In Berlin startet die Schule wieder. Am kommenden Montag, 10. August, ist es endlich soweit, rund 365.000 Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern freuen sich sicher schon darauf. Die ganz großen Ferien 2020 sind vorbei – Corona-Ferien plus Sommerferien mit einem kurzen Intermezzo in den Klassenräumen.
Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) schrieb in einem Brief an Eltern und Schüler*innen von einer Rückkehr „in vielen Bereichen zu einer vorsichtigen Normalität“. Wir beantworten die 12 wichtigsten Fragen zum Schulstart in Berlin: Was Schüler*innen und Eltern jetzt wissen müssen über Masken, Abstand, Atteste und Aersole.
Schulstart in Berlin: Gibt es eine Masken-Pflicht in den Berliner Schulen?
Teils, teils. Im Schulgebäude muss ein Mund-Nase-Schutz getragen werden. In den Gängen, im Treppenhaus. Nur nicht im Unterrichtsraum selbst. Auf dem Schulhof wird diese Maskenpflicht dagegen für Schüler*innen aufgehoben. Wenn die Eltern zum Abholen der kleinen Racker kommen, dann strikt mit Mund-Nasen-Schutz. Gilt übrigens auch für Corona-Skeptiker*innen. Zwinkersmiley.
Was passiert, wenn Schüler*innen ihre Maske zu Hause vergessen – aus Versehen natürlich?
Sandra Scheeres betont, es werde kein Kind nach Hause geschickt, wenn es mal seine Maske nicht dabeihat: „Wir stellen uns das so vor, dass man im Sekretariat einen Vorrat von 50 Einwegmasken hat.“ Könnte also sein, dass im Umkreis von Schulen in den Supermärkten und Drogerien das Mund-Nasen-Schutz-Angebot gerade ein bisschen lichter ausfällt, weil Lehrer*innen sich gerade hektisch mit Ersatzmasken bevorraten. Wie die Schusselschüler*innen allerdings ohne die nun mal vorgeschriebene Maske bis zum Sekretariat in der ersten Etage gelangen sollen? Äh, nächste Frage bitte.
Und wenn sich Schüler*innen partout weigern, eine Maske zu tragen?
Zuerst soll das pädagogische Gespräch mit der Schülerin oder dem Schüler gesucht werden. Gegebenenfalls auch mit den Eltern. Im Zweifel mehrmals. Nur weiß jeder, der in den letzten Wochen einige Zeit in der Tram, im Bus, in der U-Bahn, in der Hasenheide oder gar auf Freiluftveranstaltungen mit Atilla Hildmann zugebracht hat, dass bei manchen Leuten die Einsicht nicht weiter reicht als ein Selfiestick. Geradezu heiter ist der Hinweis der Schulsenatorin, der Verstoß gegen die Maskenpflicht sei ja auch „bußgeldbehaftet“. Wer immer das in der Schule durchsetzen soll. Schulen dürfen jedenfalls keine Bußgelder kassieren. Und dann? Vielleicht die Polizei rufen? Die hat vermutlich Besseres zu tun.
Was ist mit dem 1,5-Meter-Mindestabstand, wie ihn auch das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt?
Der wird an den Schulen, außer in den Lehrerzimmern, aufgehoben. RKI hin oder her. Begründung der Schulsenatorin: „Weil Schule sonst nicht möglich ist.“ Aber der direkte Körperkontakt sei zu vermeiden. Also kein Ringelpietz mit Anfassen in der Pause, kein Rangeln, kein Best-friends-Hug. Und natürlich: regelmäßig Hände waschen. Soweit die Theorie. Hoffentlich reicht die Seife.
Und die Aerosole machen dann während des Unterrichts in den Klassenräumen mal eben Corona-Ansteckungspause?
Sicher nicht. Mittlerweile weiß man, dass Aerosole in geschlossenen Räumen ein Hauptansteckungsrisiko darstellen. Deswegen gilt auch: Lüften, lüften, lüften. Wie Lüften? Da ist noch Luft nach oben. Alle 45 Minuten sollen Fenster und die Klassenraumtür geöffnet werden. Alles auf Durchzug also. Ob sich auch alle Fenster auch in den sanierungsbedürfigen Schulgebäuden überhaupt öffnen lassen? Kommt darauf an, wie viele bauliche Mängel nach sechs Wochen Ferien noch übrig sind. Und pädagogische Kräfte müssen dann obendrein sicherstellen, dass keines der üblichen Tobekinder dabei dem offenen Fenster zu nahekommt. Entspannung in der Pause sieht vermutlich anders aus.
Und wenn Berliner Eltern ihre Kinder aus Angst vor einer Ansteckung dennoch nicht in die Schule schicken?
Müssen sie aber, basta. In Berlin gilt die Schulpflicht, der Unterricht soll ja regulär anlaufen. Ausnahme: Gehören Schüler*innen selbst oder andere Personen im gemeinsamen Haushalt wegen einer Grunderkrankung zur Risikogruppe, brauchen sie eine ärztliche Bescheinigung. Dann erfolgt der Unterricht unter Anleitung zu Hause.
Zählen nicht viele Lehrer*innen allein wegen ihres Alters oder wegen Vorerkrankungen schon zur Risikogruppe?
Das ist richtig. Die Schulverwaltung schätzt ihren Anteil unter allen Berliner Lehrer*innen auf sieben Prozent, das wären rund 2.100 Lehrkräfte. Im Präsenzunterricht sind diese dann nicht einsetzbar. Aber es gibt ja noch andere qualifitionsgemäße Aufgaben. Lehrpläne erstellen, E-Learning vorbereiten…
Und wie werden die nicht dienstfähigen Lehrer*innen in den Klassenräumen ersetzt?
Mal gucken. Scheeres will einen zentralen Verstärkungspool installieren, die Abstimmung mit dem Finanzsenator laufe noch. Eine Art Lehrer-Feuerwehr sozusagen. Wie viele Lehrkräfte der Pool umfassen soll? Noch unklar. Scheeres: „Ich kann mir vorstellen, dass wir mit 100 anfangen.“ 100 versus 2.100. Klingt nach einer Milchmädchenrechnung. Und da sind wir noch nicht einmal beim Problem, wenn nach dem Schulstart weitere Berliner Lehrer*innen wegen einer Corona-Infektion ausfallen.
Was passiert denn, wenn jemand an der Schule positiv auf das Corona-Virus getestet wird?
Dann muss der oder die Betreffende sofort in häusliche Quarantäne, dafür sorgt das zuständige Gesundheitsamt. Und dann wird entschieden, ob die einzelne Klasse beziehungsweise der Kurs zeitweilig geschlossen wird. Oder gar die ganze Schule.
Aber die Berliner Schulen sind zum Schulstart doch jetzt besser vorbereitet als zu Beginn der Pandemie, oder? Oder???
Wenn man der Schulsenatorin glaubt, ja. Dann würden Klassen halbiert, in Grundschulen drei Stunden täglich vor Ort unterrichtet, ansonsten zu Hause. Für Grundschulen seien Formblätter mit den Wochenplänen erarbeitet worden, die den Schüler*innen zugemailt werden. Auch Links zu Lernmaterialien und zur Lernplattform. Auch gäbe es dann eine „Feedback-Kultur“: Die Lehrkraft müsse sich mindestens zweimal pro Woche bei den Schüler*innen melden. Weniger optimistisch ist der Elternverband: „Es fehlen Verpflichtungen und Rahmenbedingungen in allen Bereichen“, teilte er am 5. Aust mit. „Es ist äußerst bedauerlich, dass die Ferien nicht intensiver zur Vorbereitung genutzt wurden und Eltern ihre Kinder mit einem mehr als unbehaglichen Gefühl zur Schule schicken müssen.“
Wie gehen die Schulen eigentlich mit Schüler*innen um, die ihren Urlaub in vom RKI veröffentlichten Risikogebieten verbracht haben?
Dazu hatte die Schulverwaltung kurz vor Ferienbeginn ein Schreiben herumgeschickt. Wer in ein Risikogebiet gereist ist, muss sich danach 14 Tage freiwillig isolieren. Die Empfehlung: 14 Tage vor Schulbeginn aus dem Urlaub zurückzukehren. Wie viele sich daran halten? Schwer zu sagen. Wer einen negativen Sars‐Cov‐2‐Virus-Test vorweisen kann, der nicht älter als zwei Tage ist, ist von der 14-Tage-Quarantäne befreit. Diese gilt übrigens als unentschuldigtes Fehlen.
Bekommt dann also die beliebte Lehrerfrage nach den Ferien, „Wie war euer Urlaub?“, zum Schulstart in Berlin eine ganz neue Bedeutung?
Ja, das wird interessant. Die Corona-Testpflicht für Einreisende aus Risikogebieten, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ab Samstag einführt, dürfte für die meisten Schüler*innen ohnehin zu spät kommen. Wie sollen Lehrer*innen überprüfen, ob die Schüler*innen ohne einen negativen Test binnen 48 Stunden die Quarantänezeit tatsächlich eingehalten haben?
In der Werbellinsee-Grundschule in Schöneberg hat das Kollegium deshalb beschlossen, sich entgegen der Vorgabe der Senatsbildungsverwaltung weiter an die 1,5-Meter-Abstandsregel zu halten – und die Klassen in den ersten zwei Wochen nach dem Schulstart in Berlin zu halbieren, wie der „Tagesspiegel“ berichtet.
Beim Philologenverband Berlin-Brandenburg blickt man noch düsterer in die Zukunft – und glaubt, dass der Regelbetrieb nach dem Schulstart in Berlin nur wenige Wochen halten werde. „Weil mit Sicherheit Corona-Fälle in den Schulen auftreten werden“, sagte Sprecher Frank Rudolph der dpa zufolge. „Ich glaube, dass so viele Schulen betroffen sein werden, dass es am Ende auf eine fast komplette Schließung wieder hinauslaufen wird.“
Und Schulsenatorin Sandra Scheeres sagte auf ihre Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn in Berlin: „Ich glaube, dass es wichtig ist, in den nächsten Monaten achtsam miteinander umzugehen.“
Tipps für das letzte Ferienwochenende:
Ihr wollt raus an einen See in Brandenburg. Dann bitte hier entlang. Unsere erfrischendsten Tipps für Berlin am, im und auf dem Wasser lest ihr hier. Wenn euch der Sinn gerade mehr nach Eis steht, hätten wir natürlich auch die passende Liste mit Berliner Empfehlungen parat. Und auch bei den Clubs tut sich wieder was: zum Beispiel im Haubentaucher und im Berghain.