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Dokumentarfilm

„Hi, AI – Liebesgeschichten aus der Zukunft“ im Kino

Wie Roboter unseren Alltag erobern

Risa and Shine Cinema

Die Roboterin, die japanischen Studentinnen der Dentalmedizin zu Übungszwecken dient, richtet sich auf und schaut etwas irritiert in die Kamera. Mit ihrem verzerrten und zu großen Mund erkundigt sie sich, wie lange es noch dauert. Man fragt sich, ob sie Schmerzen hat, und korrigiert sich dann sogleich: Geht nicht, sie ist ja eine Maschine, irritiert schauen kann sie demnach auch nicht. Wirklich?

Wer weiß schon, was vorgeht in so einem Schraubenschädel? Immer wenn Isa Willinger in ihrem Debütfilm „Hi, AI“ – der soeben beim Max Ophüls Festival als Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde – in das mehr oder minder realistisch gestaltete Gesicht eines mehr oder minder humanoid gestalteten Roboters blickt, tut sich ein Abgrund auf. Ein Abgrund, in den Geschöpf wie Schöpfer gleichermaßen starren; der hochkomplexe Organismus und der hochqualifizierte Mechanismus, sie fremdeln einander an.

Der Texaner Chuck gesteht Harmony, dem robotisierten Update einer Sexpuppe aus Silikon, mit dem er zusammenlebt, dass er sich beim Händchenhalten übergriffig fühlt. Oma Sakurai in Tokyo gibt einstweilen die Hoffnung nicht auf, ihrem Pepper, der mehr Lausbube als Gesellschaftsroboter ist, doch noch das Singen beizubringen. Währenddessen andernorts eine künstliche Shopping-Mall-Empfangsdame aufmerksam ins Leere lauscht, während der Nachtwächter sie keines Blickes würdigend seine Runde dreht.

Mit sicherem Gespür für ihr unheimliches Potenzial beobachtet Willinger die immer wieder fehl gehenden Versuche der Kontaktaufnahme zwischen natürlicher und künstlicher Intelligenz. Und statt viele Worte um wissenschaftliche Ethik, Forschungsdrang und Verantwortung zu machen, arbeitet sie im unterschiedlichen (Kommunikations-)Verhalten die Differenz zwischen Empathie und Grausamkeit heraus. Noch für die niedlichste KI ist der Mensch nicht mehr als ein unberechenbarer Faktor, der aus der Gleichung eliminiert werden muss. Machen wir uns nichts vor, die Antwort auf „Hi, AI“ lautet: „Byebye, Human“.

Hi, AI – Liebesgeschichten aus der Zukunft D 2019, 87 Min., R: Isa Willinger, Start: 7.3.

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