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Malerei

„Zu wenig Parfüm, zu viel Pfütze“: Bröhan-Museum feiert Hans Baluschek mit neuen Thesen

Das Bröhan-Museum widmet Hans Baluschek zum 150. Geburtstag die Ausstellung „Zu wenig Parfüm, zu viel Pfütze.“ Sie bietet spannende neue Thesen zu dem Berliner Maler

Hans Baluschek im Bröhan-Museum: Hier können Familien Kaffee kochen, Öl auf Leinwand, 1895.
Hier können Familien Kaffee kochen, Öl auf Leinwand, 1895. Foto: Bröhan-Museum/Martin Adam, Berlin

Hans Baluschek (1870–1935) musste zeitlebens harsche Kritik von allen Seiten einstecken. „Es ist zu dumm, dass er gar keinen Stil hat. Er arbeitet wie ein farbiger Fotograf,“ sagte Max Beckmann. Auch der Ausstellungstitel „Zu wenig Parfüm, zu viel Pfütze.“ ist ein zeitgenössisches Zitat. Den Bürgerlichen war das SPD-Mitglied zu links.  Den Linken im Vergleich zu Zille und Käthe Kollwitz zu konservativ. Den Symbolisten, Dadaisten und Expressionisten zu naturalistisch. 

Und so hatte Fabian Reifferscheidt, den Kurator der Ausstellung, am Anfang seiner Arbeit auch vor allem eine Frage beschäftigt: Wie kann man nach all diesen harten Urteilen einen neuen Zugang zu Hans Baluschek finden? Reifferscheidt hat ihn gefunden – und auch gleich noch einen neuen Begriff dazu: den „synthetischen Realismus“.

Baluschek malt keine Porträts, sondern Typen

Denn auch wenn Baluscheks Arbeiten auf den ersten Blick realistisch wirken, sind sie doch alle im Atelier entstanden. Keine zeigt eine Berliner Großstadtszene 1:1. Hier wirkt kein Zufall, und auch die gemalten Gesichter sind keine Porträts, sondern Typen. Diese Menschen und Großstadtszenen könnten genau so vorgekommen sein, sie sind es aber nicht. Baluscheks Bilder sind aus Realitätsversatzstücken gebaut. Ihre Kulissenhaftigkeit ist eine akademische Überhöhung. Beispielsweise das großformatige Gemälde „Großstadtlichter“: Lange habe er gerätselt, warum die darauf abgebildeten Leute so strikt nach rechts und links laufen, erzählt Fabian Reifferscheidt. Auf einmal die Erkenntnis: Das Bild ist 1931 entstanden, die stärker werdende NSDAP trennt die Gesellschaft immer mehr in Rechte und Linke.  Auch Baluscheks Typisierung der Menschen erscheint so in einem neuen Licht. In diesen blassen, ausdrucksgleichen Gesichtern bildet sich die Mechanisierung der Arbeit ab.

Baluschek war ein genauer Beobachter des Industriezeitalters, das er zugleich liebte und hasste. Als Sohn eines Eisenbahningenieurs war er vom technischen Fortschritt fasziniert, bei ihm sind Eisenbahnen und rauchende Schlote allgegenwärtige Motive. Doch er sah auch, wie Fabrikarbeit und Armut die Menschen zurichtete. Davon spricht u.a. der großartige  Zyklus „Opfer“, gemalt mit schwarzer Kreide und Kohle, dem Treibstoff der Industrialisierung.

Bröhan-Museum Schloßstr. 1a, Charlottenburg, Di–So 10–18 Uhr, 8/ 5 €, 12.5.–27.9., max. 30 Personen, Karten an der Kasse sowie Zeitfenstertickets über www.broehan-museum.de


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