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Kommentar

„Glasklar“ von Eva Apraku

Überall an Berlins Straßen liegen derzeit leere Sektflaschen herum. Ihr einstiger Inhalt löste zum Jahreswechsel die Stimmung, ihre gläsernen Körper dienten als Startrampen für Silvesterraketen. Nun sind sie nur noch: Müll, den irgendwer beseitigen soll

Eva Apraku

Obwohl Glas ein hochwertiger und lebensmittelneutraler Stoff ist, betrachten wir das Material – kommt es als Einwegverpackung in Form von Flaschen oder Schraubgläsern daher – so, wie wir gelernt haben, alle Verpackungen zu betrachten: zum schnellen Verbrauch bestimmt. Und leer als wertlos bis extrem störend.

Der kürzlich bekannt gegebene Plan von Senat und BSR, die Anzahl der Glastonnen an den Müllanlagen der Mietkomplexe außerhalb des S-Bahn-Rings zugunsten von weiter entfernten Glas-Iglus zu verringern, wird nach hinten losgehen.

Statt in Recyclingbehältern, landet Einwegglas dann dort, wo es jetzt schon oft landet: im Hausmüll, in der Verbrennung. Der Fehler ist grundlegend: Einwegverpackungen mit ihrem enormen Rohstoff- und Energieverbrauch – Glas etwa schmilzt erst bei 1.000 bis 1.600 Grad – sind zerstörerisch.

Statt auf immer mehr Müllcontainer – und den Good Will der Konsumenten – zu setzen, braucht es den gesetzlichen Zwang zu Mehrweg mit angemessenem Pfand. Wer Verpackungen vertreibt, muss auch für deren Reinigung, Wiederbefüllung und, irgendwann, Recycling Sorge tragen. Die materiellen und logistisch-digitalen Voraussetzungen dazu sind längst erfunden. Es liegt an der Politik, endlich glasklare Entscheidungen zu treffen.

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