Apéro-Bar oder schon Fine Dining?

Urban und stadtflüchtig: Das Lok6 in Kreuzberg

Einfachheitshalber: Das wunderbare Lok6 muss sich nicht entscheiden, ob es nun eine Apéro-Bar oder schon Fine Dining ist

So serviert, wie man auch essen möchte: nonchalant, Foto: Lok6

Drüben auf dem Hügel wollen wir sein. Über dem Flaschenhalspark, wo der Sonnenuntergang so traumhaft auf die roten Neubauhäuser scheint. Darin: das zarte, betonschöne Lok6. Und wir freuen uns sehr, dass die kulinaische Quereinsteigerin Julia Heifer uns nun wieder zu Tisch bittet. Von nun an immer abends, von donnerstags bis samstags. Was, Stichwort Sonnenuntergang, ohnehin viel besser zu diesem Lokal zu passen scheint, das sich nicht entscheiden muss oder will, ob es nun eine Aperó-Bar, eine lässige Wirtschaft oder doch schon Fine Dining ist. Am Wochenende gibt es dann Brunch. Brunch, auch dit is Berlin, geht immer.

Vielleicht erinnern Sie sich, wir hatten uns über das Lok6 schon einmal gefreut. Und es vor rund eineinhalb Jahren in unserere tip-Speisekarte zu den besten Neueröffnungen unter den Mittagslokalen gezählt. Dass das mit dem handwerklichen saisonal-regionalen Lunch hier an der Schnittkante von Kreuz- und Schöneberg aber dann doch nicht funktionieren wollte, erzählt viel über eine Stadt, die längst allen zu voll zu werden scheint, aber dann gehen diese Alle, um Robert Musil zu zitieren, doch wieder nur dorthin,„wo es am schwärzesten ist von ihnen selbst“.

Nun sind wir also an einem dieser sehr warmen Sommerabende wieder da. Und hatten: ein unglaublich schlonziges Tatar, Kopfsalat mit gepopptem Bockshornklee, frisch aufgeschlagene Butter, sehr, sehr gute Tomaten mit Bonitoflocken und einem wachsweichen Ei, Bete-roten Hummus, grünen Spargel, der genau die richtige Portion Röstaromen abbekommen hatte, wilden Brokkoli und dieses sehr, sehr gute Brot, für das Berlin ja seit ein paar Jahren wieder steht. Nachher dann noch Erdbeeren mit einem Zitronensorbet. Ein schöne Schale zweier herausragender Produkte, und die so serviert, wie man sie auch essen möchte: nonchalant.

Zu zweit bestellt man vier, fünf Teller (7–15 Euro) und wird selig satt in diesem kleinen Lokal, das auch ein sehr schönes ist, in dieser Mitte der Stadt, die doch auch eine Randlage ist. Und klar, diese klaren, um wenige Produkte herum gruppierten Teller sind schon auch ein Trend, wie man ihn etwa im Barra im Schillerkiez oder am Gesundbrunnen im Baldon kosten kann. So geradlinig und klar, so verheißungsvoll und gleichzeitig unaufgeregt wie im Lok6 muss man das erstmal hinbekommen – im Sonnenuntergang über dem Flaschenhalspark.

Dazu gäbe es ganz normales sehr gutes Bier aus Bayern und ein paar ausgesuchte, tolle Weine. Kurzum ein wunderschöner, sehr urbaner und gleichzeitig tatsächlich stadtflüchtiger Ort, der nun im zweiten Anlauf hoffentlich viel, viel länger als einen Sommer tanzen darf.

Lok6 Am Lokdepot 6, Kreuzberg, Do+Fr 17–22 Uhr, Sa 11–22 Uhr, So 11–17 Uhr, www.lok6.de

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