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Der Weinanbau in Berlin erlebt eine kleine Renaissance

Weinbergsweg, Weinmeisterstraße: Viele Straßennamen zeigen: Weinanbau in Berlin hat eine lange Tradition. Im Jahr 1173 findet sich die erste Erwähnung des Weinanbaus in Brandenburg, 1237 in Berlin.  Bereits im 15 Jahrhundert florierte der Weinanbau in Berlin, die Weine wurden sogar ins Ausland exportiert. Im 18 Jahrhundert dann, stagnierte der Weinanbau jedoch aufgrund des sehr kalten Winters 1740 – und aufgrund anderer alkoholischer Alternativen: In der Stadt siedelten sich vermehrt Bierbrauereien an. Eine kleine Renaissance erlebte der Weinanbau in Berlin aber dennoch und wird bis heute fortgeführt. 

Weinanbau in Berlin: Der Weingarten Berlin e.V. hat Rebstöcke in Prenzlauer Berg. Foto: tipBerlin

In Deutschland gibt es Rebrechte für rund 102 000 Hektar, die auf die Bundesländer verteilt sind. Berlin bekam davon aber erstmal keine. Der Anbau oberhalb der Anbaugrenze zum Zweck der eigenen Versorgung (99 Weinstöcke) war von 1968 bis 2016 nur mit einer speziellen Duldung (Städtepartnerschaft) möglich und hatte auch eher symbolischen Charakter.

Nach einer Änderung des Weinrechtes war eine solche Duldung jedoch nicht mehr möglich. Glück im Unglück, könnte man sagen, denn Hessen gab darauf hin 2015 drei Hektar Weinfläche an Berlin ab. Somit darf in Berlin offiziell Wein angebaut werden. Die erhaltenen Rebrechte sind jedoch solche in der untersten Weinkategorie, wodurch auf dem Etikett keine Herkunftsangaben oder der Name geschützter Traubensorten angegeben werden dürfen. Die ohnehin schon besonderen Berliner Weine tragen deshalb alle auch noch besondere Namen. Durch geschickt platzierte Hinweise auf den Etiketten, lässt sich aber dennoch recht einfach erahnen, dass es sich um Berliner Wein handelt. Und wo kommt der her? Wir stellen eine Auswahl der Berliner Weinanbauflächen und -betriebe vor.


Weingarten Berlin e.V.

Kiloweise Trauben aus Berlin. Foto: Leonhard Stieber /tipBerlin

Die 1999 angesetzten Rebstöcke gedeihen hier bis heute. Auch wenn der Standort eigentlich nicht optimal ist, wächst hier ausschließlich Riesling. Die fehlenden Sonnenstunden werden durch längere Reifezeit ausgeglichen. Der Verein hat sich zudem vor allem als Ziel gesetzt über Wein und den Weinanbau in Berlin zu informieren. Deswegen gibt hier regelmäßige Veranstaltungen. Bei der Ernte kommen neben den Vereinsmitgliedern, Nachbarn, Familien und anderen Interessierten Helfern aus Berlin und dem Umland und packen gemeinsam an. Es geht hier nicht um Kommerz und Gewinn, sondern um Gemeinschaft, Information und Spaß.

Auch geschmacklich überrascht der Wein positiv. Den Wein „Der Besondere“ kann man für 12 Euro direkt beim Weingarten erwerben. Hierfür muss vorher ein Termin vereinbart werden.

  • Weingarten Berlin e.V. Am Weingarten 16, Prenzlauer Berg, mehr Infos hier

Britzer Weinkultur

Der Britzer Wein wird direkt auf dem Weingut gekeltert. Foto: Leonhard Stieber /tipBerlin

2002 wurden bei der Britzer Weinkultur die ersten Reben gepflanzt. Aktuell gedeihen hier rund 1500 Rebstöcke, unter welchen sich über 28 verschiedene Weinsorten aus ganz Europa befinden. Zudem gibt es wechselnde Veranstaltungen, auch über das Thema Wein hinaus.

Der Wein wird hier direkt auf dem Weingut gekeltert. Und wenn man ganz pingelig ist, sind also nur die Weine aus dem Koppelweg und vom Kreuzberg hundertprozentige Berliner, denn nur diese werden auch vor Ort verarbeitet und gekeltert. Die Trauben der anderen Anbauflächen werden außerhalb von Berlin gekeltert.

Die Weine mit Namen wie „Schnieke, Knorke, Jottwede“, kann man direkt im Hofladen beim Weingut für 12 Euro erwerben.

  • Britzer Weinkultur Koppelweg 70, Britz, Öffnungszeiten Hofladen Mo–Fr 9–14 Uhr, Website

Hessische Landesvertretung in Berlin

In den Ministergärten hat die Hessische Landesvertretung einen kleinen Weinberg. Foto: Hessische Landesvertretung Berlin

Die hessische Bergstraße ist vielen ein Begriff, doch auch bei der Recherche über Weinanbau in Berlin stolpert man immer wieder über Hessen. Das Land hat nämlich nicht nur Rebrechte an Berlin abgegeben. Zwischen Bundestag und Potsdamer Platz kennzeichnet einen der Ministergärten ein ganz besonderes Merkmal: Im Garten der Hessischen Landesvertretung befindet sich ein kleiner Weinberg. Aus den 199 Reben entsteht ein Rotling. Der Wein ist nicht verkäuflich und wird nur innerhalb der Landesvertretung verschenkt. Wer hessischen Wein und die landestypische Küche probieren möchte, kann im Bistro Mainhattan vorbeischauen.

  • Hessische Landesvertretung In den Ministergärten 5, Tiergarten, Öffnungszeiten Bistro Mainhattan Mo–Fr 11.30–15 Uhr, Website

Hannes Lewerenz kennt sich bestens mit Weinanbau in Berlin aus

Der Winzer Hannes Lewerenz. Foto: tipBerlin
Der Winzer Hannes Lewerenz. Foto: Leonhard Stieber /tipBerlin

Eine Person die sich besonders gut mit dem Thema Weinanbau in Berlin auskennt, ist der Winzer Hannes Lewerenz. Er ist für die Trauben am Kreuzberg zuständig und kümmert sich zudem um die Reben der Hessischen Landesvertretung. Im Weingut in Britz keltert er die Trauben vom Kreuzberg selbst, traditionell und handwerklich mit einer mechanischen Korbpresse.

Bei dem Wein handelt es sich übrigens um Naturwein. Auch wenn es nicht gelabelt ist, erfüllt der Wein zudem alle Bio-Kriterien. Trotz der kleinen Flächen gibt es hier ziemlich viel zu tun. Nach dem Keltern des Weines geht die Arbeit erst richtig los. Denn auch der Verschnitt, Instandhaltung der Fläche sowie das Abfüllen und Lagern des Weines passiert nicht von alleine.

Hannes Lewerenz gibt zudem den Kurs „Weinbau in Kreuzberg: Theorie und Praxis im Jahresverlauf“ an der VHS. Jedem der sich mit dem Weinanbau intensiver beschäftigen möchte, ist dieser Kurs zu empfehlen.

  • Volkshochschule Friedrichshain-Kreuzberg Kosten: 49,90€ (erm. 26,20€), mehr Infos hier

Wein aus Karlshorst

„Dreckssommer“: Weil das erste Jahr des Weinanbaus in Karlshorst so regnerisch war, trägt der Wein diesen Namen. Foto: Leonhard Stieber /tipBerlin

Dass der Weinanbau verbindet, zeigt auch das Hobby-Projekt von Robert Frischbier. Erst baute er bloß ein paar Reben an, um die Hausfassade zu verschönern. Gute Ernte, kiloweise Trauben und Ausrüstung zur Weinherstellung seines Vaters resultierten dann im ersten eigenen Wein . Ein Facebook-Post, ob denn jemand noch Trauben beisteuern möchte, bekam schnell mediale Aufmerksamkeit. Und so wurde Robert Frischbier regelrecht mir Trauben überschüttet. Weinreben, so erzählt er, haben nämlich ziemlich viele im Garten. Nur verarbeiten die wenigsten sie auch weiter. Frischbier kelterte dann einen Karlshorster Nachbarschaftswein, der aufgrund des wechselhaften Wetters im ersten Jahr den Namen „Dreckssommer“ trägt.


Berliner Sekt gibt es übrigens auch. Er wird aus den Trauben des seit 1987 bestehenden Weinberg im Humboldthain gewonnen.Dieser ist jedoch leider auch nicht verkäuflich, sondern lagert im Weinkeller des Bezirkes Mitte für besondere Anlässe.

Nicht zu vergessen: der Wein vom Kreuzberg. Eine Flasche „Weinungsfreiheit“ kann man für 10 Euro kaufen. Auch hier sollte zuvor telefonisch oder per Mail ein Termin vereinbart werden.

  • Hofgrün Methfesselstr. 10, Kreuzberg, Website

Noch mehr Berliner Weintrauben gedeihen beispielsweise am Stadion Wilmersdorf und im Garten der Max-Von-Laue-Oberschule.


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