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Supercoop: Weddings neuer kooperativer Supermarkt hat große Pläne

Mit Supercoop eröffnete im Herbst 2021 in den Weddinger Osramhöfen ein genossenschaftlich organisierter Lebensmittelmarkt mit einem fair produzierten Angebot. Hier dürfen nur Mitglieder günstiger einkaufen, dafür arbeiten sie mit – und zwar drei Stunden pro Monat. Damit sich das auf Dauer rentiert, werden dringend neue Mitglieder gesucht. Ein Besuch.

Seit Herbst 2021 gibt es in Wedding den kooperativen Lebensmittelmarkt Supercoop. Die Idee: Mitarbeiten und dafür von den günstigen Preisen für Bio-Lebensmittel profitieren. Dieses Konzept spricht immer mehr Berlinerinnen und Berliner an. Foto: Supercoop

Das Angebot von Supercoop ist nachhaltig, saisonal und möglichst lokal

Gebrochene Preise sind seit Jahrzehnten Standard nicht nur im Lebensmittelhandel. Sie sollen einen psychologischen Effekt haben und Impulskäufe befördern. Dass die Preise bei Supercoop aber derart gebrochen sind, das hat einen ganz anderen Hintergrund. „Wir rechnen auf alle Einkaufspreise pauschal eine Marge von 23 Prozent“, sagt Johanna Kühner, Mitinitiatorin des genossenschaftlichen organisierten Lebensmittelgeschäfts. Doch nicht nur die Preise sind in diesem Laden anders. Das gesamte Konzept unterscheidet sich doch sehr von den großen Anbietern, die sonst den Markt dominieren. 

Da wäre zuerst die Tatsache, dass Supercoop ausschließlich Mitgliedern offen steht, die Anteile in Höhe von 100 Euro zuzüglich einer kleinen Verwaltungsgebühr erwerben. Zudem verpflichten sich die Mitglieder, mindestens drei Stunden pro Monat im Supermarkt mitzuarbeiten. Auf der anderen Seite profitieren sie von den gebrochenen, unterm Strich günstigeren Preisen. „Im Schnitt sind unsere Lebensmittel rund 20 Prozent günstiger als im Bio-Markt“, so Kühner. Wobei das wirklich nur der Schnitt ist. Bei Milchprodukten setzen auch die großen Marken auf günstige Preise, weil Milchprodukte als Indikator für das gesamte Preisniveau angesehen werden. Aus Marketinggründen werden die Margen also runtergerechnet. Deshalb sind Butter, Milch und Käse bei Supercoop fast genauso teuer wie bei Edeka oder Rewe. „Deutlich günstiger sind dagegen Kaffee, Obst und Gemüse oder auch Babyprodukte“, so Kühner. 

Johanna Kühner gehört zum vierköpfigen Vorstandsteam des Marktes. Foto: Supercoop

Neben den günstigen Preisen ist es die Herkunft der Produkte, die die aktuell rund 850 Mitglieder motiviert, sich vielfach auch über die drei Monatsstunden hinaus in der Kooperative zu engagieren. Während in konventionellen Supermärkten Bio-Produkte ausgeschildert sind, ist es bei Supercoop genau andersherum: Hier wird nur mit einem roten Punkt versehen, was nicht bio ist. Und das sind nur wenige Produkte, etwa das Bier der Weddinger Vagabund-Brauerei. Das wird nur wenige Meter weiter ebenfalls in den Osramhöfen gebraut. Man setzt eben auch auf Lokales.

Und nicht zuletzt setzt man bei Supercoop auf Saisonales. So gab es in den Wintermonaten keine Tomaten. „Wir hatten bislang einfach keinen Händler gefunden, der Gewächshaustomaten mit einer guten Klimabilanz züchtet“, so Johanna Kühner. „Mittlerweile haben wir einen Erzeuger, der uns nachhaltige Tomaten liefert.“ Und sollte doch mal eine von diesen nicht verkauft werden, so wird diese erst auf die MHD-Tafel gesetzt, zur Not aber auch verschenkt. „Bei uns landen nur verschimmelte Lebensmittel im Müll, Das kommt aber selten vor“, verspricht das Vorstandsmitglied.

Supercoop wurde nach Vorbild eines New Yorker Marktes aufgebaut

Kooperative Supermärkte wie den in Wedding gibt es auch in anderen Ländern. Das große Vorbild für Kühner und die anderen etwa 40 Gründungsmitglieder waren Märkte in New York, Paris und Brüssel. Der in den USA existiert bereits seit mehr als 40 Jahren und hat 17.000 Mitglieder. So weit ist man in Berlin noch nicht. Und dennoch ist das System in Bewegung.  2019, als sich Supercoop gründete, verstand man sich zunächst als Einkaufsgemeinschaft. Später kam ein gerade einmal 20 Quadratmeter großer Verkaufsraum hinzu, in dem Vorbestellungen gelagert wurden.

2021 startete das Team dann eine Crowdfundingkampagne: Bei einer Zahl von 500 Genossinnen und Genossen würde man einen „echten“ Einkaufsmarkt eröffnen. Es klappte. Seit Herbst 2021 werden an der Oudenarder Straße an fünf Tagen in der Woche rund 2200 verschiedene Lebensmittel verkauft, darunter viel Frisches. Fleisch hingegen gibt es kaum. Besondere Stücke können im Vorfeld aber geordert werden. 

Damit sich Supercoop auf Dauer trägt, braucht die Genossenschaft mindestens 1700 Mitglieder. Foto: Supercoop

Im Mai 2022 ist die Verkaufsfläche größer geworden, etwa doppelt so viel Platz wie zuvor hat Supercoop nun. Die hinter dem Markt liegenden Räume wurden zuletzt von Flink, einer der großen Lieferservices für Lebensmittel in Berlin, als Zwischenlager genutzt. Jetzt haben Johanna Kühner und ihre Mitstreiterinnen die Option gezogen, die eigene Fläche zu erweitern – das taten sie nicht allein, sondern im Kollektiv. Etwa alle zwei Monate treffen sich alle engagierten Genossen zum Plenum, auf dem auch solche großen Fragen der Weiterentwicklung von Supercoop geklärt werden. 

Von der Erweiterung verspricht sich Supercoop viel

Dann endlich kann der kleine Markt ein Vollsortiment anbieten. Die hinzugewonnenen Flächen ermöglichen es zudem, größere lagerfähige Lebensmittelmengen direkt beim Erzeuger zu kaufen und die Preise so für den Endkunden noch günstiger zu gestalten, ohne dabei den Bauern zum Dumping zu zwingen. Auf der anderen Seite kostet das alles Geld. Zwar engagieren sich die Mitglieder, doch ganz ohne Festangestellte geht es nicht. Und dann wären da ja noch die Miet-, Liefer-, Lager- und die steigenden Energiekosten.

„Wir brauchen mittelfristig mindestens 1700 Mitglieder, damit sich der Markt weiterhin trägt“, so Johanna Kühner. Zweimal die Woche lädt die Genossenschaft deshalb zu Infoveranstaltungen ein, die auch die direkte Nachbarschaft ansprechen sollen. Die Flyer im Verkaufsraum sind deshalb auch auf Türkisch und Arabisch verfasst. Das zeigt noch einmal deutlich, dass Supercoop ein Markt für alle sein will.

  • Supercoop Berlin Oudenarder Str. 16, Wedding, Mo, Mi–Fr 10–20 Uhr, Sa 9–20 Uhr, online

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