen einen Ort zu schaffen, mit dem sich die Mitarbeiter:innen und auch die Lieferant:innen identifizieren können. Ich würde mich unwohl fühlen mit einem Restaurant, in dem sich eigentlich keine:r aus dem Team ein Abendessen leisten kann.“ 

Trio. Foto: Robert Rieger

Trio: Von Thesen und Tresen

Das Trio soll deshalb bewusst ein Ort für alle werden, was auch an dieser Entscheidung abzulesen ist: „Eigentlich“, so Vadim Otto Ursus, „wollten wir komplett auf Reservierungen verzichten und dieses Reinrauschen und Rausrauschen als Teil des Wirtshauserlebnisses feiern. Aber uns war schnell klar, dass das für ein älteres Publikum eine Hemmschwelle sein könnte. “ Die 15 Plätze an der Theke aber bleiben für spontane Gäste reserviert. „Die Liturgie ist eine einfache“, sagt Clemens Roesch, „man kann spontan vorbeikommen, wir müssen keine Speisekarte erklären, keine Pirouetten drehen.“ „Wenn du aber willst“, so Eva Alken, „kannst du auch den ganzen Abend Champagner saufen.“ 

Vor allem aber das Landbier aus dem Barnimer Brauhaus, das man auf einer Landpartie mit dem mobilen Pizzaofen des Otto kennengelernt hatte. Das Bier aus Hohenfinow steht exemplarisch für die Produktauswahl und die Arbeitsprozesse im neuen Wirtshaus. Ein wenig einfacher als im Otto wird alles sein, aber nicht weniger ethisch und aufrichtig überzeugt. Der direkte Kontakt zu den Produzent:innen bleibt weiterhin wichtig. Tiere werden, gemeinsam mit dem Otto, vorwiegend im Ganzen verarbeitet. Der Wein aber kommt im Trio (auch) aus dem Hahn, die Rückkehr des Hausweins sozusagen, nur eben in biodynamisch: „Ich glaube tatsächlich“, sagt Clemens Roesch, „dass viele dieser permanenten Distinktionsschleifen auch müde geworden sind.“ Eine Weinkarte, und wir ahnen: eine richtig gute, wird es im Trio natürlich dennoch geben.

Handkäs mit Musik im Trio. Foto: Robert Rieger

Und doch verweist Eva Alken an dieser Stelle lieber auf lange Abende in den alteingesessenen Wirtshäusern dieser Stadt, in der Henne, der Tiergartenquelle, der Dicken Wirtin, dem Diener Tattersall: „Das Essen an diesen Orten ist vielleicht nicht spektakulär gut, aber im besten Sinne romantisch.“  

Auch um eine kulinarische Erinnerungsarbeit wird es also im Trio gehen. Ein nostalgischer Ort, korrigiert Eva Alken, wird das Restaurant mit seinen insgesamt gut 60 Plätzen aber ganz unbedingt nicht. Auch diese Größe war den Dreien wichtig, der unternehmerischen Kalkulation, aber genauso der Atmosphäre wegen. 

Im Trio: Königsberger Klopse mit Rote Beete Salat.
Ein Klassiker der Wirtshausküche: Königsberger Klopse im Trio. Foto: Robert Rieger

Was denn nun serviert wird? Backhendl mit Erdäpfel-Gurkensalat, Apfelstrudel mit Haselnüssen und einer Crème anglaise, Matjes mit Roter Bete, Wurstsalat. „Wir wollen die Freude an der Deftigkeit aber durchaus auch vegetarisch hinbekommen“, sagt Clemens Roesch. „Wir haben ja viel Erfahrung über den Mittagstisch im Otto gemacht“, ergänzt Vadim Otto Urus, „und gemerkt, wie sehr die Leute diese einfachen Teller gefeiert haben.“ 

Wann sie nun beginnt, diese neue Einfachheit? Vorerst von Freitag bis Montag, vorerst ab 18 Uhr. „Uns ist aber schon klar“, so Clemens Roesch, „dass dieser Ort eigentlich auch für die Beiläufigkeit des Werktäglichen ausgelegt ist, nach der Arbeit ein schneller Teller und ein Bier.“ Und genauso für den Mittagstisch, den es im Otto in der Oderberger Straße seit dem vergangenen Herbst ja nicht mehr gibt. 

  • Trio Weydingerstraße 20, Mitte, Fr–Mo ab 18 Uhr
  • Otto Oderberger Straße 56, Prenzlauer Berg, Do–Mo ab 18 Uhr, Tel. 030/25 97 71 59, online
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Das Trio-Team gibt uns gute Tipps für Wirtshausküche in Berlin. Immer aktuelle Tipps und Geschichten ums Essen und Trinken in Berlin findet ihr hier. Das Trio gehört dazu: Hier sind unsere liebsten kulinarischen Neueröffnungen im Februar 2023. Wir lieben sie, diese Klassiker der Berliner Küche. Und wir stellen euch Berliner Traditionsrestaurants vor. Immer noch hungrig in Berlin? Mit der Berlin Food App von tipBerlin ist das passende Restaurant schnell gefunden.

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