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Wilmars Gaerten im Akazienkiez: Rebellischer Hofladen

Wie bringt man die kleinteilige bäuerliche Landwirtschaft in die Stadt? Mit einem Hofladen – dachte sich die foodaktivistische Gemüsegärtnerin Maria Giménez. Und so blühen Wilmars Gaerten nun auch im Akazienkiez.

Wilmars Hofladen im Akazienkiez: 40 Quadratmeter für die Ernährungswende. Foto: Marianne Rennella

Hofladen von Wilmars Gaerten „Schaukasten für die gute, lokale und saisonale Ernährung“

Wilmars Gaerten haben –endlich! – einen eigenen Hofladen.  Und das, noch besser, sogar mitten in Berlin. Im Juni hat Maria Giménez, Gründerin des regenerativen Agroforstsystems in Märkisch Wilmersdorf, rund 40 Kilometer südlich von Berlin, ihren „Schaukasten für die gute, lokale und saisonale Ernährung“ im Schöneberger Akazienkiez eröffnet. Ein kleiner Raum, voll mit gutem Gemüse. Holzstühle laden dazu ein, Platz zu nehmen und darüber zu reden, was denn aus der Zukunft unseres Essens wird.

Die konventionelle Landwirtschaft orientiert sich an den Regeln des Kapitalismus und nicht an denen der Natur. Wenn wir unsere Böden weiter so kaputt machen, haben wir in 20 Jahren gar keine Nährstoffe mehr in den Lebensmitteln.

Maria Giménez, Wilmars Gaerten

Bereits seit acht Jahren betreibt Giménez Wilmars Gaerten und baut auf einigen wenigen Hektar ihres rund 300 Hektar großes Betriebs Gemüse an. Gemüse, das in gesunden Böden gedeiht und somit nährstoffreicher, aromatischer und vor allem besser für Mensch und Umwelt ist. „Die konventionelle Landwirtschaft orientiert sich an den Regeln des Kapitalismus und nicht an denen der Natur“, sagt sie. „Wenn wir unsere Böden weiter so kaputt machen, haben wir in 20 Jahren gar keine Nährstoffe mehr in den Lebensmitteln.“ Die Zukunft der Menschheit liege in der kleinteiligen Landwirtschaft, in mehr Höfen im Umland, die die Stadt versorgen.

„Mit meiner Arbeit möchte ich zeigen, dass das funktioniert. All unsere regenerativen Systeme tragen sich wirtschaftlich. Durch die Direktvermarktung auf den Wochenmärkten und im Hofladen kann ich beweisen, wie vielfältig wir unsere Ernährung mit einem Hof abdecken können.“ Mit Salaten, Rüben, Tomaten, Gurken und Kräutern. „Ich möchte den Leuten den Kreislauf der Natur näherbringen,“ so Giménez, „wir haben zudem angefangen zu fermentieren und einzukochen.“ So können auch unansehnliche Kohlrabis oder allzu kleine Karotten verwendet werden. Aus den vielen reifen Tomaten – der Hof hat zwei neue Gewächshäuser – wird Sugo gekocht.

Mit Hund und Haltung: Gemüsebäuerin Maria Giménez. Foto: Jonathan Joosten

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So wie die Tomaten sei auch die Zeit für einen Hofladen reif gewesen. „Wir haben mittlerweile auch Obst, Eier, machen Säfte und Marmeladen und haben sogar unsere eigene Bäckerei,“ berichtet die studierte Künstlerin. Hofbäcker ist Luke Smetham, ehemals Gründer von der Albatross Bakery in Berlin. „In ihm habe ich die richtige Person gefunden, die Lust hatte, sich auf seltene Getreidesorten einzulassen und damit herumzuexperimentieren.“ Gebacken werden die Roggen- und Weizenbrote aus hofeigenem Getreide, angebaut per Direktsaat. Das Roggenbrot schmeckt beinahe so, als wären Gewürze dran. „Wir backen nur mit Sauerteig und die alten Sorten sind unglaublich kräftig im Geschmack.“ Auch das saftige Weizensauerteigbrot mit der zarten Krume und der dunklen Kruste legt das Können von Smetham offen.

Gelagert wird im Hofladen von Wilmars Gaerten nichts

Durch den Hofladen können nun auch Leute kommen, die es zu den Marktzeiten auf dem Karl-August-Platz in Charlottenburg nicht schaffen. Wie auf dem Markt gelte aber: „Früh kommen lohnt sich“, so Giménez. Denn das Gemüse wird morgens geerntet und kommt direkt nach Schöneberg – vom Hof in den Hofladen. Derart frische Tomaten, Salatgurken und manchmal auch Brötchen sind beliebt. Über Abo-Kisten kann bald auch vorbestellt werden. Gelagert wird nichts, denn es wird nur so viel geerntet und gebacken, wie an dem jeweiligen Tag voraussichtlich auch verkauft wird. Die Kundschaft weiß es zu schätzen: die Produkte, und vor allem Marià Giménez’ Wertschätzung den Böden gegenüber.

Und so sei diese 40 Quadratmeter kleine Ladenlokal in der Akazienstraße auch ein politischer Ort, wie Marià Giménez sagt: „Für mich ist das die schönste Form der Rebellion gegen die brennende Welt: Nahrungsmittel zu produzieren im Einklang mit der Natur, den Mikroorganismen und den Menschen – auch denen der Zukunft.“

  • Wilmars Garten Hofladen Akazienstr. 21, Schöneberg, Mi–Fr 12–18 Uhr
  • Markt am Karl-August-Platz Mi 8–13 Uhr, Sa 8–14 Uhr
  • Website

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