Xiaofen Fan hat kürzlich zwei neue Lokale eröffnet und jeweils nur drei Wochen dafür gebraucht. Und dabei gleich noch den coolsten japanischen Brunch der Stadt erfunden. Ein Treffen mit der vielleicht umtriebigsten Gastronomin Berlins.
Xiaofen Fan: „Ich mag Läden, die brummen“
Xiaofen Fan könnte jetzt erst mal beleidigt aus der Wäsche schauen. Und hadern, mit sich und dem Geschmack dieser Stadt. Dass sie ihr ambitioniertes Projekt Ryke, ein regional-saisonales Nachbarschaftsrestaurant, schon nach eineinhalb Jahren ad acta legen sollte, war so nämlich nicht geplant. Zuletzt hatte sogar der talentierte Tim Tanneberger an der Verfeinerung der vielen tollen kleinen Teller gearbeitet. Und die Distanz zwischen einer konzentrierten, oft geradezu andächtigen Produktküche und der vollmundigen Gastronomie der 44-jährigen Chinesin, die 1999 als Informatikstudentin nach Berlin gekommen war, nur noch einmal vergrößert.
„Am Ende blieb das Ryke ein Restaurant, in dem die Leute reserviert haben“, sagt Xiaofen Fan, „das ist aber nicht meine Idee von Gastronomie. Ich mag Läden, die brummen. Läden, in die man nach Lust und Laune kommt.“
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Ob es dem Ryke am Ende auch zum Verhängnis geworden war, dass sich eine gebürtige Chinesin hier an einer regional-saisonalen Produktküche versuchen wollte? Schließlich wird selbst der große The Duc Ngo noch gerne gefragt, warum denn ausgerechnet er jetzt auch Fine Dining macht? Xiaofen Fan winkt ab. Sie wisse um diese Vorbehalte: Sie, die Chinesin, solle doch ein chinesisches Restaurant führen – was sie mit dem Made in China in der Schönhauser Allee von 2018 bis 2022 ja auch ziemlich hervorragend gemacht hatte.
Am Ende gehöre das gute Essen aber allen. Was dennoch heißt, dass Xiaofen Fan für ihre so expliziten wie exzellenten Länderküchenprojekte ausschließlich Mitarbeiter:innen aus den jeweiligen Ländern beschäftigt. Neben ihrem thailändischen Shared-Plates Restaurant Bangkok Bites am Wasserturmplatz im Prenzlauer Berg recherchierte sich die Gastronomin zuletzt vor allem durch die japanische Küche.
Yume: Das Milchbrot-Universum
Dass es binnen eines Monats gleich zu zwei Neueröffnungen kommen sollte, war so zwar nicht geplant. Aber Xiaofen Fan ist, wie gesagt, keine, die sich lange mit dem Scheitern aufhält –und so ist auch das Ryke bereits nach knapp vier Wochen wieder geöffnet.
Das charmante, helle Restaurant Ryke, Ecke Sredzkistraße heißt jetzt Yume Deli. Und ist so etwas wie die erwachsene, verfeinerte Variante des Yume Café and Diner, das sie Ende Mai in Friedrichshain eröffnet hatte. Beiden Läden geht es um eine japanische Frühstücks- und Alltagsküche. Und um Gerichte, die sich schnell erfassen lassen. Sei es auf dem Gaumen oder in den Sozialen Medien.
Sandos zum Beispiel, japanische Sandwichs, für die nun jeden Vormittag die fluffigen Milchbrotlaibe hausgebacken werden. Es ist ein besonderes Brot, nicht zu süß und herrlich wolkig, das Mehl wird direkt aus Japan importiert. Gefüllt werden die Sandos mit Kimchi-Kohl und frittiertem Hähnchen. Oder, und das ist wirklich eine Verheißung, mit frischen Erdbeeren und einer Art Mascarpone. Ein cremiges Spektakel, dass sich, für acht Euro, fast jede:r leisten kann.
„Die Idee hinter dem Yume war ein Laden, in den die ganze Stadt mit gutem Gewissen kommen und man auch für 20 Euro Spaß haben kann“, sagt Xiaofen Fan. Auch das Donburi, ein Reisgericht, wahlweise mit Schwein, Hähnchen oder Garnelen, oder die Currys bleiben mit 15 Euro erschwinglich. Das Konzept geht auf, spätestens gegen Abend und sowieso an den Wochenenden ist das Yume bereits proppenvoll.
Sind die Erdbeer-Sandos das auch visuelle Signatur-Gericht des Friedrichshainer Yume, so hat sich Xiaofen Fan für die Rykestraße eine ähnlich spektakuläre Mehlspeise einfallen lassen: ein japanisches Pfannkuchen-Soufflé, das, unter Metallglocke, direkt auf dem Herd gebacken und mehr oder weniger üppig garniert wird. Meistens eher üppig.
Schicker und weniger trubelig wird es im Prenzlauer Berg werden. Ausgesuchte Weine, ein Erbe des Ryke, laden zum Daydrinking. Genauso ist der Kaffee sehr gut und sind die Tees exzellent. Überhaupt gelingt es Xiaofen Fan, die ewige Sehnsucht Berlins des Prenzlauer Bergs nach einem vertrödelten Brunch-Vormittag mit einer geschmacksintensiven Zeitgenössigkeit zu verbinden. Ein Laden für das Hier und Heute. Aber keiner, dem es einzig um die Coolness geht, um Exklusivität oder Distinktion. Auch deshalb gönnt man ihr den kleinen Hype, den ihre Milchbrot-Sandwiches gerade ausgelöst haben. Dazu passen die Läden, in denen die Gastronomin selbst gerne essen geht. Wobei: „Zum Essen gehen habe ich eigentlich keine Zeit.“ Oft sieht man sie dennoch in der Sauerteigbäckerei Albatross im Graefekiez oder im Adana Grillhaus in der Manteuffelstraße. Zwei Läden, die eigentlich ganz ähnlich funktionieren wie das kulinarische Universum der Xiaofen Fan: ein klares Konzept und ein Angebot und eine Atmosphäre, die im besten Sinne alltäglich sind.
- Yume Deli Rykestraße 39, Prenzlauer Berg, tgl. 10–20 Uhr, bei Instagram
- Yume – Japanese Café and Diner Gabriel-Max-Straße 2, Friedrichshain, Mo–Fr 12-22 Uhr, Sa&So 10–22 Uhr, bei Instagram
- Bangkok Bites Knaackstr. 22, Prenzlauer Berg, So–Fr 12–23 Uhr, Sa 11–23 Uhr, bei Instagram
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