Berlinale 2018 - Wettbewerb

Extrem nah

Dreh am Limit: Multitalent Julia Zange spielt die Schwester in Philip Grönings Mein Bruder heißt Robert und ist ein IdiotFrau Zange, Philip Gröning gilt als sehr eigenwilliger Autorenfilmer. Wie war es für Sie, Ihr Filmdebüt gleich bei einem derart obsessiven Cineasten zu erleben?
Julia zange Ich glaube, es ist sogar besser, ohne Erfahrungen mit so jemandem wie ihm seinen ersten Film zu drehen. Dann muss man sie nicht wieder loswerden. Ich kam als unbeschriebenes Blatt und hatte vielleicht einen Vorteil gegenüber den erfahreneren Schauspielern. Ich habe mich Philip einfach erst mal zur Verfügung gestellt, sozusagen.

Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot
Fotos 2017 Philip Gröning

Im Mittelpunkt steht ein junges Zwillingspaar, gespielt von Josef Mattes und Ihnen.
Robert und Elena haben eine sehr intensive Beziehung. Sie sind fast wie eine Person, in enger Symbiose verbunden. Dann kommt die Zeit des Abiturs. Elena macht Abitur, Robert nicht. Es beginnt eine Phase, wo eine Trennung notwendig wird. Wie kann man aus so einer Symbiose aussteigen? Wie kann man sich ­lösen? Was passiert dann? Geht das gut?

Das klingt nach intensiven Dreharbeiten.
Ich dachte, ich halte das körperlich nicht durch. Es war extrem anstrengend. Wir hatten fast 70 oder 80 Drehtage von August bis November.

Der Perfektonist Gröning hat in den Bergen eine Tankstellen-Attrappe hinbauen lassen, weil er keine passende echte fand.
Ab und zu hielten sogar Autos, die bei uns tanken wollten. Sein Perfektionismus ging bis zu den Feldern. Der Film spielt innerhalb von 48 Stunden. Über die Monate veränderten sich natürlich die Felder. Die mussten dann mit Farbe angesprüht werden. Und er dreht Szenen so lange, bis er genau das hat, was er will.

Dann gibt’s schon mal 20 Wiederholungen?
Eher 80. Gefühlt zumindest.

Was war für Sie die härteste Erfahrung?
Die letzten Tage, wo alle schon jenseits von Gut und Böse waren. Es gab einen Dreh in ­einem ehemaligen Vulkankratersee. Dieser See hat ein ganz besonderes Blau. Der war aber eiskalt, hatte vielleicht 13 Grad. Darin drehten wir Tauchszenen. Da habe ich irgendwann Schnee fallen sehen, obwohl keiner da war. Ich hatte weiße Punkte vor den Augen.

Die Dreharbeiten fanden bereits 2013 und 2014 statt. Haben Sie sich mal gefragt, was der Gröning danach die ganze Zeit tat?
Ich hatte zwischenzeitig die Befürchtung, dass der Film nie rauskommt. Aber für Philip ist jeder Film ein Kunstwerk. Ich glaube, er hat mal den Vergleich mit einem Bildhauer gezogen.

Haben Sie den Film schon gesehen?
Nein, nichts. Keine Szene. Entweder werde ich ihn tatsächlich erst zur Premiere sehen. Was ganz aufregend wäre, weil der Adrenalinspiegel dann sowieso hoch ist. In Ohnmacht fallen werde ich nicht, falle ich nie. Aber es wird sehr intensiv sein. Eine Art Schock.

Tip Berlin - Support your local Stadtmagazin